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Mission: Innert 25 Jahren Leben ausserhalb des Sonnensystems finden

Roland Riek, Didier Queloz, Cara Magnabosco und Sascha Quanz
Das erste Leitungsteam des neuen Zentrums (von links nach rechts): Roland Riek, Didier Queloz, Cara Magnabosco und Sascha Quanz. ETH Zurich

Die Frage nach dem Ursprung des Lebens ist nicht mehr die exklusive Domäne der Biologie. Auch Astrophysik, Chemie, Geologie und andere Disziplinen haben sich auf die Reise begeben. Sie beginnt in der Schweiz mit dem neuen Zentrum für den Ursprung und die Verbreitung des Lebens, das Anfang September an der ETH Zürich eingeweiht wurde.

“Grosse Fortschritte in der Wissenschaft werden oft an der Schnittstelle mehrerer Disziplinen gemacht”, sagte Joël Mesot, Präsident der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ), am Freitag, 2. September anlässlich der Eröffnung in Zürich.

Er nannte als Beispiel die Kernspinresonanz, die von einem Physiker entdeckt wurde und 80 Jahre und vier Nobelpreise (zwei davon aus der Schweiz) später zu einem bildgebenden Verfahren wurde, das aus der Medizin nicht mehr wegzudenken ist.

Die 41 Professorinnen, Professoren und Forschungsgruppen des neuen ZentrumsExterner Link kommen also aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Im Wesentlichen charakterisieren die Chemikerinnen und Chemiker jene Gase, die Astrophysikerinnen und Astrophysiker in der Atmosphäre eines fernen Planeten entdeckt haben.

Darauf bestimmen die Bereiche Biologie und Geologie, woher sie kommen und ob es sich dabei möglicherweise um eine Lebensform handelt. Denn das Vorhandensein des Lebens verändert die Umwelt eines Planeten, wie man das auch auf der Erde beobachten kann.

>> Wir sprachen letzten Herbst mit zwei der leitenden Persönlichkeiten des neuen Forschungszentrums, Didier Queloz und Sascha Quanz:

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“Es gibt Leben anderswo im Universum”

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Nobelpreisträger Didier Queloz und Astrophysiker Sascha Quanz wollen an einem neuen Zentrum in Zürich die Ursprünge des Lebens erforschen.

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Auf Tuchfühlung

Schon lange bevor er für die Entdeckung des ersten Exoplaneten mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurde (zusammen mit seinem Doktorvater Michel Mayor), machte Didier Queloz, der das Zentrum leiten wird, kein Hehl aus seinem Glauben an die Existenz ausserirdischen Lebens.

Seiner Meinung nach gibt es so viele Planeten im Universum, dass es einfach unmöglich ist, dass die Entstehung von Leben ein einmaliges Phänomen sein könnte, das nur auf der Erde passierte.

Sein Kollege, der Astrophysiker Sascha Quanz, spricht es sogar noch direkter aus: “Wir werden in weniger als 25 Jahren Leben ausserhalb des Sonnensystems finden”, sagte er anlässlich der Eröffnung des Forschungszentrums.

Dieser Optimismus wird durch die rasanten Fortschritte genährt, die in den letzten Jahrzehnten in den am Zentrum vertretenen Disziplinen erzielt wurden: Heute sind fast 5000 Exoplaneten katalogisiert, man kann Leben zurückentwickeln (wie ein Auto auseinanderzunehmen und dabei zu lernen, es wieder zusammenzusetzen). Und die Raumfahrtbehörden werden bald Bodenproben vom Mars zur Erde bringen, um sie zu analysieren. Noch vor 30 Jahren existierte nichts davon.

“Wir müssen ehrlich sein: Die Agenda ist umfangreich und sehr ehrgeizig”, dämpfte Queloz die Erwartungen etwas. Er selbst ist jedoch seit seiner Zeit in Cambridge in einer guten Position, um die enorme Dynamik der Suche nach Leben zu beobachten.

So konnte das James-Webb-Weltraumteleskop, ursprünglich nicht für diese Aufgabe konzipiert, bereits bedeutende Beiträge zu diesem Gebiet leisten: Vor einigen Tagen identifizierte es zum ersten Mal die chemische Signatur von CO2 in der Atmosphäre eines 700 Lichtjahre von der Erde entfernten Planeten.

Auch wenn es sich bei diesem Planeten um einen Gasriesen handelt, der viel zu heiss ist, um Leben zu beherbergen, ist die Entdeckung dennoch historisch. Und ihr werden noch weitere folgen.

>> Die Co-Leiterin des Zentrums, Cara Magnabosco, geht den Ursprüngen des Lebens auf – oder besser gesagt unter – der Erde nach. Wir haben sie dabei begleitet:

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Schweizer Spitzenklasse

Ohne falsche Bescheidenheit erinnerten die Rednerinnen und Redner an die herausragende Stellung der Schweiz auf dem Gebiet der Exoplaneten im Allgemeinen und der Suche nach den Ursprüngen des Lebens im Besonderen.

Und natürlich wird die Interdisziplinarität des Zentrums nicht an den Landesgrenzen Halt machen. Wie jede bedeutende wissenschaftliche Institution wird mit Kolleginnen und Kollegen auf internationaler Ebene zusammengearbeitet – auch wenn die Schweiz wegen des Abbruchs der Verhandlungen um ein Rahmenabkommen mit der EU den Anschluss an den europäischen Forschungsraum vorübergehend verloren hat.

Die Idee ist, nicht nur die besten Professorinnen und Professoren, sondern auch die besten Studierenden anzuziehen. Ab Oktober können sich junge Talente aus der ganzen Welt für ein Forschungsstipendium in der neuen Einrichtung bewerben.

Zurzeit wird das “Centre for Origin and Prevalence of Life” mit neun Millionen Franken finanziert, die von den Technischen Hochschulen und verschiedenen Instituten und Stiftungen bereitgestellt werden. Damit ist der Betrieb des Zentrums für sechs Jahre gesichert.

Und auch für die Zeit danach hat ETH-Präsident Mesot keine Zweifel an dessen Fortbestand und der Integration in die ETH Zürich. Die Methoden, die hier entwickelt würden, könnten auch anderen Bereichen zugutekommen sowie unerwartete Innovationen und Startups hervorbringen, sagte er.

Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

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