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Zürcher Streetparade: Bewegt euch

Streetparade Zürich, Treffpunkt der schönen Leute. (Bild: Thomas Entzeroth) THOMAS ENTZEROTH

Das Zürcher Seebecken und ganz Zürich sind am Samstag einmal mehr fest in der Hand der Streetparade, der grössten Publikums-Veranstaltung der Schweiz.

Über 30 Love-Mobiles werden mit House und Techno das diesjährige Motto “Move Your Mind” auf die Massen von Raverinnen und Raver in den Strassen übertragen.

Die Zürcher Street Parade setzt auch bei der 15. Austragung auf das bewährte Konzept mit dem Umzug rund um das Seebecken. “Sie versteht sich weiterhin als Demonstration für Liebe, Frieden und Freiheit”, sagte Streetparade-Sprecher Stefan Epli gegenüber swissinfo.

Dass das Motto “Move Your Mind” heisse, habe schon etwas mit der aktuellen Situation zu tun. “Wir haben festgestellt, dass bei den Leuten – inklusive den Jungen – so etwas wie Trägheit um sich greift, sowohl geistig wie auch körperlich.” Deshalb der Aufruf, aktiv zu sein. “Denn Stillstand ist Rückschritt”, sagt Epli.

Die Streetparade bleibt aber, wie Epli betont, auch künftig unpolitisch. Parteipolitik habe hier nichts zu suchen: “Ein Love-Mobile einer Partei wäre in Zürich undenkbar.”

Bollywood und Spoerli

Der Konvoi der Love Mobiles setzt sich am frühen Nachmittag des 12. August in Bewegung. Aus Indien ist ein Bollywood-Mobile dabei.

“Die indischen Filmer haben letztes Jahr Aufnahmen der Streetparade gemacht und angefragt, ob sie diesmal mit einem Mobile dabei sein könnten”, sagt Epli. “Nun kommen sie und bringen ihr Dekor, ihren indischen DJ und ihre Tänzer und Tänzerinnen mit.”

Mobiles aus dem Ausland sind nichts Aussergewöhnliches. Auch solche aus Südafrika, Holland, Österreich und Frankreich werden die Route abfahren.

Aussergewöhnlicher, so Epli, sei eher die Anfrage von Heinz Spoerli und seinem Ballett. “Dass das Zürcher Opernhaus mitmacht, hat uns überrascht, ist aber toll. Das Ballett wird das Motto der Street-Parade perfekt umsetzen.”

Angemeldet haben sich rund 100 Love-Mobiles. Am Start der 2,4 km langen Route sind jedoch nur gut 30. “Wir wählen aus. Die Love-Mobiles müssen schon das Kriterium Techno oder House erfüllen.” Eine Anfrage für ein Elvis-Mobile sei abgelehnt worden. “Das wäre uns zu retro”, sagt Epli.

Nicht gewinnorientiert

Wenn das Wetter mitspielt, was gemäss Prognosen eher unwahrscheinlich ist, sollen bis zu einer Million Menschen Zürich bevölkern. “Die Zahl ist hoch geschätzt”, so Stefan Epli. “An der offiziellen Parade sind etwa 200’000 bis 300’000 Leute am Tanzen. Mehr können sich gar nicht am Seebecken aufhalten.”

Aber wenn dann am Abend und in der Nacht all die Partys die Tanzwütigen abholen, “könnten es insgesamt schon eine Million sein”.

Das grosse Geld machen übrigens nicht die Organisatoren, sondern andere. Stefan Epli ist es wichtig, dass dies alle wissen: “Der Verein Streetparade arbeitet nicht gewinnorientiert.”

Drogen-Mix

Doch neben dem durchgehenden Musikmix sorgt die Streetparade in Zürich jeweils auch bei Polizei und Sanität für viel Arbeit.

Erstmals wird verstärkt gegen unbewilligte Partys am Vorabend vorgegangen, und Detektive machen Jagd auf Taschendiebe. Die Zürcher Polizei wird dabei von Spezialisten der deutschen Bundespolizei und der Landespolizei Stuttgart unterstützt.

Und nicht wenige Raverinnen und Raver werden sich wohl mit einem Drogen-Mix aufputschen. Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme bietet – wie jedes Jahr – eine kostenlose Ecstasy-Beratungshotline an und ruft: “Hände weg vom Drogen-Mix”.

swissinfo, Urs Maurer

1992 gründete der Student Marek Krynski die Zürcher Streetparade. Inspiriert wurde er von einem TV-Bericht über die Berliner Loveparade.

An der ersten Parade machten rund 2000 Personen mit. Sie fand auf der noblen Bahnhofstrasse statt, was vielen in Zürich sauer aufstiess.

Ein Jahr später durfte auf der “reichsten Strasse der Welt” nicht mehr getanzt werden. Die Route musste geändert werden. Schon 10’000 Personen nahmen an der 2. Ausgabe teil.

2002 fiel erstmals eine Parade ins Wasser – nach zehn sonnigen Ausgaben. Trotzdem tanzten rund 650’000 Leute auf dem nassen Asphalt.

“Today ist tomorrow”, hiess das letztjährige Motto. Die Top 5 im weltweiten DJ-Ranking liessen an der Parade ihre besten Scheiben drehen. Die Teilnehmerzahl näherte sich der Millionengrenze.

Der Verein Streetparade rechnet für 2006 mit Kosten von 1,2 Mio. Franken.
Drei Viertel davon entfallen auf Sicherheit, Sanität und Reinigung.
2005 wurden 42 Tonnen Abfall weggeräumt.
13 Sanitätsposten und 3000 Helferinnen und Helfer sind um das Wohl der Raver besorgt.

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