Die blutsaugenden Zecken sind wieder aktiv
(Keystone-SDA) Die blutsaugenden Zecken liegen wieder auf der Lauer. Mit den wärmeren Temperaturen nehmen auch die Zeckenstiche zu. 2016 suchten gemäss neusten Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit 28’980 Menschen wegen eines Zeckenstichs einen Arzt auf, so viele wie nie zuvor.
In 201 Fällen erkrankten Menschen letztes Jahr in der Schweiz an der gefährlichen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Es handelt sich dabei um eine Viruserkrankung, die eine Hirnhautentzündung auslöst und die auch auf das Gehirn übergreifen kann. Durchschnittlich stirbt jedes Jahr ein Mensch in der Schweiz an der FSME.
Die einzige wirksame Massnahme gegen die Viruskrankheit ist eine Impfung. Sie wird Risikogruppen empfohlen. Dazu gehören in erster Linie Menschen, die sich in den bekannten Gebieten mit FSME-infizierten Zecken aufhalten und beispielsweise oft in den Wald gehen.
Infektion wird meist nicht bemerkt
Rund ein Prozent der Zecken in Naturherden tragen das FSME-Virus in sich. Bei der Mehrheit der von einer infizierten Zecke gestochenen Personen verläuft die Infektion unbemerkt, nur eine Minderheit erkrankt. Bei diesen kommt es nach dem Stich mit einer infizierten Zecke nach einigen Tagen bis wenigen Wochen zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen.
Bei den meisten Betroffenen ist damit die Erkrankung nach wenigen Tagen beendet. Bei 5 – 15 Prozent der erkrankten Menschen kann es aber nach weiteren vier bis sechs Tagen zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) kommen, die auch auf das Gehirn übergreifen kann.
Die damit einhergehenden Symptome sind Nackensteifheit, Bewusstseinstrübung und Lähmungen. Restbeschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisprobleme, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Schwindel können über Wochen und Monate andauern. Die Symptome bilden sich zwar in den meisten Fällen wieder zurück. Bei schweren Verlaufsformen können aber Restschäden bleiben oder die Erkrankung verläuft sogar tödlich.
Dabei sind die Zecken, die zu den Milben und damit zur Familie der Spinnentiere gehören, eigentlich winzig klein. Bis vier Millimeter gross wird ein Weibchen, wie Mark Wermelinger von der Forschungsstelle Wald, Schnee und Landschaft (WSL) erklärt.
150-faches Gewicht nach Blutmahlzeit
Nach einem Zeckenstich mit der nachfolgenden Blutmahlzeit kann die Zecke aber um bis zum 150-fachen an Gewicht zulegen. Das Entwicklungsstadium verläuft über drei Jahre. Es umfasst drei Häutungen, zunächst zur Larve, dann zur Nymphe und schliesslich zum Adulttier.
Ein Zeckenweibchen legt bis zu 3000 Eier. Allerdings erreichen die meisten davon nie das Fortpflanzungsalter. Todfeind der Tiere ist die Trockenheit. Sie können aber monatelang hungern und bei minimalem Energieaufwand auf einen Wirt lauern, beispielsweise auf ein vorbeistreifendes Wildtier oder eben einen Menschen.
Zecken kommen bis in eine Höhe von etwa 1500 Metern über Meer überall vor. «Früher herrschte die Meinung, dass sie auf Ästen lauern und sich dann fallen lassen, wenn jemand vorbeikommt», sagt Wermelinger. Diese Meinung ist aber längst überholt: Die Zecken lauern auch am Boden im Gras und auch in Hausgärten.
Die Hauptaktivität entwickeln sie während der Vegetationszeit vom März bis November. Im Sommer, wenn es häufig trocken ist, machen sie sich weniger bemerkbar. Dann halten sie sich vor allem am feuchten Boden auf.
Borreliose und weitere seltene Krankheiten
Neben FSME können Zecken auch Lyme-Borreliose oder die viel selteneren Krankheiten Ehrlichiosen und Rickettiosen überragen. Während FSME durch ein Virus ausgelöst wird, werden die anderen drei Krankheiten durch Bakterien verursacht.
Bei Borreliose ist ein roter Kreis um den Einstich ein Hinweis auf die Krankheit. Jedes Jahr gibt es laut BAG rund 10’000 neue Borreliose-Fälle. Je nach Region sind 5 bis 30 Prozent, an einigen Orten sogar bis zu 50 Prozent der Zecken mit dem Erreger Borrelia burgdorferi infiziert.
Sofern rechtzeitig erkannt, kann Borreliose mit Antibiotika behandelt und auch vollständig geheilt werden. Kürzlich haben Forschende herausgefunden, dass ein Gel auf der Basis des Antibiotikums Azithromycin eventuell helfen könnte, nach einem Zeckenstich die Entwicklung einer Lyme-Borreliose sogar zu verhindern.
Zu Präventionszwecken gegen Zeckenstiche gibt es seit Anfang 2015 auch eine App mit dem Namen «Zecke», die rund 5000 Mal heruntergeladen wurde. Das interaktive Hilfsmittel weist die Benutzer mit einer Gefahrenpotenzial-Karte der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften auf lokale Zeckenrisiken hin und informiert über den wirksamen Zeckenschutz. Die App erklärt auch das richtige Entfernen einer Zecke und verfügt über ein Zeckentagebuch.