Zweifel an Wahl von Maitik zum libyschen Regierungschef
(Keystone-SDA) Kurz nach seiner Vereidigung im libyschen Parlament muss sich der frisch ernannte Regierungschef Ahmed Maitik des Vorwurfs erwehren, er sei auf illegalem Wege ins Amt gelangt. Die Wahl zuvor in der Volksvertretung war chaotisch verlaufen.
Einer der Parlaments-Vizepräsidenten, Essedin al-Awami, erklärte die Ernennung am Sonntag für «null und nichtig». Der von Islamisten unterstützte Geschäftsmann Maitik habe im dritten Wahlgang lediglich 113 statt der 120 benötigten Stimmen erhalten, schrieb al-Awami in Protestbriefen an die Regierung und alle Abgeordneten, die auf der Regierungs-Website veröffentlicht wurden.
Einige Abgeordnete hatten jedoch eine Fortsetzung der Sitzung in Tripolis gefordert, um ihre Kollegen doch noch von dem Kandidaten überzeugen und auf mehrere abwesende Parlamentarier warten zu können.
Das Staatsfernsehen unterbrach seine Übertragung vorübergehend und setzte sie erst eine Stunde später wieder fort – mit einem neuen Resultat: Der ebenfalls als Parlaments-Vizepräsident fungierende Salah al-Machsum erklärte, Maitik habe 121 Stimmen erhalten.
Erste Wahl wegen Bewaffneten verschoben
Wenige Minuten später wurde der Unternehmer dann in Abwesenheit al-Awamis vereidigt. Daraufhin protestierten einige Abgeordnete, dass das vorherige Resultat bereits für gültig erklärt und die Sitzung geschlossen worden sei.
Al-Awami bat die scheidende Regierung von Übergangs-Ministerpräsident Abdullah Al-Thinni in seinen Briefen deshalb, die Amtsgeschäfte bis zur regulären Wahl eines Nachfolgers fortzuführen.
Das Parlament hatte schon am Dienstag versucht, einen neuen Regierungschef zu wählen. In der ersten Wahlrunde erhielten Maitik und der Hochschullehrer Omar al-Hassi die meisten Stimmen. Die Stichwahl musste jedoch abgebrochen werden, nachdem Bewaffnete ins Parlament eingedrungen waren.
Rücktritt nach Angriff
Nach dem erneuten Wahl-Chaos am Sonntag sagte ein frustrierter Diplomat: «Zu guter Letzt haben wir jetzt zwei Ministerpräsidenten. Das hat uns gerade noch gefehlt.»
Al-Thinni hatte Mitte April seinen Rücktritt erklärt und dies mit einem bewaffneten Angriff auf ihn selbst und seine Familie begründet. Sein Vorgänger Ali Seidan war im März nach anhaltender Kritik an der Sicherheitslage vom Parlament abgesetzt worden.
Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 kämpft Libyen mit Abspaltungstendenzen im Osten sowie mit ehemaligen Rebellengruppen, die sich weigern, ihre Waffen niederzulegen.