TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT
Bern (awp/sda) – Mittwoch, 23. Dezember
FIRMEN PRODUKTIVER: Die Schweizer Wirtschaft ist im dritten Quartal wieder produktiver geworden. Das ist Einsparungen beim Personal zu verdanken; es gab aber auch wieder mehr zu tun. Die Folge: Weniger Leute mussten mehr leisten. Die Produktivität stieg im Vergleich zum Vorquartal um 0,5 Prozent. Der von BAK Basel Economics im Auftrag der Nachrichtenagentur SDA berechnete Stundenproduktivitätsindex erreichte den Stand von 117,9 Punkten. Bereits im zweiten Quartal war ein Plus von 0,4 Prozent verzeichnet worden. Erstmals seit dem dritten Quartal 2008 konnte auch die gesamtwirtschaftliche Produktion im Vergleich zum Vorquartal wieder ausgeweitet werden. Trotz Erholungstendenzen ist die Schweizer Wirtschaft aber noch weit von der Normalität entfernt, wie der Jahresvergleich zeigt. So lag das Arbeitsvolumen im dritten Quartal noch um beachtliche 1,1 Prozent unter dem Wert des Vorjahrs.
MEHR KONKURSE: Zwischen Januar und November sind in der Schweiz 4583 Firmen Konkurs gegangen – ein Viertel mehr als im Vorjahr. Die Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet spricht von einem Rekord-Pleitenjahr. Allerdings wurden in den ersten elf Monaten des Jahres auch 31’704 Unternehmen gegründet. Das sind moderate 5,1 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2008, was Dun & Bradstreet wie die Konkurswelle auf die Krise zurückführt. Übel erwischt hat es Holding- und Investmentgesellschaften, wo es mehr als doppelt soviele Pleiten gab wie 2008. Am meisten gestrauchelte Firmen gab es in der Zentralschweiz: Dort nahmen die Konkurse im 54 Prozent zu, während das Tessin 41 Prozent mehr Pleiten verbucht.
AUSKUNFTSDIENST EINGESTELLT: Die Swisscom stellt die Vermittlung von Anrufen auf Handys («Connect 1811») nach nur einem Jahr wieder ein. Sie begründet den Schritt mit dem Schutz der Privatsphäre ihrer Kunden. Hintergrund ist die revidierte Fernmeldedienst-Verordnung, die am 1. Januar 2010 in Kraft tritt. Damit wäre die Swisscom verpflichten, Kundendaten an Drittanbieter weiterzugeben. Davon betroffen wären Kunden, die nicht im öffentlichen Telefonverzeichnis eingetragen sind und der Weitergabe ihrer Daten nicht zugestimmt haben.
NOVARTIS KAUFT PRODUKTE-HOFFNUNG: Novartis hat sich mit der Akquisition des US-Biopharma-Unternehmens Corthera die weltweiten Rechte am Herzmittelkandidaten Relaxin gesichert. Das Medikament steht in klinischen Phase-III-Studien. Für die Übernahme zahlt Novartis bis zu 620 Mio. Dollar. Zunächst zahlt Novartis 120 Mio. Dollar. Zudem seien die Corthera-Aktionäre zu zusätzlichen Meilenstein-Zahlungen von insgesamt bis zu 500 Mio. Dollar berechtigt, teilte Novartis mit. Der Basler Pharmakonzern will 2013 Zulassungsanträge für Relaxin in den USA und Europa einreichen.
STREIT BEIGELEGT: Der Patentstreit des Pharmakonzerns Roche mit seinem US-Konkurrenten Amgen ist beendet. In einer Gerichtsvereinbarung räumte Roche ein, dass sein Medikament Mircera Patente von Amgen verletzt. Im Gegenzug kann Roche das Produkt in den USA eingeschränkt verkaufen. Die Lizenzvereinbarung gelte ab Mitte 2014, heisst es in der Mitteilung von Amgen. Die Einigung vor dem Distriktsgericht (US District Court) im US-Bundesstaat Massachusetts beinhalte keine finanziellen Zahlungen. Mircera dient der Behandlung von Blutarmut bei Krebs.
