DE/Schäuble gegen Resignation in der Schuldenkrise
MÜNCHEN (awp international) – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat angesichts der aktuellen Schuldenkrise vor Resignation gewarnt. «Wir haben keinen Grund, zu resignieren», sagte Schäuble am Dienstag beim internationalen Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant’Egidio in München. Er fügte hinzu: «Wir Menschen neigen dazu, alles zu übertreiben. Vielleicht sind wir auch jetzt in der Gefahr, selbst die Sorgen wegen dieser Krise zu übertreiben.» Und zu hoffen, man könne in einer Welt ohne Krisen leben, sei seit der Vertreibung aus dem Paradies eine Illusion. Schäuble rief allerdings dazu auf, das «europäische Modell» voranzubringen. Europa habe nicht nur eine Verantwortung für sich selbst, sondern für die ganze Welt, mahnte er.
Schäuble erklärte, angesichts der Globalisierung könnten die Nationalstaaten nicht mehr alles alleine regeln. Angesichts der Märkte, die grenzenlos geworden seien, brauche es globale Regeln. Es gebe aber niemanden, der solche Regeln so schnell setzen könne.
Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti sagte laut Übersetzung: «Die Währungen sind der Kontrolle der Staaten entronnen.» Die reale Wirtschaft werde von der Finanzwirtschaft kontrolliert. «Die Regeln fehlen oder sind noch zu schwach.» Zudem hätten die Regierungen in der Vergangenheit den «tragischen Fehler» gemacht, den Banken zu überlassen, die Regeln zu schreiben.
Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, sagte: «Die Finanzmärkte müssen gestaltet werden, dazu bedarf es grosser politischer Übereinkünfte.» Er forderte, die Finanzmärkte sollten das tun, wozu sie da seien, «nämlich den Menschen zu dienen und dem Gemeinwohl zu dienen». «Es wird immer Krisen geben», sagte auch Marx – aber man müsse versuchen, Krisen besser zu vermeiden. Er sprach sich unter anderem für eine Finanztransaktionssteuer aus.
Das Friedenstreffen wurde von der Gemeinschaft Sant’Egidio und dem Münchner Erzbistum veranstaltet. Mehrere hundert Religionsvertreter und Persönlichkeiten aus Politik und Kultur nahmen daran teil.
Marx und der Gründer der Sant’Egidio-Gemeinschaft, Andrea Riccardi, zogen zum Abschluss eine positive Bilanz. Es habe viele direkte Begegnungen von muslimischen Führern und arabischen Christen bei dem Treffen gegeben, berichtete Riccardi. Dies sei in deren Heimat schwierig, da habe München ein Forum bieten können.
Am Dienstagabend sollte das Treffen mit einer Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz enden, wo Religionsvertreter einen Friedensappell unterzeichnen wollten – mit der zentralen Botschaft, dass die Probleme des 21. Jahrhunderts nur gemeinsam gelöst werden könnten./ctt/ho/DP/bgf