Über der Autobahn wächst ein Stück Zürich wieder zusammen
Seit 1980 hat die Autobahn zwischen dem Schöneichtunnel und Zürich-Ost die Quartierteile Schwamendingen-Mitte und Saatlen voneinander getrennt. Mit der Überdachung der Autobahn und der Parkanlage darauf gehören nicht nur Lärm und Abgase der Vergangenheit an, sondern auch diese städtebauliche Zäsur.
(Keystone-SDA) Mit rund 120’000 Fahrzeugen pro Tag zählt dieser Autobahnabschnitt im Norden der Stadt Zürich zu den meistbefahrenen Strassen der Schweiz. Die neue Einhausung umhüllt die Autobahn zwischen der Verzweigung Zürich-Ost und dem Schöneichtunnel. Auf dem Dach in rund sieben Metern Höhe sind grosse Grünflächen sowie Fuss- und Radwege entstanden, die über mehrere Aufgänge erreichbar sind.
Den Bewohnerinnen und Bewohner dieser beiden Quartierteile im Stadtkreis 12 bringt dieses Grossprojekts deutlich höhere Wohn- und Lebensqualität. Und: Statt einer einzigen Unterführung verbindet nun ein ganzer Park die beiden während Jahren, seit der Eröffnung der Autobahn 1980, getrennten Quartiere.
Gleichzeitig aber treibt die Autobahnüberdachung und der Ueberlandpark auch die Bautätigkeit im Quartier voran – und damit die Gentrifizierung.
Zuerst aus Stahl und Glas
Die Idee, die Autobahn zu überdecken, kam aus dem Quartier. 1999 brachte der Verein Einhausung Schwamendingen in kurzer Zeit eine Volksinitiative zustande. Diese forderte, dass der Autobahnabschnitt mit einer Einhausung in Leichtbauweise aus Stahl und Glas überdeckt wird.
Der Verein zog die Initiative aber wieder zurück, nachdem der Kantonsrat 2001 dem Regierungsrat den Auftrag erteilte, eine Vorlage zum Bau der Einhausung des Autobahnabschnittes in Zürich-Schwamendingen auszuarbeiten
Im Februar 2006 genehmigt der Kantonsrat die Kreditvorlage für die Überdachung der Autobahn – ebenfalls ohne Gegenstimme. Im Juni des selben Jahrs stimmte das Stadtparlament der Kreditvorlage zu. Und im September zeigte sich schliesslich auch das städtische Stimmvolk solidarisch mit der Quartierbevölkerung und nahm die Vorlage mit 82,9 Prozent deutlich an.
Das Projekt verzögerte sich durch politische Prozesse und verteuerte sich. So wurden schliesslich aus den ursprünglichen 90 Millionen Franken rund 450 Millionen Franken. Bund, Kanton und Stadt teilten sich die Kosten auf, den grössten Teil steuerte der Bund bei.
Am 1. April 2019 fand der Spatenstich mit der damaligen Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) statt. «Wir holen uns ein Stück Natur zurück», sagte sie. Mit der Einhausung dieses stark befahrenen Autobahnabschnitts werde der unhaltbare Zustand zwar nicht ganz beseitigt, aber erträglich gemacht. «Der Druck aus der Bevölkerung hat sich gelohnt.»
Ausgebauter Park
Für letzte Retuschen am Projekt genehmigte das Stadtzürcher Stimmvolk im März 2021 schliesslich einen Zusatzkredit für den Ueberlandpark – erneut mit einen Ja-Stimmenanteil von über 80 Prozent.
Denn ursprünglich sah das Projekt nur eine Basisbegrünung und eine minimale Oberflächengestaltung der Einhausung vor. Da sich aber die Anforderungen an eine zeitgemässe Parkgestaltung infolge der Klimadebatte und Quartierbegehren in den Jahren nach der Planung veränderten, wurde das Projekt angepasst.
Die in der Schweiz einzigartige Hochpark mit einer Fläche von rund 30‘000 Quadratmetern erhielt mehr Grün, mehr Schatten, Toiletten, Spielplätzen und einen Pavillon mit einem gastronomischen Angebot.
Nach sechs Jahren Bauzeit ist das Grossprojekt nun abgeschlossen und offiziell eingeweiht. Schwamendingen ist wieder vereint – und feiert dies am Samstag mit einem Volksfest im neuen Park.
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