Berner Obergericht verhandelt Mord-Urteil gegen Boxerin

(Keystone-SDA) Im Mord-Prozess vor dem Berner Obergericht hat der Verteidiger der Angeklagten, einer ehemaligen Boxweltmeisterin, am Montag einen Freispruch gefordert. Die 37-jährige Frau soll im Jahr 2020 ihren Mann erschlagen haben.
Die Indizien seien nicht ausreichend, vielmehr könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Täterschaft das Opfer umgebracht habe, sagte der Verteidiger. Er führte zugunsten seiner Klientin zahlreiche entlastende Elemente ins Feld.
So habe sie zur Tatzeit an Schulter- und Ellenbogenproblemen gelitten und sei krank geschrieben gewesen. Sie hätte die nötigen Schläge gar nicht ausführen können.
Das Mordopfer habe notorische Unordnung mit seinen Schlüsseln gehabt. Es sei also nicht klar, wer ausser seiner Klientin noch einen Schlüssel zur Wohnung des Opfers hatte. Ausserdem habe das Opfer die Balkontüre bisweilen offen gelassen.
Eine Täterschaft hätte sich also auch über die offene Balkontüre in die Wohnung einschleichen können. Dass an der Fassade keine Spuren gefunden worden seien, bedeute nicht automatisch, dass diese Version unwahr sei.
Der Strafantrag der Staatsanwaltschaft ist noch nicht bekannt.
Urteil der ersten Instanz: 16 Jahre
Das Regionalgericht in Thun hatte die Frau in erster Instanz im Dezember 2022 nach einem Indizienprozess wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren verurteilt. Sie soll ihren Gatten, einen Interlakner Wirt, im Oktober 2020 umgebracht haben.
Laut Anklageschrift war es während Ferien des Paars zum Streit gekommen. Danach habe der Mann seine Frau weitgehend ignoriert. Am Tatabend soll sie zur Wohnung ihres Mannes gefahren sein. Als dieser nach Hause kam, soll ihn die Kampfsportlerin mit einem Baseballschläger angegriffen haben.
Das Opfer erlitt massive Schädelverletzungen. Der 61-jährige Mann müsse unglaubliche Schmerzen und einen langen Todeskampf ausgestanden haben, folgerte die Anklage aus dem Spurenbild in der Wohnung.
Das fünfköpfige Gericht kam zum Schluss, es gebe keine Zweifel an der Schuld der Frau. Zwölf Indizien fügten sich zu einem stimmigen Mosaik zusammen. Nebst der Freiheitsstrafe sprach das Gericht einen Landesverweis von zwölf Jahren gegen die Brasilianerin aus.
Die Frau betonte immer wieder, mit ihr sei die falsche Person vor Gericht gestanden. «Jemand hat meinen Mann umgebracht und ich stehe nun vor Gericht. Warum? Weil ich Brasilianerin bin, weil ich Boxerin bin, weil mein Mann 27 Jahre älter ist als ich?»
Die Beschuldigte hatte 2018 den Championtitel des weltgrössten Boxverbandes erobert, der World Boxing Association (WBA). Sie betrieb in Interlaken einen Boxkeller. Das Berner Obergericht will sein Urteil am kommenden Freitag verkünden.