NESTLÉ GEGEN MUGABE: Der Lebensmittelkonzern Nestlé hat seine Fabrik in Simbabwe vorübergehend stillgelegt. Erpressungsversuche der Behörden machten einen normalen Betrieb unmöglich, gab Nestlé bekannt. Anfang Oktober hatte die Milchpulver-Fabrik ihre Zusammenarbeit mit einem Landgut beendet, welches nach Medienberichten der Gattin des umstrittenen Präsidenten Robert Mugabe gehört. Offenbar ist der Entourage von Mugabe die Entscheidung der Nestlé-Niederlassung sauer aufgestossen: Seit Oktober werde das Unternehmen unter Druck gesetzt, Milch von bestimmten Farmen zu beziehen, bestätigte eine Sprecherin von Nestlé auf Anfrage eine Information der «Neuen Zürcher Zeitung».
VOLVO WIRD CHINESISCH: Nach der Saab-Technik kommt nun auch die Ford-Tochter Volvo in chinesische Hände. Geely, das grösste Privatunternehmen der Branche in der Volksrepublik, schnappte sich die schwedische Traditionsmarke. Volvo wechselt den Besitzer im zweiten Quartal 2010. Im ersten Quartal sei der endgültige Vertragsabschluss geplant, kündigte Ford nach der Einigung über letzte Streitfragen vor allem bei Patenten an. Der US-Konzern will sich vollständig aus der vor zehn Jahren eingekauften Tochter zurückziehen. Die Geschäftspartner gaben zunächst keinen Preis bekannt, in Verhandlungskreisen war jedoch von 1,8 Mrd. bis 2 Mrd. Dollar die Rede. Ford hatte ursprünglich 6,5 Mrd. Dollar bezahlt, kann die Mittel jetzt aber gut für den Schuldenabbau gebrauchen. Volvo produzierte 2008 mit 20’000 Beschäftigten knapp 375’000 Fahrzuge.
VIEL SCHWARZGELD FÜR ITALIEN: Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti wertet die Steueramnestie als Erfolg. Seine Landsleute hätten bisher Schwarzgeld in der Höhe von mindestens 80 Milliarden Euro aus dem Ausland abgezogen und legalisiert. Gleichzeitig verteidigte Tremonti die Verlängerung der Frist zur Rückführung von im Ausland deponierten Vermögenswerten bis zum 30. April 2010. Die Verlängerung sei wegen Überlastung der Dienststellen notwendig geworden. Durch die Verlängerung des «Scudo fiscale», der ursprünglich am 15. Dezember hätten enden sollen, erhofft sich Rom eine weitere Rückkehr von Kapital im Umfang von 30 Mrd. Euro. Gemäss der Wirtschaftszeitung «il sole 24 ore» wurde die Mehrheit der Vermögenswerte bisher aus der Schweiz zurückgeführt.
CHINA KONTROLLIERT KREDITVERGABE: Die chinesische Notenbank will die Kreditvergabe der Banken stärker kontrollieren. Dabei sollen Kredite hin zu zukunftsträchtigen Projekten etwa bei erneuerbaren Energien gelenkt werden, teilte die Zentralbank mit. «Wir werden die Finanzierung von Energieverschmutzern und stark energieabhängigen Branchen strikt regulieren, ebenso die Kreditvergabe an Sektoren mit hohen Überkapazitäten und an neue Projekte», erklärten die Währungshüter. Zugleich kündigten sie an, an einer «angemessen lockeren» Geldpolitik festzuhalten. Experten sehen das als Anzeichen dafür, dass die Währungshüter die Zügel im Laufe des kommenden Jahres wieder etwas anziehen könnten.
CHINESISCHE RETOURKUTSCHE: China hat Strafzölle auf Schrauben und Unterlegscheiben aus EU-Ländern verhängt. Die Regierung in Peking begründete den Schritt damit, dass chinesische Hersteller von Dumpingpreisen aus Europa betroffen seien. Die EU hatte im vorigen Jahr Einfuhrgebühren auf Schrauben aus China verhängt.