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Amazon verkauft Lesegerät “Kindle” auch in Deutschland

SEATTLE/MÜNCHEN (awp international) – Der Online-Einzelhändler Amazon.com wird sein “Kindle”-Lesegerät für elektronische Bücher künftig auch ausserhalb der USA anbieten. “Kindle kann nun auch in Deutschland und in über 100 Ländern in aller Welt gekauft werden”, sagte Amazon-Chef Jeff Bezos am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das digitale E-Book-Angebot von Amazon.com umfasst derzeit jedoch nur englischsprachige Titel. “Unsere Vision ist es aber, irgendwann jedes Buch in jeder Sprache liefern zu können”, betonte Bezos.
Der Kindle kann von sofort an online für 279 Dollar im US-Portal von Amazon.com vorbestellt werden. Beim Import aus den USA fallen weitere Kosten für den Versand und eventuell beim Zoll an. Das Gerät soll direkt nach der Frankfurter Buchmesse am 19. Oktober ausgeliefert werden. Zu den deutschsprachigen Inhalten, die man bei Amazon.com für den Kindle kaufen kann, gehören die elektronischen Ausgaben der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (FAZ), der Wirtschaftszeitung “Handelsblatt” und der “Wirtschaftswoche”.
BUCH IN WENIGER ALS EINER MINUTE ÜBER UMTS HERUNTERLADBAR
“Wir haben Millionen von Kunden in aller Welt, die englischsprachige Bücher lesen”, sagte Bezos. Mit dem Kindle könne man ein Buch in weniger als einer Minute über ein 3G-Mobilfunknetz (UMTS) herunterladen. Amazon.com kooperiert bei der Anbindung des “Kindle” an das Internet mit dem US-Telefonkonzern AT&T . Die Mobilfunkgebühren sind dabei im Preis für den E-Book-Reader enthalten.
Die digitalen Bücher kosten bei Amazon.com zum Teil deutlich weniger als die gedruckten Hardcover-Ausgaben. So sind die Titel auf der Bestseller-Liste der New York Times für 9,99 Dollar zu haben, während das Hardcover in der Regel 20 Dollar oder mehr kostet. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sieht in der Frage der in Deutschland geltenden Buchpreisbindung keine Probleme, da Amazon derzeit nur elektronische Bücher auf Englisch anbiete.
WICHTIGES THEMA AUF FRANKFURTER BUCHMESSE
Auf der Buchmesse in Frankfurt dürften der Einstieg von Amazon in den internationalen E-Book-Markt und die Lizenzierung von Titeln in deutscher Sprache ein wichtiges Thema werden. Amazon erzielt bereits signifikante Umsätze mit digitalen Büchern: “Für Bücher, die wir auf Papier und digital vertreiben, kommt durchschnittlich auf zwei gedruckte Bücher ein E-Book”, sagte Bezos.
In Deutschland sind der Kindle und ähnliche Geräte der Konkurrenz jedoch noch weitgehend unbekannt. Nur jeder vierte Deutsche (23 Prozent) habe schon einmal von E-Books und Geräten wie dem Kindle und dem Sony Reader gehört, berichtete die Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers (PWC) in Frankfurt. Was sich hinter dem Begriff verbirgt, weiss sogar nur jeder zwölfte (acht Prozent). PWC liess für die repräsentative Umfrage rund 1.000 Deutsche befragen.
sÜDDEUTSCHE: ÜBERLEGUNGEN ZU PRÄSENZ AUF KINDLE
Der Spitzenverband der deutschen Buchbranche forderte zum Start des Kindle bessere Rahmenbedingungen für die Käufer von digitalen Büchern. Prinzipiell sei man über jeden Anbieter froh, der das E-Book populärer mache. “Wir legen aber auch sehr grossen Wert auf Verbraucher- und Datenschutz”, betonte Ronald Schild vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Mittwoch in Frankfurt. Einmal erworbene E-Book-Titel müssten dem Leser – unabhängig vom Endgerät – dauerhaft zur Verfügung gestellt werden.
Bei “sueddeutsche.de”, der Online-Ausgabe der “Süddeutschen Zeitung”, hiess es auf dpa-Anfrage, Amazon sollte den Medien bei der Aufteilung der Umsätze noch entgegenkommen. Die Technologie sei aber interessant. “Natürlich gibt es Überlegungen von “süddeutsche.de”, auf dem Kindle präsent zu sein. Amazon ist auch schon bei uns “aufgeschlagen” damit”, sagte Ralf Scherer, der für Business Development zuständig ist.
Bei “Focus” hiess es: “Wir sind mit Amazon in Kontakt. Es besteht von unserer Seite Interesse am Kindle, aber das Gerät ist für unsere Bedürfnisse technisch noch nicht so gemacht, dass wir das nutzen können.” Unter anderem könne das Lesegerät Grafiken, Tabellen und Bilder nicht so darstellen, wie sie im “Focus”-Magazin erscheinen./cd/DP/he

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