Die Eternit (Schweiz) AG ist aus dem Verfahren gegen die Eternit S.p.A. (Italien) entlassen worden. Das Gericht von Turin sei dem Antrag des Schweizer Unternehmens vollumfänglich gefolgt, teilte die Firma mit.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
3 Minuten
swissinfo.ch und Agenturen
Das Gericht habe damit dem Versuch verschiedener Zivilkläger eine klare Absage erteilt, die Eternit (Schweiz) AG für Vorgänge bei der Eternit S.p.A. (Italien) zivilrechtlich mitverantwortlich zu machen.
Das Unternehmen mit Sitz im glarnerischen Niederurnen legt Wert auf die Feststellung, dass Eternit (Schweiz) AG mit ihren Werken in Niederurnen und Payerne sei eine unabhängige Gesellschaft sei. Der angeklagte Schweizer Milliardär Stephan Schmidheiny habe nie eine Funktion bei der Eternit (Schweiz) AG inne gehabt und sei auch nie deren Aktionär gewesen, hiess es weiter.
Der Eternit-Prozess hatte am 10. Dezember 2009 begonnen. Schmidheiny und dem belgischen Baron Jean-Louis de Cartier wird wegen über 2800 asbestbedingter Krankheits- und Todesfälle der Prozess gemacht, die in Zusammenhang mit Tochterfirmen der Eternit S.p.A. (Italien) stehen.
Den beiden ehemaligen Mitbesitzern wird Unterlassung von Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz und vorsätzliche Verursachung eines schweren Unfalls zur Last gelegt. Der Prozess dauert mindestens bis Ende 2011. Den Angeklagten drohen Gefängnisstrafen zwischen drei und zwölf Jahren und hunderte Millionen Euro Entschädigungszahlungen.
Der Erfinder des Werkstoffes Asbestzement hatte seine Erfindung im Jahr 1900 als «Eternit» patentieren lassen. Er vergab pro Land eine Lizenz und verlangte von den Lizenznehmern, dass sie ihrem Unternehmen und den Produkten den Namen «Eternit» geben sowie einen einheitlichen Schriftzug verwenden. So entstanden weltweit zahlreichen Unternehmen, die unter dem Namen «Eternit» firmierten.
Im Lauf der Zeit wurden in Europa grössere Firmengruppen gebildet, zum Beispiel eine belgisch-französische und auch eine schweizerische Gruppe. Diese Schweizerische Eternit-Gruppe – ab Mitte der 1970er-Jahre mit Schmidheiny an der Spitze – hielt eine Beteiligung an der italienischen Eternit S.p.A., welche 1986 Konkurs ging. Die damalige Schweizerische Eternit-Gruppe hat mit der heutigen Eternit (Schweiz) AG nichts zu tun.
Schmidheiny initiierte 1976 den Ausstieg der Gruppe aus der Herstellung asbesthaltiger Produkte. Die Werke in Niederurnen und Payerne begannen 1980 mit der Herstellung asbestfreier Eternit-Produkte. Die Eternit (Schweiz) AG übernahm in den 1990er Jahren die beiden Standorte.
Beliebte Artikel
Mehr
Aussenpolitik
Wer in die Schweiz einwandert, und wer sie wieder verlässt
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Asbest-Prozess: 6300 Nebenkläger zugelassen
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Gerichtspräsident Giuseppe Casalbore brauchte bei der Wiederaufnahme des seit Dezember laufenden Prozesses am Montag beinahe zweieinhalb Stunden, um den Gerichtsbeschluss zu verlesen, wie italienische Nachrichtenagenturen meldeten. Das Gericht hiess demnach fast alle der 6392 Anträge gut. Bei den Zivilklägern handelt es sich einerseits um rund 800 Eternit-Arbeitnehmer, die wegen des Kontakts mit Asbest erkrankt sind,…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Bis Ende der Achtzigerjahre wurde Asbest weit verbreitet eingesetzt. In der Schweiz wurde er 1990 verboten. Asbestfasern können unheilbare Krankheiten auslösen, die oft erst 20, 30, 40 oder mehr Jahre nach der Exposition ausbrechen. Aus diesem Grund nehmen die asbestbedingten Todesfälle immer noch zu. Arbeitsbedingte Asbesterkrankungen gelten in der Schweiz als Berufskrankheit. Um die früher…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Zum Prozessauftakt am Donnerstag werden tausende Menschen vor dem Palazzo di Giustizia von Turin erwartet. Das nationale Netzwerk für Sicherheit am Arbeitsplatz hat zu einer Demonstration aufgerufen. Anreisen werden vor allem Angehörige von Asbestopfern. Sie haben Reisecars organisiert – etwa aus der piemontesischen Kleinstadt Casale Monferrato, wo bis 1986 eine der vier Fabriken der Eternit…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die beiden Ex-Besitzer von vier Asbest-Fabriken in Italien könnten wegen «Unterlassung von Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz und vorsätzlicher Verursachung eines schweren Unfalls» angeklagt werden. swissinfo hat sich an einem ehemaligen Fabrikstandort umgesehen. Piero Ferraris hat 21 Jahre in Asbest-Fabriken gearbeitet, zuerst in Niederurnen (Kanton Glarus), dann in Casale Monferrato (Piemont). Seine Augen glänzen. «Seit einigen Monaten…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der Verein für Asbestopfer hat den Entscheid mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Allerdings fragt man sich, ob die Abfindungen ausreichen werden. Seit Jahren belastete das Dossier um die Asbestopfer die Eternit AG. Jetzt hat die Firma, die 1903 in Niederurnen im Kanton Glarus gegründet wurde und über Jahrzehnte ein Gigant im Asbest-Business war, die Situation…
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch