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Swiss: Rotstift und Strategiewechsel

Details sind noch unklar: Restrukturierung der Swiss. Keystone

Mit einer Senkung der Lohnkosten um 100 Mio. Franken und der Ausgliederung der Regionalflotte will die Fluggesellschaft Swiss ihre Kosten in den Griff bekommen.

Bis November soll die neue Tochterfirma “Swiss Express” entstehen, die ab dem kommenden Winterflugplan tätig sein wird.

“Wir müssen den Turnaround aus eigener Kraft schaffen”, sagte Verwaltungsratspräsident Pieter Bouw am Freitag. Swiss-Chef André Dosé betonte: “Die Situation ist schwierig aber nicht aussichtslos.”

Die Schweizer Fluggesellschaft Swiss hatte es nicht leicht in der letzten Zeit. Neben der allgemein schlechten Wirtschaftslage führten der Irak-Krieg und die Lungenkrankheit SARS zu massiven Einbrüchen der Passagierzahlen.

Regionalgeschäft wird ausgelagert

Mit der Schaffung der “Swiss Express” mit 59 Flugzeugen will die Swiss ihre Kosten im Regionalflugverkehr nun um einen Fünftel senken. Mit diesen Massnahmen kehrt die Swiss zum Geschäftsmodell des zusammengebrochenen Swissair-Konzerns zurück.

Auf diese Weise will die Airline das Überleben der Regionalflotte sichern. Die Zusammenlegung von Lang- und Kurzstrecke habe nicht funktioniert.

“Swiss Express” wird 900 der gut 10’000 Swiss-Angestellten beschäftigen. Abstriche sind bei der Verpflegung oder bei der Anzahl des Kabinenpersonals zu erwarten, hiess es. Jedoch erklärte Dosé gegenüber swissinfo: “Swiss Express wird nicht eine Billig-Airline, sondern eine Regionalfluggesellschaft.”

Sparen bei Lohnkosten

Die Lohnkosten von 1 Mrd. Franken sollen um 10% (100 Mio. Franken) gekürzt werden. Die Massnahmen sollen im Gespräch mit den Personalverbänden umgesetzt werden.

Das Topmanagement der Swiss wird auf einen Teil seines Lohnes verzichten. “Wir senken unsere Löhne per sofort um 14%”, sagte Dosé.

Die Kostensenkung soll durch Kurzarbeit, unbezahlten Urlaub oder Lohnreduktionen erreicht werden. Ein weiterer Personalabbau sei nicht geplant.

Seit letztem Herbst hat die Swiss bereits den Abbau von insgesamt 1000 Stellen sowie die Straffung der Flugzeugflotte und des Streckennetzes angekündigt. Damit sollen 600 Mio. Franken eingespart werden.

Grounding kein Thema

“Ein Grounding ist für die Swiss kein Thema. Die Gesellschaft verfügt über ausreichend liquide Mittel”, erklärte Pieter Bouw an der Medienkonferenz in Basel.

Die Liquidität habe zum Ende des ersten Quartals 861 Mio. Franken betragen. Für Ende Jahr rechne die Swiss mit einer Liquidität von rund 500 Mio. Franken, auch ohne neuen Betriebskredit und ohne zusätzliche Massnahmen.

Dosé erwartet für den Sommer wieder eine steigende Nachfrage und eine bessere Auslastung der Maschinen. “Ich bin überzeugt, dass die Swiss 2004 wieder cash-positiv sein wird.”

Dem widersprach Aviatik-Experte Sepp Moser vehement: “Die liquiden Mittel könnten schon diesen Sommer ausgehen”, orakelte er gegenüber swissinfo.

Die Absicht der Swiss, eine eigenständige Regionalflug-Gesellschaft zu gründen, hat am Freitag an der Börse für einen Kurssprung der Aktie gesorgt. Der Titel schoss zeitweise um über 20% in die Höhe.

Gemischte Reaktionen der Personalverbände

Weder Gewerkschaften noch Branchenexperten waren überrascht. Die Details würden aber noch weitgehend im Dunkeln liegen.

Die ehemaligen Swissair-Piloten halten die Ausgliederung für notwendig. Laut dem Pilotenverband Aeropers ist die Struktur der “Ex-Crossair” aber immer noch zu gross.

Für den Verband Swiss Pilots (ehemalige Crossair-Piloten) ist die angekündigte Auslagerung des Regionalverkehrs völlig absurd. Swiss-Pilots-Präsident David Bieli monierte gegenüber swissinfo: “Es ist etwas unklar, wie üblich bei Swiss.”

Die Gewerkschaft des Kabinenpersonals Kapers zeigt sich nicht überrascht. “Wir sind zufrieden, dass die Swiss Massnahmen ergreift”, sagte der Kapers-Verantwortliche Joel Strebel.

Zur angekündigten Senkung der Löhne um 10% in diesem Jahr wollten sich weder Kapers noch Aeropers äussern. Man warte auf die Vorschläge von Swiss, hiess es.

Nach Ansicht der Bodenpersonal-Gewerkschaft GATA löst die Ausgliederung des Regionalflugverkehrs die Probleme der Swiss nicht. Die Einsparungen durch diese Massnahme seien angesichts der hohen Verluste nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Bund trägt Massnahmen mit

Das Eidgenössische Finanzdepartement teilte mit, dass der Bund als Aktionär entsprechende Massnahmen mittrage. Die von der Swiss präsentierten Entscheide bewegten sich “im Spektrum dieser Erwartungen”, zumal die Swiss “ausdrücklich auf die Möglichkeit weiterer Massnahmen hingewiesen” habe.

Zusätzliche finanzielle Hilfe für die Swiss hatte der Bundesrat an seiner Sitzung vom vergangenen Mittwoch ausgeschlossen.

Die Regierungsparteien zeigten sich mehrheitlich erfreut über die Schritte. Man hätte jedoch schon früher handeln sollen, meinte die FDP. Für die CVP reichen die angekündigten Massnahmen der Swiss nicht aus.

Die SVP forderte eine Entflechtung vom Staat, um “Interessenkollisionen zu beseitigen und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen”. Die SP schliesslich begrüsst die Massnahmen, wirft aber die Frage auf, warum “die Option Kurzarbeit nicht entscheidungsreif” sei.

Die Schutzvereinigung Schweizer Anleger (SVSA) um den Rechtsanwalt Hans-Jacob Heitz nahm die Ankündigung positiv auf. Sie sei immer der Auffassung gewesen, dass die Regional- und die Interkontinental-Flotte in zwei Profitzentren aufzuteilen seien, teilte die SVSA mit.

swissinfo, Christian Raaflaub

Bei rund 4,3 Mrd. Franken Umsatz hatte die Swiss für letztes Jahr 980 Mio. Franken Verlust ausgewiesen.

Allein im vierten Quartal 2002 war ein Minus von fast 400 Mio. angefallen.

Für das erste Quartal 2003 wird erneut ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe erwartet.

Das Ziel, dieses Jahr in die schwarzen Zahlen zu fliegen, wurde nach weiteren Einbrüchen im Passagieraufkommen, die vor allem auf den Irak-Krieg und die Lungenkrankheit SARS zurückgeführt wurden, fallen gelassen.

In den vergangenen Tagen gab es einen Wirbel um eine Kreditlinie der Grossbanken über 500 Mio. Franken, die von der Swiss selbst gekündigt worden war.

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