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TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT

Bern (awp/sda) – Freitag, 16. Juli
THURELLA IN DER KRISE: Der Obst- und Gemüsesaft-Hersteller Thurella streicht fast jeden zweiten Arbeitsplatz. Im zürcherischen Eglisau und im thurgauischen Egnach gehen bis Ende Jahr rund 100 von gegenwärtig insgesamt 220 Stellen verloren. Der Abbau ist Folge einer Fokussierung: Die angeschlagene Thurella konzentriert sich künftig auf die Marke Biotta sowie die Herstellung und Vermarktung von Grundstoffen für Obst- und Gemüsesäfte. Die Marken Obi und Rittergold sollen weiter betrieben werden – es würden sämtliche Optionen geprüft. Thurella musste im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von 57,2 Mio. Fr. hinnehmen. Der Umsatz war 2009 um 11,4 Prozent auf 168,5 Mio. Fr. eingebrochen.
HÖHERE RÜCKSTELLUNGEN: Die Banksparte des Finanzkonzerns Zurich Financial Services (ZFS) muss wegen der Wirtschaftskrise auf den britischen Inseln über die Bücher: Sie erhöht ihre Rückstellungen für Ausfälle auf Immobiliendarlehen in den beiden Ländern um insgesamt 330 Mio. Dollar. Sie werden im ersten Halbjahr 2010 verbucht. Die Verschlechterung der Immobilienmärkte in Grossbritannien und Irland machten diesen Schritt nötig, hiess es. Insgesamt verfügt ZFS jetzt über Rückstellungen auf der Hälfte des Werts der irischen Darlehen.
MEHR INSERATE: Die Schweizer Presse hat im Juni, begünstigt von der Fussball-WM, die Inserateeinnahmen um 15,3 Prozent gesteigert. Das Volumen belief sich auf 143,7 Mio. Franken, wie die WEMF AG für Werbemedienforschung mitteilte. Dank der Zunahme im abgelaufenen Monat liegen die Inserateeinnahmen im ganzen ersten Semester leicht über dem Vorjahr: Mit 807,7 Mio. Fr. beträgt die Zunahme 0,5 Prozent oder 4 Mio. Franken. Im März waren die Inserateeinnahmen erstmals seit fast zwei Jahren wieder gestiegen.
GEWINNRÜCKGANG BEI ZUGER KB: Angesichts des tiefen Zinsniveaus hat die Zuger Kantonalbank im ersten Halbjahr 2010 weniger verdient. Der Reingewinn sank um 5,2 Prozent auf 30,3 Mio. Franken. Die Kundenausleihungen erhöhten sich in den ersten sechs Monaten um 4,7 Prozent auf 9,1 Mrd. Franken. Darin enthalten sind die Hypothekarforderungen, welche um 4,3 Prozent auf 8,4 Mrd. Fr. anstiegen. Die Bank habe ihre Kreditpolitik dennoch nicht verändert, betonte sie. Im Zinsgeschäft, der mit Abstand wichtigsten Ertragsquelle der Bank, sank der Erfolg um 3,7 Prozent auf 78,4 Mio. Franken.
WTG WÄCHST KRÄFTIG: Die Schleifscheiben-Produzentin Winterthur Technologie profitiert von der raschen Erholung der Weltwirtschaft. Das Zuger Unternehmen steigerte den Umsatz im ersten Halbjahr 2010 um 30 Prozent auf 84 Mio. Euro. Der Auftragseingang erhöhte sich gar um 73 Prozent. Vor allem im Asien konnte Winterthur Technologie mehr umsetzen.
INFRANOR INTER SPART: Die auf Antriebstechnologie spezialisierte Infranor Inter hat sich im Geschäftsjahr 2009/10 beinahe wieder in die schwarzen Zahlen vorarbeiten können. Unter dem Strich blieb ein kleiner Verlust von 0,1 Mio. Fr. nach einem Minus von 9,3 Mio. Fr. im Vorjahr. Die Verbesserung kam trotz eines weiteren kräftigen Umsatzrückgangs zustande: Die Verkäufe sanken per Ende April um 28 Prozent.
SIX-UNTERSUCHUNG GEGEN GNR: Die in Agrar- und Energieprojekten tätige Global Natural Resources (GNR) ist wieder im Visier der Schweizer Börse. Die SIX hat eine Untersuchung eröffnet, weil das Unternehmen möglicherweise Meldepflichten verletzt hat. Die Untersuchung steht im Zusammenhang mit der verspäteten Veröffentlichung und Einreichung des Geschäftsberichts für das Jahr 2009. Die Schweizer Börse hatte dem sanierungsbedürftigen Unternehmen bereits im Frühling erlaubt, das Jahresergebnis 2009 mit Verspätung zu veröffentlichen.
