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CH/Ständerat gegen SP-Steuergerechtigkeits-Initiative

Bern (awp/sda) – Der Ständerat lehnt die Steuergerechtigkeits-Initiative der SP ab. Mit 30 zu 9 Stimmen empfiehlt die kleine Kammer den Schweizerinnen und Schweizern ein Nein in die Urne zu legen. Ein eingeschränkter Steuerwettbewerb führe bloss zu höheren Steuern für alle, fand die Mehrheit.
Die Mitte September 2006 als Wahllokomotive lancierte und im Mai 2008 eingereichte Initiative fordert minimale Grenzsteuersätze. Einkommensteile über 250’000 CHF sollen von Kanton und Gemeinde zusammen zu mindestens 22 Prozent besteuert werden; Vermögensteile über 2 Mio zu mindestens 5 Promillen.
Mit diesen Massnahmen will die SP dem “exzessiven Steuerwettbwerb in der Schweiz einen Riegel schieben”. Es gehe nicht darum, den Steuerwettbewerb abzuschaffen. Hingegen solle dort eingegriffen werden, wo er absurd werde, verteidigte Simonetta Sommaruga (SP/BE) das Anliegen.
Im Blick habe man die “reine Steueroptimierung” von Menschen mit steuerbaren Einkommen von über 250’000 CHF. Betroffen sei damit nur das oberste Segment der Steuerpflichtigen, also Menschen, die zwischen 300’000 und 400’000 CHF verdienen würden.
Kommissionssprecher Bruno Frick (CVP/SZ) bezeichnete die Vorlage hingegen als “Steuer-Erhöhungsprogramm”, das sich für grosse Teile des Mittelstands negativ auswirke. Man könne die Progression nicht erst bei 250’000 CHF einsetzen lassen. Deshalb würden bei Annahme der Vorlage auch steuerbare Einkommen zwischen 100’000 und 250’000 CHF eine Steuererhöhung erfahren.
Finanzminister Hans-Rudolf Merz wirft den Initianten in diesem Zusammenhang “Schlaumeierei” vor. Effektiv seien mit den in der Vorlage genannten Grenzsätzen nur 0,6 Prozent der Steuerpflichtigen direkt betroffen. Ändere man aber die Steuersätze für dieses Einkommenssegment, habe dies Auswirkungen aufs Gesamtsystem, warnte Merz.
Die Initiative führt nach Ansicht des Bundesrats und der bürgerlichen Ratsmehrheit ganz allgemein zu höheren Steuern. Der Steuerwettbewerb sei einer der Gründe für einen relativ schlanken und effizienten Staat, erklärte Frick. Werde er eingeschränkt, entfalle seine korrigierende Wirkung auf das Ausgabeverhalten von Kantonen und Gemeinden.
Der Steuerwettbewerb biete den Randgebieten auch die Chance, mit einer gezielten Steuerpolitik Standortnachteile gegenüber Zentrumskantonen wettzumachen.
Diesen Weg hat in den letzten Jahren auch der Kanton Obwalden beschritten. Seine vom Bundesgericht in der Zwischenzeit als verfassungswidrig verurteilten Steuersätze hatten die SP zur Initative bewogen.
Der Obwaldner Ständevertreter Hans Hess (FDP) stellte in Abrede, dass die offensive Steuerpolitik seines Kantons den anderen Kantonen geschadet habe. Jahrelang habe man Obwalden als “Steuerhölle” und “Subventions-Jäger” kritisiert. Dank der neuen Steuerpolitik zeichne sich ab, dass Obwalden im Neuen Finanzausgleich (NFA) bald von einem Nehmer- zu einem Geberkanton werde.
Für die Vertreter von FDP, CVP und SVP setzt der Finanzausgleich zwischen den Kantonen und dem Bund dem Steuerwettbewerb genügend Grenzen. Der NFA berücksichtigte die finanzielle Stärke der Kantone und schaffe so einen Ausgleich.
Die bürgerlichen Parteien warnten zudem davor, dass bei Annahme der Initiative bloss ein Abzugs-Wettbewerb drohe. Die Kantone würden alles versuchen, um auf diese Art gute Steuerzahlende in ihrem Gebiet zu halten.
Vergeblich argumentierte Simonetta Sommaruga, dass auch reiche Steuerzahlende den Wohnsitz nicht in erster Linie wegen des Steuersatzes wählten. Die Drohung, dass diese Leute einfach ins Ausland abwanderten, sei unglaubwürdig. Denn fast überall auf der Welt seien die Steuern höher als in der Schweiz, sagte sie.
Die Vorlage muss nun noch vom Nationalrat beraten werden.

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