Städte verzichten auf Public Viewing während Fussball-WM

(Keystone-SDA) Public Viewing auf Grossleinwänden wird in der Schweiz während der kommenden Fussball-WM in Katar kein Renner. Grosse öffentliche Anlässe mit Spielübertragungen sind bislang praktisch nirgends geplant. Einzige Ausnahme bildet Genf.
In den anderen grösseren Städten sind rund sechs Wochen vor der Weltmeisterschaft kaum Gesuche für Public Viewing eingereicht worden, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zeigt. Die Fussballbegeisterung hält sich in Grenzen – aus politischen Gründen, wegen der Kälte, des drohenden Energiemangels und Corona.
In der Stadt Zürich wurden zwar drei Gesuche von Privaten eingereicht – zwei davon wurden jedoch wieder zurückgezogen. Beim dritten Gesuch handelt es sich um ein einziges Fernsehgerät auf einer Terrasse eines Restaurants auf öffentlichem Grund.
Etwas Fussballfieber dürfte es dafür in Winterthur geben: Wie bei allen Weltmeister- und Europameisterschaften ist erneut eine «Winti Arena» in der Reithalle geplant. Im alten Busdepot an der Tösstalstrasse lädt der Verein Fussballkultur zum Public Viewing.
Keine Euphorie ebenfalls in der Stadt Bern: Dort gab es bislang ein einziges Gesuch für ein Public Viewing im öffentlichen Raum. Dieses wurde aber inzwischen wieder zurückgezogen.
Auch In Basel sind bis anhin weder Gesuche für Public Viewings auf öffentlichem Grund noch Gesuche für Gelegenheits- und Festwirtschaften auf privatem Grund eingegangen. Ebensowenig plane der Kanton eine solche Veranstaltung, hiess es beim Basler Bau- und Verkehrsdepartement auf Anfrage.
Auch in Luzern und St. Gallen gibt bisher keine Gesuche für grosse Veranstaltungen mit Spielübertragungen. Im Städtchen Sursee ist ein Public-Viewing in einem «Winter-Dörfli» auf dem Martignyplatz vorgesehen. Und in der Stadt St. Gallen wurden bisher nur zwei Gesuche bewilligt, in denen es um den Aussenbereich von Restaurants geht.
Sonderfall Genf
In der Westschweiz sieht es nicht viel anders aus. Einzige Ausnahme bildet Genf, wo auf dem Platz von Plainpalais eine Fanzone mit Grossleinwand und Zelten eingerichtet wird. Die Kritik hat sich in den letzten Wochen jedoch verschärft. Es wurde eine Petition gegen «diese Weltmeisterschaft der Schande» mit 300 Unterschriften beim Stadtrat eingereicht.
Diese Boykottaufrufe kommen jedoch zu spät. Die Stadt Genf hat ihre Entscheidung nicht rückgängig gemacht. Da die Ausschreibung für den Betrieb dieser Fanzone bereits 2017 stattgefunden hatte, müsste die Stadtverwaltung im Falle einer Annullierung rund zwei Millionen Franken Entschädigung an die Firma zahlen, die den Zuschlag erhalten hatte.
In Lausanne hingegen verzichtete die Stadtverwaltung auf die Einrichtung einer Fanzone, wie sie es seit 2008 für Euros und Weltmeisterschaften tut. Die Waadtländer Hauptstadt begründete ihre Entscheidung mit ökologischen Fragen, Menschenrechtsverletzungen und der Nichteinhaltung der Arbeitsbedingungen in Katar. Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Vevey. Sie hat die Einrichtung von Fanzonen sogar verboten.
Private Veranstalter
Einige Fanzonen dürften in der Romandie auf privater Basis entstehen. In Neuenburg zum Beispiel wird eine Fanzone mit 400 Plätzen auf dem Universitätsgelände von einer Privatperson organisiert, obwohl die Stadt darauf verzichtet hat, wie es bei der Stadtverwaltung heisst.
Dasselbe gilt für La Chaux-de-Fonds, wo private Akteure Überlegungen anstellen, einige Spiele zu übertragen, zum Beispiel während des Weihnachtsmarkts. «Die entsprechenden Bewilligungsgesuche müssen jedoch noch eingereicht werden», wie das Sicherheitsdepartement auf Anfrage mitteilt.
In Salavaux VD wollen Private ein grosses Zelt für die Fans aufstellen, während im Explorit-Zentrum in Yverdon VD eine Grossbildleinwand installiert werden soll, wie «24 heures» berichtet.
Sitten hat noch nie eine Fanzone eingerichtet, sondern überlässt es den öffentlichen Einrichtungen, grosse Sportereignisse zu organisieren, wie es bei der Stadt heisst.
Sportbars und Home Office
Gezeigt werden die Spiele vielerorts sicher in den zahlreichen Sportsbars, die das ganze Jahr über Sportveranstaltungen live übertragen. Allgemein gehen Beobachter jedoch davon aus, dass viele Leute die WM-Spiele in den eigenen vier Wänden schauen werden – zum Beispiel im Home Office.
Denn einige Spiele finden ohnehin tagsüber statt. Der erste Schweizer Match gegen Kamerun zum Beispiel wird um 11 Uhr angepfiffen – am 24. November.