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EUROKRISE/Berlusconi: Europa kann uns keine Lektion erteilen (Zus.)

ROM (awp international) – Italiens umstrittener Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die Schuldenschelte aus Brüssel zurückgewiesen. «Niemand innerhalb der EU kann den Partnern Lektionen erteilen», teilte er am Montagabend mit. Italien werde seinen Haushalt bis 2013 ausgleichen. Berlusconi traf am Abend mit seiner Regierungsmannschaft zu einer Krisensitzung zusammen, um Auswege aus der Schuldenkrise zu beraten.
Am Wochenende hatten Bundeskanzlerin Anmgela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy dem 75-Jährigen unmissverständlich klar gemacht: Italien muss bis zum EU-Gipfel am Mittwoch klare Perspektiven zu Wachstum und Sanierung aufzeigen.
Berlusconi betonte: «Niemand hat etwas zu befürchten von der drittgrössten europäischen Volkswirtschaft, von diesem ausserordentlichen Land, dem an der internationalen Kooperation ebenso viel liegt wie an seiner stolzen Unabhängigkeit.»
Die Sitzung begann mit über einer Stunde Verspätung. Wie italienische Medien berichteten, traf sich der italienische Regierungschef zuvor gesondert mit Wirtschaftsminister Giulio Tremonti und dem Chef der Koalitionspartei Lega Nord, Umberto Bossi. Erwartet wurde, dass Berlusconi in der ausserordentlichen Kabinettssitzung unter anderem eine Rentenreform ankündigt, die das Rentenalter in Italien auf die europaweit angestrebten 67 Jahre anhebt.
Aktuell liegt das Rentenalter in Italien im Öffentlichen Dienst für Männer bei 65, für Frauen bei 60 Jahren. Für Berlusconi ist das Thema ein heisses Eisen, da sein Koalitionspartner Lega Nord die Reform strikt ablehnt.
Der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte dazu in Brüssel, es handele sich nur um ein Element eines umfassendes Pakets zur Ankurbelung der Wirtschaft. «Wir brauchen Reformen», sagte er mit Blick auf Italien. Rom habe sich zu einer Reformagenda verpflichtet.
Das EU-Sorgenkind Italien sitzt auf einem Schuldenberg von etwa 1,9 billionen Euro. Das Land hat nach Griechenland gemessen am Bruttoinlandsprodukt den höchsten Schuldenstand der Eurozone. Berlusconi verabschiedete zwar in den vergangenen Monaten im Hauruck-Verfahren Sparmassnahmen von rund 100 Milliarden Euro. Analysten, Kritiker und nicht zuletzt auch die Ratingagenturen bemängeln aber fehlende strukturelle Reformen und die schlechten Wachstumsaussichten./krl/DP/he

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