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13. AHV-Rente: “Wie wollen Sie mit 2200 Franken in der Schweiz leben?”

Ein Fokus der Diskussion um die 13. AHV-Rente liegt auf den Schweizer Rentner:innen im Ausland. Wir diskutieren darüber in Let's Talk, mit Martina Bircher von der SVP und Samira Marti von der SP.

Die Zukunft der Renten steht bei den eidgenössischen Abstimmungen am 3. März im Mittelpunkt – mit gleich zwei Volks-Initiativen. Die eine will eine 13. AHV-Rente einführen. Die andere will das Rentenalter erhöhen.

Angriff von der SVP

Welche Rolle spielen dabei die Auslandrenten? Viele Schweizerinnen und Schweizer wandern im Rentenalter aus. Teils auch, weil sie im Ausland besser über die Runden kommen. Vor allem bei der Debatte um die Vorlage für eine 13. Rente sind diese Rentner:innen nun in den Fokus gerückt.

Der Angriff kommt von der SVP – in Person der Politikerin Martina Bircher. Sie erklärt in Let’s Talk detailliert, warum sie und ihre Partei in diesem Abstimmungskampf mit den Auslandrenten argumentiert – obwohl sie sich als Co-Präsidentin der Parlamentarischen Gruppe Auslandschweizer eigentlich für die Anliegen der Fünften Schweiz interessiert.

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Es gehe ihr um Gerechtigkeit, sagt sie. “Die Finanzierung liegt vollständig bei den Personen, die in der Schweiz wohnen”, erklärt die SVP-Nationalrätin. Profitieren würden aber auch Auslandschweizer:innen oder Rentenbezüger:innen im Ausland. Wer im Ausland lebt, würde also weder unter einer allfälligen Mehrwertsteuererhöhung leiden noch erhöhte Lohnabzüge in Kauf nehmen müssen. Wie genau die 13. Rente finanziert werden soll, haben die Initiant:innen nicht vorgegeben. 

“Es ist Rosinenpickerei, nur nehmen, nicht geben”

“Alle Personen, die im Ausland eine Rente beziehen, würden 8,1 Prozent mehr Rente erhalten aber müssten gar nichts dafür zahlen”, sagt Martina Bircher wörtlich. Das sei weder fair noch solidarisch. “Es ist Rosinenpickerei. Man will nur nehmen, aber nicht geben.”

Hier spricht Martina Bircher über die Auslandrenten:

Markus Kretz, ein Pensionär aus Zürich, der seinen Lebensabend in Budapest, Ungarn verbringt, antwortet Bircher per Videocall darauf: “Für mich wäre eine 13. Rente ein Nice-to-have. Doch wenn ich mit meinem Einkommen in der Schweiz leben würde, dann müsste ich Ergänzungsleistungen beantragen, genauso wie meine Kollegen, darunter viele Schweiz-Ungaren.” Dann fragt Kretz ins Studio nach Bern: “Aber wie wollen Sie in der Schweiz leben mit 2200 Franken?”.

Roger Marti, ein frühpensionierter Banker, der nach Frankreich ausgewandert ist, wirft ein: “Ich bin auch Vermieter, ich bezahle ständig 8,1 Prozent Mehrwertsteuer.” Es gehe im Moment vieles zu Lasten der Generation Babyboomer und zu Lasten der Frauen. Die AHV stehe auf gutem Fundament und sei verlässlich.

“Bashing der Auslandschweizer:innen”

Samira Marti spricht von einem “Bashing der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer”. Sie ist SP-Nationalrätin und Co-Fraktionspräsidentin der Sozialdemokratischen Partei. Marti verweist auf die tiefe Beträge der Renten, die ins Ausland gehen.

Hier spricht Samira Marti über die Auslandrenten:

Der Mittelwert einer Altersrente bei Auslandschweizern liegt bei 1209 Franken pro Monat. Ausländische Staatsangehörige im Ausland erhalten im Schnitt gar nur 529 Franken, während eine durchschnittliche Inlandrente bei monatlich 1874 Franken liegt. 

Marti sagt: “Wenn diese Menschen in der Schweiz leben würden, dann würden sie zusätzlich die Sozialausgaben belasten.” Die Zahlen zeigen für Samira Marti auch, “dass gewisse Menschen mit diesen tiefen Renten sich das Leben in der Schweiz schlicht nicht mehr leisten können.”

“Eine Milliarde würde ins Ausland gehen”

Martina Bircher hingegen macht eine andere Rechnung. Von den 5 Milliarden, welche eine 13. AHV-Rente kostet, würde “rund eine Milliarde ins Ausland gehen”. Die SP wolle das Geld dafür bei den Verkäuferinnen und den Bauarbeiterinnen im Inland holen.

Tatsächlich gingen bei Mehrkosten von 5 Milliarden knapp 700 Millionen CHF ins Ausland, da rund 14 Prozent der gesamten Rentensumme ins Ausland bezahlt wird.

Doch ist eine generelle Erhöhung aller Renten das richtige Mittel, um Altersarmut gezielt zu bekämpfen? Samira Marti von der SP antwortet darauf: “Die sehr vermögenden Menschen brauchen die 13. Rente nicht. Sie brauche aber auch keine zwölfte, elfte oder zehnte Rente – und trotzdem bekommen sie eine. Und ich glaube, dass das richtig ist. Die AHV soll alle Menschen in der Schweiz versichern.” 

Angstmacherei?

Martina Bircher sieht das anders. Die Linke wolle mit der Vorlage für eine 13. Rente das bewährte 3-Säulen-Prinzip der Schweizer Altersvorsorge “an die Wand fahren”, sagt sie. Mit Blick auf ihre Kontrahentin am Tisch führt sie aus: “Wir sind beide junge Menschen und können froh sein, wenn wir mit 65 dann einmal eine Rente erhalten.” Die AHV stehe heute nicht gesichert da, sie sei lediglich bis 2030 finanziert.

Für Samira Marti ist dies Angstmacherei. “Es ist unser Job und unsere Verantwortung, als Politikerinnen die Finanzierung zu sichern. Aber es muss auch die Bereitschaft da sein, verschiedene Finanzierungsquellen gemeinsam zu prüfen.”

Bircher weist auf die noch ungelöste Finanzierung einer allfälligen Rentenerhöhung hin. “Wir haben immer mehr Junge, und die haben immer weniger Kinder”, sagt Bircher, “da muss man kein mathematisches Genie sein, um zu begreifen, dass es so nicht weitergehen kann.”

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