NICHT VOREINGENOMMEN: Zwei Mitarbeiter der Eidg. Finanzmarktaufsicht (FINMA) müssen im Verfahren gegen die Bank am Bellevue nicht in den Ausstand treten. Das Bundesverwaltungsgericht sieht trotz Mängeln in der Verfahrensführung keine Hinweise auf Voreingenommenheit. Der Entscheid kann noch beim Bundesgericht angefochten werden.
ETAPPENSIEG FÜR LINDT: Im Markenschutz-Streit um den Schoggi-“Goldhasen” hat Lindt & Sprüngli einen Etappensieg errungen: Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hob eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt auf. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Lindt wirft der bayerischen Confiserie Riegelein vor, einen allzu ähnlichen Goldhasen im Angebot zu haben und damit das Markenrecht zu verletzen. Das Berufungsgericht hatte – wie schon in der ersten Verhandlung – befunden, es gebe keine Verwechslungsgefahr zwischen den Schokoladenhasen.
ABB ERHÄLT WINDENERGIE-AUFTRAG: ABB hat den grössten Auftrag für Stromübertragung in seiner Unternehmensgeschichte erhalten. Der Industriekonzern wird für rund 700 Mio. Dollar drei Windparks vor der Küste Deutschlands mit dem Stromnetz verbinden. Borkum West II und die beiden anderen Windparks verfügen zusammen über eine Leistung von 800 Megawatt (MW). Die Energie wird über eine Strecke von insgesamt 165 Kilometern unter Wasser und unterirdisch geleitet.
MEHR GEWINN DANK STEUERSENKUNG: Dank einer Steuersenkung im Kanton Aargau hat die Energiedienst Holding ihren Gewinn im ersten Halbjahr 2010 auf 46,5 Mio. Euro. gesteigert. Im Vorjahr hatte der Konzern noch 36,9 Mio. Euro verdient. Die Gesamtleistung des in der Schweiz und Südbaden tätigen Unternehmens stieg um 6 Prozent auf 413,2 Mio. Euro.
GOLDMAN SACHS ZAHLT REKORDSTRAFE: Goldman Sachs greift tief in die Tasche, um die Betrugsklage der Börsenaufsicht SEC aus der Welt zu schaffen. Die US-Investmentbank gab zu, Anleger unzureichend informiert zu haben, und zahlt eine Rekordstrafe von 550 Mio. Dollar. 300 Mio. Dollar erhält das Finanzministerium. Der Rest geht an die geschädigten Anleger: 150 Mio. Dollar bekommt die deutsche Förderbank KfW; 100 Mio. Dollar gehen an die Royal Bank of Scotland. Goldman hatte 2007 einen verbrieften Hypothekenkredit (CDO) aufgelegt. Mit dem Platzen der US-Immobilienblase verloren die Papiere wenig später massiv an Wert.
GEWINNEINBRUCH BEI CITIGROUP: Die Citigroup hat im zweiten Quartal einen Gewinneinbruch erlitten. Unterm Strich verdiente das Institut 2,7 Mrd. Dollar nach 4,3 Mrd. Dollar im Vorjahreszeitraum. Niedrigere Einnahmen, vor allem im Investmentbanking, drückten auf den Gewinn. Auch die zum Verkauf stehenden Geschäftsbereiche trugen deutlich weniger bei als noch im ersten Quartal. Insgesamt gingen die Erträge auf 22,1 Mrd. Dollar zurück, von 33,1 Mrd. Dollar im Vorjahr. Niedrigere Ausgaben für faule Kredite konnten das nicht wettmachen. Die Citigroup gilt als einer der grossen Verlierer der Finanzkrise. Zuletzt fand die US-Bank Abnehmer für das Private-Equity-Geschäft. Die Autokreditsparte wurde Ende Juni an die spanische Banco Santander verkauft.
BANK OF AMERICA AUF ERHOLUNGSKURS: Im zweiten Quartal hat die Bank of America dank geringerer Kosten für die Staatshilfen mehr als vor einem Jahr verdient. Unterm Strich und nach Vorzugsdividenden nahm das Institut 2,8 Mrd. Dollar ein nach 2,4 Mrd. Dollar im Vorjahr. Die Bank of America mache Fortschritte beim Verkauf von Unternehmensteilen, sagte Vorstandschef Brian Moynihan. Sein Institut habe die Kapitalbasis durch einbehaltene Gewinne gestärkt, ausserdem habe sich die Kreditqualität schneller verbessert als erwartet. Die Ausgaben für faule Kredite seien gesunken.
