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Merck spürt Erholung im Chemiegeschäft – Pharmaausblick enttäuscht (Zus)

DARMSTADT (awp international) – Beim Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck hat sich im dritten Quartal die bereits zum Halbjahr abzeichnende Erholung im Chemiegeschäft fortgesetzt. «Die Zahlen des dritten Quartals zeigen eine Verbesserung zum ersten Halbjahr 2009», sagte Karl-Ludwig Kley, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Dax-Konzerns , am Montag. Ungeachtet der gestiegenen Nachfrage nach seinen Kernmedikamenten und der Erholung bei den Flüssigkristallen verbuchte Merck jedoch erneut einen Ergebnisrückgang. Preisdruck im Flüssigkristallgeschäft (LC) und hohe Forschungs- und Marketingkosten für Merck Serono belasteten das Gruppenergebnis.
Merck-Chef Kley präzisierte zugleich den Ausblick für 2009, wobei das erwartete Erlöswachstum für die grösste Sparte Merck Serono am unteren Ende der im Juli angepeilten Spanne am Markt als Enttäuschung gewertet wurde. Merck-Titel gaben Nachmittag 1,91 Prozent 68,17 Euro nach.
In der Sparte Merck Serono, die mit den beiden Medikamenten Rebif (Multiple Sklerose) und dem Krebsmittel Erbitux fast 70 Prozent zu den Gesamterlösen von Merck beisteuert, soll der Erlös um sechs Prozent steigen. Im Juli wurde ein Plus von sechs bis neun Prozent prognostiziert. «Die Tatsache, dass Merck bei Merck Serono nun das untere Ende der Guidance ansteuert, ist etwas enttäuschend», sagte WestLB-Analyst Oliver Kämmerer. Auch bei der bereinigten Umsatzrendite zeigte sich Merck KGaA für Merck Serono vorsichtiger und erwartet nun 20 Prozent nach 20 bis 25 Prozent im Juli.
MILLIARDENUMSATZ FÜR ERBITUX SPÄTESTENS 2015
Im Juli hatte sich ein Beraterausschuss der europäischen Zulassungsbehörde EMEA überraschend gegen den Einsatz von Erbitux bei fortgeschrittenem Lungenkrebs ausgesprochen. Merck hatte dagegen Einspruch eingelegt. Auch bei einem positiven Bescheid dürfte die Anwendung bei Lungenkrebs eingeschränkt sein, was einen geringeren Umsatzbeitrag bedeutet. «Den Entscheid erwarten wir spätestens im ersten Quartal 2010. Frühestes 2011 und spätestens 2015 rechne Merck nun mit der Erreichung eines Milliardenumsatzes für das Mittel», sagte Kley. Erbitux ist nach Rebif das zweitwichtigste Medikament von Merck und soll das Wachstum der Gesellschaft massgeblich prägen. Erbitux ist bereits gegen Darm- und Kopf-Hals-Tumoren zugelassen.
Hohe Vertriebs- und Forschungskosten sowie der Preisdruck im Chemiegeschäft belasteten erneut das operative Ergebnis des Konzerns, das im dritten Quartal um 28,2 Prozent auf 222,2 Millionen Euro sank und damit fast genau die Markterwartungen traf. Merck bereitet sich nach Aussage von Finanzvorstand Michael Becker auf den Marktstart von Cladribin vor – einem Multiple-Sklerose-Mittel in Tablettenform. «Wenn wir eine Zulassung bekommen, werden wir auch 2010 mit dem Produkt auf den Markt gehen.» Unter dem Strich wies Merck einen Gewinn von 148,1 Millionen Euro (VJ: 202,4) aus. Der Umsatz stagnierte mit 1,943 Milliarden Euro (VJ: 1,89) fast auf Vorjahresniveau.
UMSATZPLUS UNTER VORJAHR
Der Umsatz für die Gruppe soll mit zwei Prozent am unteren Ende der im Juli genannten Spanne von null bis plus fünf Prozent zulegen. 2008 hatte Merck die Gesamterlöse um gut sieben Prozent auf 7,6 Milliarden Euro gesteigert. Kley begrüsste die Regierungserklärung zur Gesundheitspolitik, in der auch der Abbau der Überregulierung des deutschen Pharmamarktes ein Thema war.
Der anhaltende Aufwärtstrend im Geschäft mit den Flüssigkristallen veranlasste Merck zu einer Prognoseanhebung für das LC-Geschäft. Nach einem im Juli erwarteten Rückgang der LC-Erlöse von 20 bis 25 Prozent rechnet das Merck-Management jetzt mit einem Minus von 20 Prozent. Merck hatte bei den Flüssigkristallen (Liquid Crystals) im November 2008 einen massiven Einbruch erlitten, weil die TV-Hersteller wegen der weltweiten Finanzkrise nicht mehr geordert.
Bei der LC-Marge verbuchte Merck 34 Prozent, was zwar deutlich unter dem Vorjahr (47 Prozent), aber klar über dem Einbruch im Auftaktquartal 2009 lag. «2010 werden wir meines Erachtens keine 40 Prozent sehen», dämpfte Becker die teils hohen Erwartungen. Flüssigkristalle werden in Flachbildschirmen, Handys und Notebooks eingesetzt. Merck habe bei den Kristallen einen Marktanteil von über 50 Prozent und strebe 60 Prozent an. Das Unternehmen habe Marktanteile verloren, weil es den Preiskrieg nicht mitgemacht habe./ep/tw

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