CH/Revision des Unfallversicherungsgesetzes gefährdet - Referendum zu erwarten
Bern (awp/sda) - Die Revision des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) ist gefährdet. Mit knappen Mehrheiten haben bürgerliche Vertreter in der zuständigen Nationalratskommission den UVG-Leistungsabbau gegenüber der Vorschlägen des Bundesrats verschärft. Die Linke droht deshalb mit einem Referendum.
Die in den letzten zwei Tagen von der Sozial- und Gesundheitskommission (SGK) des Nationalrats zu Ende beratene Revision des Unfallversicherungsgesetzes führt zu einem Leistungsabbau von 400 Mio CHF, wie SGK-Präsidentin Thérèse Meyer am Freitag vor den Medien sagte. Gleichzeitig würden die Anpassungen zu einer Prämien-Reduktion von 5% führen.
Die SGK ist in einigen Punkten deutlich über die Anträge des Bundesrats hinausgegangen. So sollen Menschen, die durch einen Unfall teilinvalide werden, künftig nur noch ab einem Invaliditätsgrad von 20% eine Rente der Unfallversicherung erhalten und nicht schon ab 10%. Der Bundesrat hatte von dieser Variante Abstand genommen, nachdem sie in der Vernehmlassung auf breite Ablehnung gestossen war.
Mit den von der SGK beschlossenen Verschärfungen ist die Vorlage akut gefährdet. Ähnliche Verschärfungen hatten bereits letztes Jahr beinahe zum Absturz der Vorlage geführt. Damals hatte die SGK ihrem Rat empfohlen, gar nicht erst auf die Vorlage einzutreten. Der Nationalrat entschied sich trotzdem für Eintreten, schickte die Vorlage aber in die Kommission zurück zur Überarbeitung.
Dass die Spannungen zwischen links und rechts auch nach der zweiten Kommissionsrunde nicht überwunden wurden zeigt eine Abstimmung der SGK exemplarisch. Die Kommission lehnte es mit 12 zu 11 Stimmen ab, dem Rat eine Empfehlung für Gesamtsabstimmung abzugeben.
Mit ihren Vorschlägen gefährde die bürgerliche Mehrheit ein "erfolgreiches und gut finanziertes System", sagte Christine Goll (SP/ZH). Obwohl nachweislich kein Sanierungsbedarf bestehe, wolle man die Leistungen abbauen. Setze sich die SGK-Version im Parlament durch, ergreife die Linke das Referendum.
Aus Sicht der Linken steht neben der Erhöhung des Mindestinvaliditätsgrads (Sparpotenzial von 90 Mio CHF) vor allem die Senkung des höchstversicherten Verdienstes in der Kritik.
Heute wird dieser so festgelegt, dass in der Regel mindestens 92%, aber nicht mehr als 96% der versicherten Arbeitnehmer zum vollen Verdienst versichert sind. Der Bundesrat will nun diese Werte auf 90, respektive 95% festlegen. Die SGK will gar nur 85/90%. Diese Variante würde zu 160 Mio Mindereinnahmen und 70 Mio Minderausgaben führen.
Das Gros der Entscheide hatte die SGK bereits Ende Januar getroffen. Die SGK hatte die Vorlage dabei in zahlreichen weitern Punkten verschärft.
So sollen die UVG-Leistungen auch bei Menschen eingeschränkt werden, die unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, welche objektiv nicht klar fassbar sind. Für diese Menschen soll der Mindestinvaliditätsgrad von 10 auf 40% erhöht werden. Weiter sollen die Voraussetzungen für UVG-Witwen- und Witwerrenten verschärft werden.
Wie der Bundesrat will die SGK Überversicherungen abbauen. Dazu sollen die UVG-Invalidenrenten beim Erreichen des AHV-Alters gekürzt werden. So will der Bundesrat verhindern, dass Rentner der Unfallversicherung nach der Pensionierung nicht besser fahren als jene, die bis zum Altersrücktritt arbeiten können.
uh