GRÖSSERE RESERVEN: Banken sollen künftig weltweit in guten Zeiten Kapitalpuffer aufbauen, um für eine neue Finanzkrise gewappnet zu sein. Der Basler Ausschuss der wichtigsten Bankenaufseher und Notenbanken unterbreitete einen entsprechenden Vorschlag. Die Reserve soll aufgebaut werden müssen, wenn die nationalen Bankenaufsichtsbehörden feststellen, dass ein übertriebenes Kreditwachstum mit einem drohenden Systemrisiko einhergeht. Zum Umfang des Puffers äusserte sich der Ausschuss ebenso wenig wie zur künftigen Höhe des Eigenkapitals, das die Banken vorhalten müssen. Die Chefs der Zentralbanken und der Aufsichtsbehörden, die das Gremium überwachen, sollen noch in diesem Monat über die Vorschläge beraten.
GOOGLE ENTTÄUSCHT: Google profitiert von der Erholung der Weltwirtschaft und den aufblühenden Werbemärkten. Erstmals seit zwei Jahren hat der weltgrösste Suchmaschinenbetreiber die Erwartungen von Analysten an das Gewinnwachstum aber nicht erfüllen können. Der Umsatz kletterte im zweiten Quartal um satte 23 Prozent auf 6,8 Mrd. Dollar. Im gleichen Mass stieg der Gewinn auf 1,8 Mrd. Dollar. Google hat auf seinem Wachstumskurs mehr Mitarbeiter eingestellt (die Zahl stieg von 20’600 auf 21’800) und mehr Geld in neue Produkte und die Vermarktung gesteckt. Das schmälerte das Ergebnis.
GENERAL ELECTRIC NIMMT FAHRT AUF: General Electric scheint in der Wirtschaftskrise das Schlimmste überstanden zu haben. Der US-Mischkonzern konnte die Rückgänge im Industriegeschäft eindämmen und die gestrauchelte Finanzsparte wieder auf Kurs bringen. Der Umsatz ging nur noch um 4 Prozent auf 37,4 Mrd. Dollar zurück. Dank Einsparungen und der Wende in der Finanzsparte kletterte der Gewinn um 16 Prozent auf unter dem Strich 3,1 Mrd. Dollar.
GEWINNSPRUNG BEI DAIMLER: Der deutsche Autohersteller Daimler hat im zweiten Quartal wieder einen Milliarden-Gewinn eingefahren. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) legte auf 2,1 Mrd. Euro zu. Im Vorjahr gab es einen Fehlbetrag von einer Milliarde Euro. Den vorläufigen Zahlen zufolge steuerte die Personenwagensparte Mercedes-Benz Cars aufgrund des starken Absatzes vor allem in China und den USA knapp 1,4 Milliarden Euro bei. Der Umsatz des Konzerns stieg kräftig von 19,6 Mrd. Euro im von der Krise geprägten Vorjahreszeitraum auf nun 25,1 Mrd. Euro.
SONY ERICSSON WIEDER MIT GEWINN: Der Handy-Hersteller Sony Ericsson hat im zweiten Quartal 2010 dank höherer Stückpreise wieder schwarze Zahlen geschrieben. Unter dem Strich blieb ein schmaler Gewinn von 12 Mio. Euro nach einem Verlust von 213 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Die Verkäufe des japanisch-schwedischen Gemeinschaftsunternehmens von Sony und LM Ericsson legten auf 1,757 Mrd. Euro zu, verglichen mit 1,684 Mrd. Euro im Vorjahr.
SPENDABLER MICROSOFT-MITGRÜNDER: Microsoft-Mitgründer Paul Allen will nach seinem Tod den Grossteil seines Besitzes für wohltätige Zwecke stiften. Der überwiegende Teil seines Vermögens von schätzungsweise 13,5 Mrd. Dollar solle für “philanthropische” Zwecke verwendet werden, teilte Allens Familienstiftung mit. Beim 57-jährigen Allen war vergangenes Jahr eine Krebserkrankung diagnostiziert worden. Er hat in der Vergangenheit schon hunderte Millionen Dollar gespendet. Heute gehören dem Milliardär, der laut “Forbes”-Rangliste zu den 40 reichsten Männern der Erde zählt, unter anderem das American-Football-Team Seattle Seahawks und die Basketball-Mannschaft Portland Trail Blazers.

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