Neue NATO-Strategie: Eigene Raketenabwehr und Atomwaffen
Brüssel - Mit einer eigenen Raketenabwehr und Atomwaffen will die NATO den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts schlagkräftiger begegnen. Das sieht das neue strategische Konzept des Bündnisses vor, dessen Leitlinien eine Expertenkommission in Brüssel vorstellte.
Kernstück des neuen Konzepts unter dem Titel "NATO 2020" soll eine eigene Raketenabwehr werden. Die US-Pläne für ein Abwehrsystem würden damit "voll in einen NATO-Kontext gestellt", heisst es in den 55-seitigen Empfehlungen der Experten.
Dabei baut die Expertengruppe um die frühere US-Aussenministerin Madeleine Albright auf eine enge Zusammenarbeit mit Russland. Moskau hatte sich entschieden gegen eine US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien gewehrt. US-Präsident Barack Obama speckte das Vorhaben im vergangenen Jahr deutlich ab.
Ergänzend setzen die Experten auf die nukleare Abschreckung. "Solange Atomwaffen existieren, sollte die NATO sichere und verlässliche Nuklearkräfte behalten", heisst es in dem Bericht unter Verweis auf unsichere Staaten wie den Iran und Nordkorea.
Mit der neuen Strategie will die Verteidigungsallianz gezielter auf die zunehmend diffuse Gefährdungslage reagieren. "Die Allianz muss in dieser Zeit der Unberechenbarkeit des 21. Jahrhunderts wendig und flexibel sein", sagte Albright in Brüssel.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von einem "Meilenstein". Das Bündnis behält sich zwar neue Einsätze ausserhalb ihres Bündnisgebietes nach dem Beispiel Afghanistans vor. Aber die Allianz habe nicht den Ehrgeiz, "Weltpolizist" zu werden, betonte Rasmussen.
Die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsländer sollen die neue Strategie im November im portugiesischen Lissabon beschliessen. Die Aussen- und Verteidigungsminister diskutieren am 14. Oktober erstmals einen Textvorschlag, den Generalsekretär Rasmussen im September vorlegen will. Die neue NATO-Strategie löst das alte Konzept von 1999 ab.