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ECONOMICS/DE: Sorge um Konjunktur – Getrübte Konsumstimmung und Jobängste (Zus)

NÜRNBERG/MÜNCHEN/FRANKFURT (awp international) – Die getrübte Konsumstimmung und dunkle Wolken auf dem Arbeitsmarkt dämpfen zunehmend den Konjunkturoptimismus in Deutschland. Nach Einschätzung der Deutschen Bank drohen in den kommenden Monaten zudem Kreditausfälle; viele Schuldner könnten wegen der Wirtschaftskrise ihre Raten nicht mehr bezahlten, betonte das Geldinstitut am Montag in Frankfurt. Trotz mehrere negativer Indikatoren beurteilten die Verbraucher die konjunkturelle Lage dennoch zuversichtlich, berichtete die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrer neuesten Konsumklimastudie.
Insgesamt hat sich das Konsumklima in Deutschland laut GfK erstmals seit gut einem Jahr wieder leicht verschlechtert. Die Kauflaune wird durch die zunehmenden Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt, steigende Energiepreise und das Auslaufen der Abwrackprämie gedämpft, berichteten die Marktforscher. Das Konsumklima habe nach der Bundestagswahl einen Dämpfer erhalten, resümierte die GfK.
BÜRGER WARTEN AB
“Die Bürger warten erst einmal ab, bis klar ist, was an Be- oder Entlastungen auf sie zukommt”, sagte der GfK-Konsumforscher Rolf Bürkl der Deutschen Presse-Agentur dpa. Angesichts der horrenden Staatsverschuldung seien die Menschen ohnehin skeptisch, ob die angekündigten Steuersenkungen eingehalten werden können. Für November prognostiziert die GfK einen Rückgang des Gesamtindikators um 0,2 auf 4,0 Punkte. Auch für das kommende Jahr erwartet die GfK noch keine wesentliche Verbesserung der Verbraucherstimmung.
Als einziger der drei Indikatoren hat sich die Konjunkturerwartung im Oktober weiter verbessert. Mit einem Wert von plus 8,4 liegt sie um gute 36 Zähler über dem Vorjahresniveau. Bei der Einkommenserwartung der Bürger verzeichnet die GfK einen leichten Rückgang um 3,1 auf 12,9 Punkte. Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen sind allerdings noch nicht in die Befragung von rund 2000 Verbrauchern eingeflossen. Der Indikator für die Anschaffungsneigung sank kurz vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts um gut 10 Punkte, liegt aber mit 26,1 noch einem vergleichsweise hohen Niveau.
ERHÖHUNG DER ARBEITSLOSIGKEIT
Das Münchner ifo-Institut rechnet derweil für das nächste Jahr mit einer substanziellen Erhöhung der Arbeitslosigkeit. ifo-Präsident Hans-Werner Sinn geht davon aus, das die Erwerbslosenzahl 2010 auf durchschnittlich 4,1 Millionen steigen werde. “Vielen Firmen wird die Luft ausgehen und sie werden Personal abbauen müssen”, sagte Sinn, der von einer vorherrschenden Kreditklemme sprach. Auch die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern rechnet in den kommenden Monaten mit einem weiteren Stellenabbau.
Die Deutsche Bank sieht unterdessen auf die Finanzbranche eine Welle von Kreditausfällen zurollen. “Die Banken werden im ersten Halbjahr 2010 vor besonderen Herausforderungen stehen”, sagte Deutschlandchef Jürgen Fitschen am Montag in Frankfurt. Ob der Zenit überschritten sei, sei ungewiss. “Wir werden sicherlich auch bei dem einen oder anderen Unternehmen mehr Schmerzen erleben.”
KREDITAUSFÄLLE
Die Deutsche Bank hatte im ersten Halbjahr ihre Vorsorge für faule Kredite deutlich heraufschrauben müssen: Gut 1,5 Milliarden Euro legten die Frankfurter zurück, sechsmal mehr als im Vorjahreszeitraum. Analysten schätzen, dass im dritten Quartal weitere 700 Millionen Euro dazugekommen sind. Von einer Kreditklemme in Deutschland will Fitschen nichts wissen: Trotz aller Probleme bekämen die Unternehmen weiterhin Kredit. “Es gab die Diskussion um die Kreditklemme, es ist bis jetzt nicht dazu gekommen.” Das Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied räumte aber ein, dass Firmen fürs Geldleihen mitunter tiefer in die Tasche greifen müssten./kt/DP/bf

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