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TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT

Bern (awp/sda) – Donnerstag, 16. Juni
NATIONALBANK BELÄSST LEITZINS: Die SNB hält an ihrer expansiven Geldpolitik fest und hat das Zielband für den Dreimonats-Libor unverändert auf 0 bis 0,75 Prozent belassen. Sie strebt weiterhin einen Wert des Libors von 0,25 Prozent an. Letztmals hatte die SNB die Leitzinsen Anfang 2009 angepasst. Angesichts des starken Frankens sahen die Währungshüter erwartungsgemäss keine Möglichkeit an der Zinsschraube zu drehen. Eine Leitzinserhöhung hätte den Kurs des Frankens weiter angeheizt. Für das laufende Jahr rechnet die SNB weiter mit einem realen Wirtschaftswachstum von rund 2 Prozent und einer Inflation von 0,9 Prozent. Für 2012 prognostiziert die SNB eine Inflation von 1,0 Prozent und 2013 von 1,7 Prozent. Ein Risiko ist laut der SNB die Überhitzungsgefahr im Immobiliensektor. Diese explizite Erwähnung des Immobilienmarktes kann als Hinweis auf den Ernst der Lage interpretiert werden. Laut Vize-Präsident Thomas Jordan haben SNB und FINMA bereits erste Schritte unternommen und die Beobachtung des Hypothekarmarktes verstärkt.
SCHWEIZER INDUSTRIE SOLIDE: Die Schweizer Industrie ist im ersten Quartal 2011 erneut gewachsen. Der Umsatz nahm um 3,4 Prozent zu. Die Auftragseingänge stiegen gegenüber der Vorjahresperiode um 4,4 Prozent an, wie das Bundesamt für Statistik am Donnerstag mitteilte. Der Anstieg ist allerdings weniger stark als von Ökonomen vorausgesagt. Diese hatten im Schnitt ein Plus von sechs Prozent erwartet. Massgeblichen Anteil am Umsatzplus hat das Exportgeschäft, welches trotz Frankenstärke um 4,5 Prozent wuchs. Unter den Branchen legte der Fahrzeugbau mit 15,3 Prozent am stärksten zu, während die chemische Industrie einen Umsatzrückgang von 7,3 Prozent verzeichnete.
VERDACHT AUF INSIDERHANDEL: Vor dem Übernahmeangebot von Meyer Burger für den deutschen Solarkonzern Roth & Rau könnten sich Firmeninsider nach dem Verdacht der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unerlaubt mit Aktien eingedeckt haben. Die BaFin habe eine förmliche Untersuchung wegen des Verdachts des Insiderhandels in Aktien von Roth & Rau eingeleitet, hiess es am Donnerstag. Die Aktie hatte bereits Tage vor der Offerte von Meyer Burger im April kräftig angezogen. Möglicherweise war die Information vorher durchgesickert. Wenn sich der Verdacht erhärtet, wird höchstwahrscheinlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
360’000 KUNDEN VON HACKERANGRIFF BETROFFEN: Hacker haben bei ihrem Angriff auf die US-Bank Citigroup die Daten von rund 360’000 Kunden abgegriffen und damit fast doppelt so viele wie bislang bekannt. Die Hacker hätten Namen, Kontonummern und weitere Daten wie E-Mail-Adressen ausgespäht, teilte die Citigroup mit. Zuvor sprach die Bank von 210’000 betroffenen Kunden. Laut Citigroup hatten die Hacker keinen Zugriff auf Sozialversicherungsnummern und Geburtsdaten der Kunden sowie auf Ablaufdaten und Sicherheitsnummern der Karten. Die Bank schloss aber nicht aus, dass die Hacker illegal Geld von den Kreditkartenkonten abhoben.
ERMITTLUNGEN GEGEN BANKCHEF: Gegen den Chef der spanischen Grossbank Banco Santander, Emilio Botin, und mehrere Verwandte wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Der Oberste Gerichtshof in Madrid erklärte am Donnerstag, einem entsprechenden Antrag der Antikorruptionsabteilung bei der Staatsanwaltschaft werde stattgegeben. Bei den Ermittlungen geht es den Angaben des Gerichts zufolge um die Steuererklärungen für die Jahre von 2005 bis 2009. Die französischen Steuerbehörden hatten Spanien im Mai 2010 darüber informiert, dass der Bankier und seine Angehörigen auf einer Liste von Kunden einer Schweizer Bank standen, die ihre Guthaben nicht deklariert haben sollen.
GRIECHENLAND-RETTUNG IN ZWEI ETAPPEN: Alarmiert durch die politische Krise in Athen will die EU die Griechenland-Rettung auf zwei Etappen strecken. Er erwarte auf einem Eurogruppen-Sondertreffen am Sonntag grünes Licht für die nächste Tranche an Notkrediten, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Ein zweites Rettungspaket für Athen müsse dann auf dem nächsten Treffen der Finanzminister am 11. Juli beschlossen werden, damit ein Pleite-Szenario verhindert werden könne. Die Freigabe der fünften Tranche aus dem Rettungspaket werde die Zahlungsfähigkeit Griechenlands zunächst bis zum September garantieren. Anfang Juli müssen dann neue Notkredite von bis zu 120 Mrd. Euro auf den Weg gebracht werden. Noch muss der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Etappenmodell zustimmen. Der IWF kann seinen Teil an der nächsten Tranche nur dann überweisen, wenn er die Finanzierung Griechenlands für das kommende Jahr gesichert sieht.
SCHLECHTER BÖRSENSTART FÜR SAMSONITE: Samsonite hat mit seinem Börsendebüt ein Debakel erlebt: Der Aktienkurs des weltgrössten Kofferherstellers rutschte am ersten Handelstag in Hongkong um bis zu elf Prozent ab. Damit bekam das Unternehmen am Donnerstag die derzeit schlechte Investorenstimmung voll zu spüren. Bei Samsonite war die Nachfrage bereits vor dem Start sehr mässig. Die Titel wurden zu je 14.50 Hongkong-Dollar (1.58 Franken) ausgegeben. Das war das untere Ende der Preisspanne.
INFLATION IN DER EUROZONE FÄLLT: Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist im Mai erstmals seit knapp einem Jahr gefallen, bleibt aber hoch. Die Konsumentenpreise stiegen nur noch um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Im April hatte es mit 2,8 Prozent noch den stärksten Anstieg seit zweieinhalb Jahren gegeben. Trotz des ersten Rückgangs seit August 2010 blieb die Teuerungsrate im Mai deutlich über der Marke von zwei Prozent, bis zu der die Europäische Zentralbank (EZB) von stabilen Preisen spricht. Um die Inflation einzudämmen, hat sie für Juli eine Zinserhöhung signalisiert.

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