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CH/Managed-Care-Modelle sind in der Bevölkerung wenig beliebt

Bern (awp/sda) – Nur 28% aller Stimmberechtigten in der Schweiz erwägen in der Krankenversicherung ein Managed-Care-Modell. Dies zeigt der Gesundheitsmonitor 2010″. Claude Longchamp von gfs.bern ortet deshalb «ein massives Problem» für die Politik.
«Hier ist eine riesige Lücke», sagte Longchamp am Donnerstag vor den Medien in Bern. Denn die Politik setze grosse Hoffnungen in Managed-Care-Modelle. Für deren Erfolg, also eine Senkung der Kosten im Gesundheitswesen, müsste die Zustimmung in der Bevölkerung «bei 60, 70, 80%» liegen.
Das Forschungsinstitut gfs.bern hat im Auftrag von Interpharma, dem Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, 1200 Stimmberechtigte aus der ganzen Schweiz befragt.
Erst 10% der Befragten sind in einem Managed-Care-Modell versichert. Weitere 18% könnten sich vorstellen, eine derartige Versicherungslösung zu wählen.
Und diese Befragten verbinden damit die Erwartung, dass die Prämien ihrer Krankenversicherung sinken. Die Politik jedoch – dies zeigte die bisherige Beratung im Nationalrat – wäre zufrieden, wenn die Prämien stabil blieben. Eine weitere Bedingung auf Seiten der Managed-Care-Willigen: Sie wollen ihren Hausarzt behalten.
Aber Managed Care – Longchamp bevorzugt den Begriff «Ärztenetzwerk» – beinhaltet den Verzicht auf eine freie Arzt- und Spitalwahl. Die gesamte Behandlung bei Hausärzten, Spezialisten, Labors, Spitälern usw. soll dabei von einer Stelle aus organisiert werden.
Ein klares «Nein» von 58% resultierte auf die Frage: «Kommt für Sie eine Versicherung in einem Managed-Care-Modell in Frage?» Am ehesten noch können sich die 30- bis 39-Jährigen (27%) dafür erwärmen, am wenigsten die 60- bis 69-Jährigen (11%).
Wer seinen Gesundheitszustand als gut bezeichnet, kann sich eher vorstellen, sich so versichern zu lassen. Für Longchamp ist klar: «Hier besteht ein massives Aufholthema für die nächste Zeit.»
Müssten die Stimmberechtigten über Sparmassnahmen bestimmen, würden sie den Hebel bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen ansetzen (63%). Generell sinkt seit 1997 die Bereitschaft, mehr Leistungen zu finanzieren. Dies gilt für Naturheilärzte ebenso wie für die Intensivmedizin oder die Medikamentenforschung.
Sympathie geniesst nach wie vor die Spitex. Ihr würde noch jede dritte befragte Person mehr Mittel zugestehen.
Marktwirtschaftlichen Druck wünscht man auf die Leistungserbringer. Die Bereitschaft, Generika zu akzeptieren, scheint gesättigt (73%). Dafür wird vermehrt gefordert, die Krankenversicherer sollen mit den Herstellern über Medikamentenpreise verhandeln (69%).
Der «Gesundheitsmonitor 2010» ergab ausserdem, dass die Apotheker zur Zeit den besten Ruf unter den Leistungserbringern hinsichtlich Kompetenz und Verantwortung geniessen. Zwei Drittel der Befragten finden aber, die Apotheker seien eher teure Zwischenhändler.
In der Reputation sind die Ärzte nach mehr als zehn Jahren auf Rang zwei gerutscht, dicht gefolgt von der Pharmaindustrie. Deutlich verloren haben Wissenschaft und Krankenkassen.

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