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CH/Hörgerätebranche-Studie kritisiert Festbetrags-System

Bern (awp/sda) – Die Hörgeräte-Branche ortet die Gründe für die hohen Preise gemäss einer BAK-Studie nicht bei sich, sondern vor allem im Schweizer System mit festen hohen Pauschalen. So spiele der Wettbewerb nicht richtig und habe die Endkundschaft keinen Sparanreiz.
Die Ökonomen von BAKBASEL haben im Auftrag des Branchenverbandes «hörenschweiz» den Schweizer Hörgerätemarkt mit jenem in sechs europäischen Ländern verglichen. Ihre am Dienstag publizierte Studie attestiert der Schweiz qualitativ die beste Versorgung, sowohl für die IV- wie auch AHV-versicherte Kundschaft.
Sozialversicherungsbeiträge gibt es in der Schweiz für über 150 verschiedene Geräte, in Grossbritannien nur für 14. Und speziell die IV-Pauschalbeiträge seien sehr hoch. Die Schweiz habe denn auch eine der höchsten Hörgeräte-Tragequoten.
Gegen Überversorgung wirke eine Kostenbeteiligung der Endkundschaft – diese gibt es in der Schweiz nur für die AHV-Versicherten, nicht bei der IV. Da liege das Problem: Laut Studie sind die nur drei Stufen IV-Pauschalen für Hörgeräte «sowohl aus Kosten- als auch aus wettbewerblichen Gesichtspunkten sehr kritisch einzuschätzen».
Man bekomme für seine Hörbeeinträchtigungs-Stufe eine feste Summe, auch wenn je nach individueller Gerätewahl und Betreuung weniger genügte. Fixpauschalen schalteten den Wettbewerb aus, und auch der Kundschaft seien die Realkosten egal. – Die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) hatte dieses Fixpauschalen-System bereits 2007 kritisiert.
Dieses System könnte laut BAK das hohe Mengenwachstum erklären (2001-2005 +21% Fälle); primär deswegen seien die Hörgerätekosten in der Schweiz gestiegen. Die Studie verweist zudem auf die Entwicklung der Altersstruktur.
Nicht Mengen-senkend wirkt laut Studie der vom Bundesrat ins Auge gefasste zentralisierte Einkauf. In Grossbritannien und Dänemark, wo dieser praktiziert wird, sei die Neuversorgungsquote klar am höchsten.
Ein zentralisierter Einkauf könnte zwar Preise drücken und den Administrativaufwand senken. Mengenrabatte lägen aber laut BAK nur ‹drin, wenn die Auswahl der Geräte reduziert würde; das würde die Versorgungsqualität senken. – Insgesamt werden in der Schweiz für rund 70’000 Geräte im Jahr Beiträge von 121 Mio CHF geleistet.
Der Bundesrat will im Zuge der 6. IV-Revision bei den Hörgeräten den Markt wirken lassen, damit die Preise sinken. Dazu soll die IV die Beschaffung ausschreiben. Die Gesundheitskommission des Ständerates unterstützt dies; das Plenum berät das Thema nächsten Dienstag. Die Branche hingegen lehnt einen «Staatseinkauf» ab.
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) ringt seit Jahren mit der Branche um tiefere Preise; gestritten wird mit harten Bandagen. Auch der Preisüberwacher hatte überhöhte Preise kritisiert. Noch im Dezember hatte hörenschweiz von einem «harten Wettbewerb» geschrieben – die BAK-Studie weist nun auf Wettbewerbsdefizite hin.
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