Steuerermittlungen in den USA – die Probleme der UBS
Die UBS kommt im Steuerstreit in den USA nicht zur Ruhe. Mit der Anklage gegen Raoul Weil, Chef der Vermögensverwaltung, steht zum ersten Mal ein Mitglied der UBS-Konzernleitung im Visier der Behörden.
Im Mai stand ein ehemaliger Kundenberater der Bank wegen Mithilfe zum Steuerbetrug in Florida vor Gericht. Er bekannte sich schuldig, das Urteil steht noch aus.
Nun wurde Weil der Beihilfe zur Steuerflucht angeklagt. Aus der Anklageschrift wird klar, dass die Behörden nicht ausschliessen, Anklage gegen weitere hochrangige Mitarbeiter der Bank zu erheben.
Dass sich die Ermittlungen auf die Schweizer Bank und deren Kunden konzentrieren, dürfte mit dem Gewicht der Bank auf dem internationalen Finanzplatz zu tun haben. Letztlich geht es um das Schweizer Bankkunden-Geheimnis, das den USA wie der EU schon lange ein Dorn im Auge ist.
Verschiedene Ermittlungen
Gegen die UBS und gegen Kunden der UBS sind in den USA verschiedene Ermittlungen im Gang. Gleichzeitig muss sich die Bank auf Schadenersatzklagen von Kunden einstellen.
Die Justiz ermittelt, weil die UBS unter Verdacht steht, US-Kunden mit Konten in der Schweiz geholfen zu haben, Vermögenswerte am Fiskus vorbeizuschleusen.
Die Bank soll unter Ausnutzung von Schlupflöchern gegen Verträge mit der US-Steuerbehörde (Internal Revenue Service, IRS) verstossen haben. Den USA sollen dadurch pro Jahr rund 100 Mrd. Dollar entgangen sein.
Daneben läuft eine Untersuchung der Bankenaufsicht (SEC) gegen die UBS, und auf politischer Ebene befasst sich eine Kommission des Senats mit dem Kampf gegen Steueroasen.
Bankgeheimnis und Amtshilfe
Die Anklage gegen UBS-Topmann Weil erfolgte nach Ermittlungen gegen rund 20’000 UBS-Kunden mit Konten in der Schweiz, die teilweise unter Verdacht stehen, Vermögen am US-Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Mit der Anklage wird der Druck auf die UBS erhöht, die nach eigenen Angaben mit den Behörden kooperiert.
Die Anklage ist in dem Zusammenhang zu sehen, dass die UBS (und damit die Schweiz) aus rechtlichen Gründen (Bankgeheimnis) die Forderung der USA, Namen und Daten amerikanischer UBS-Kunden mit Konten in der Schweiz bekannt zu geben, bisher nicht erfüllt hat.
Im Sommer 2008 ersuchten die USA die Schweiz in der Sache um Amtshilfe. Das Verfahren ist noch im Gang. Rund 250 Kunden sollen betroffen sein. Gegen Verfügungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung wurden Rekurse angekündigt.
Wieder vermehrt Schlagzeilen
Das Thema hat in US-Medien mit der Anklage gegen Weil wieder vermehrt Schlagzeilen gemacht. Die New York Times, die Washington Post und das Wall Street Journal berichten regelmässig über die Affäre. Oft beziehen sich die Informationen auf anonyme Quellen mit Insiderwissen zu den Ermittlungen.
Die Informationen sind nicht immer korrekt. Die New York Times zum Beispiel schrieb kürzlich: «Steuerhinterziehung ist in der Schweiz legal, in den USA nicht.»
Das Beispiel macht deutlich, wie schwierig es ist, den subtilen Unterschied der Schweizer Gesetzgebung zwischen Steuerbetrug (strafrechtlich relevant) und Steuerhinterziehung (strafrechtlich nicht relevant) zu erklären.
Auch auf Blogs sowie in der populären Kriminal- oder Spionage-Literatur ist das Schweizer Bankgeheimnis immer wieder Thema. Hinter vorgehaltener Hand sagen auch manche Schweizer Banker in den USA, dass die Schweiz früher oder später in der Sache über die Bücher gehen müsse.
Das Schweizer Bankkunden-Geheimnis steht unter grossem Druck. Auch der Schweizer Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, sieht das so. In einem Interview mit der NZZ am Sonntag erklärte er, der politische Druck der USA und der EU werde noch zunehmen. Die Schweiz sei daher «gut beraten, dieses Thema offensiv anzugehen».
US-Politik und Steueroase Schweiz
Auf politischer Ebene hatten der damalige Senator und heute designierte US-Präsident Barack Obama, sein Parteikollege Carl Levin und der Republikaner Norm Coleman im Senat schon vor einiger Zeit eine Vorlage gegen Steueroasen eingebracht.
Zudem hatte ein Senatsausschuss unter Vorsitz von Carl Levin in einem Bericht über Steuerparadiese die UBS und die Liechtensteiner Bank LGT beschuldigt, Steuerhinterziehung in den USA unterstützt zu haben.
Am 17. Juli 2008 entschuldigte sich die Schweizer Grossbank vor dem Senatsausschuss für Fehlverhalten in der Steueraffäre. Zudem kündigte die Bank an, sie ziehe sich aus dem Offshore-Geschäft mit US-Kunden zurück.
Diese sind seither von der UBS aufgefordert worden, ihre Konten in der Schweiz aufzuheben, was zu Verärgerung und Protesten geführt hat.
Carl Levin begrüsste die Anklage gegen Weil als überfälliges Signal. Die USA würden nicht länger tatenlos zusehen, wie Banken aus Steueroasen US-Klienten dabei unterstützten, ihr Vermögen vor dem Steueramt zu verstecken.
Das Thema Steueroasen dürfte im neuen Kongress und unter dem neuen Präsidenten Obama früher oder später wieder auf der Agenda erscheinen.
swissinfo, Rita Emch, New York
Das Schweizer Bankgeheimnis ist im Bankengesetz (Art. 47 BankG) aus dem Jahr 1934 verankert.
Die Verletzung des Bankgeheimnisses wird mit Gefängnis von bis zu 6 Monaten oder mit Busse bis zu 50’000 Franken bestraft.
Nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (z.B. Geldwäscherei oder Terrorismus) darf das Bankgeheimnis ausser Kraft gesetzt werden.
Steuerhinterziehung fällt nicht darunter.
Das Schweizer Bankgeheimnis soll den Zugang zu Informationen über Bankkunden durch Dritte verhindern, ob privat oder offiziell. Die Banken sprechen vom Bankkunden-Geheimnis.
In der Schweiz gibt es seit Jahrzehnten keine anonymen Bankkonten mehr. Dies entgegen der weit verbreiteten Meinung.
Die Banken sind verpflichtet, den Kontoinhaber und gegebenenfalls den tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten des Kontos zu kennen.
Auch viele andere Länder kennen ein Bankgeheimnis. Das von Luxemburg und das von Österreich sind dem der Schweiz am ähnlichsten.
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