«Don’t Stop Me Now»: Freddie Mercury und Montreux

Tausende Fans strömen jedes Jahr in die Westschweizer Stadt Montreux am Genfersee, angelockt von einer ständig wachsenden Zahl an Attraktionen rund um Freddie Mercury, die an das bunte Leben des Superstars erinnern. Der Leadsänger der Rockband Queen starb 1991, aber sein Einfluss auf die Stadt scheint im Lauf der Jahre immer stärker geworden zu sein.
Montreux war Freddie Mercurys friedlicher Ort, an dem er ungestört von Fans und Paparazzi durch die Strassen spazieren konnte. Sechs Alben hat er mit seiner Band Queen hier in den Mountain Studios aufgenommen, darunter Hits wie «Under Pressure» mit David Bowie.
Die Band kaufte das Studio 1979. Später hat es der Mercury Phoenix TrustExterner Link, der kurz nach Mercurys Tod gegründet wurde, um den Kampf gegen HIV/Aids zu unterstützen, als Museum wiederbelebtExterner Link.
Bei freiem Eintritt können Besucherinnen und Besucher unter anderem originale Queen-Instrumente, die Kleidung des extravaganten Leadsängers und das Mischpult der Band bewundern.
Der Freddie-Champion
Ein Mann trägt ganz besonders dazu bei, dass Mercury in Montreux nicht in Vergessenheit gerät. Lucien Muller organisiert die Freddie ToursExterner Link und die Freddie DaysExterner Link, die jedes Jahr im September stattfinden und vier Tage lang Musik von Tribute-Bands, Vorträge, Bootsfahrten und eine Disco bieten.
Die Veranstaltung ins Leben gerufen hat sein Vater Norbert Muller zu Beginn des Jahrhunderts. Nach dessen plötzlichem Tod 2024 nahm Lucien die Zügel in der Hand. Sein Engagement für die Bewahrung des Mercury-Erbes ist ebenso eine Hommage an seinen Vater wie an die Band.

«Die Veranstaltung ist kostenlos, und das soll auch so bleiben», sagt Muller. «Sie wird von Freiwilligen organisiert, und wir bitten die Bands, als Tribut an Freddie umsonst zu spielen.»
Die Veranstaltungen boomten nach 2018, als der Film «Bohemian Rhapsody»Externer Link veröffentlicht wurde, der die Musik von Queen einer neuen Generation näherbrachte. Der Film wurde zum erfolgreichsten Musik-Biopic aller Zeiten und gewann vier Oscars, darunter den Oscar als bester Hauptdarsteller für Rami Malek in der Rolle MercurysExterner Link.
Der Dominoeffekt für die Freddie Days sei riesig, sagt Muller. «Für die Ausgabe im September 2019 haben wir wirklich einen enormen Boom erlebt. Die Besucherzahlen haben sich locker vervierfacht. Und seitdem wächst es immer weiter.»
Muller schätzt die Zahl der Besucherinnen und Besucher im Jahr 2024 auf 16’000. Offizielle Zahlen von Montreux Tourismus gibt es allerdings nicht. Die Veranstaltung feiert dieses Jahr bereits ihr 20-jähriges Bestehen.
Sie wollen alles
Muller begann mit den Freddie Tours vor fünf Jahren während der Covid-19-Pandemie. Die Touren wurden so beliebt, dass er seinen Job als Webentwickler in einer von ihm gegründeten Firma aufgeben konnte, um sich ganz auf die Organisation von Mercury-Veranstaltungen zu konzentrieren.
Das sei besser, als Codezeilen zu schreiben. «Was mich am meisten berührt, ist, Fans zu treffen, die ihn nie gekannt haben, die erst nach Freddies Tod geboren wurden und die schon so viel über sein Leben wissen, wenn sie zu diesen Touren kommen.»
Mullers Partner in diesem Geschäft ist Peter FreestoneExterner Link, der zwölf Jahre lang Mercurys persönlicher Assistent war und ein enger Freund der Familie Muller ist.
Freestone nimmt an den Freddie Days teil, seit diese Veranstaltung vor über 20 Jahren ins Leben gerufen wurde. Er erzählt, was Montreux für den Star bedeutete:
Die Führung in sechs Sprachen führt die nostalgische Gruppe vorbei an der Penthouse-Wohnung, die Mercury gehörte und die er liebevoll eingerichtet hatte, hinunter zum Casino, dem Sitz von «Queen: The Studio Experience»Externer Link, dem der Rockband gewidmeten Museum.
Der Rundgang endet an der Gedenkwand für Mercury, wo die Fans gebeten werden, einen Kommentar zu hinterlassen. Lucien Muller verteilt die Filzstifte und die Gruppe macht sich ans Werk.
Die meisten dieser Fans sind weit weg von zu Hause und brauchen eine Unterkunft. Im Jahr 2024 öffnete ein nach Freddie Mercury benanntes HotelExterner Link, das ursprünglich als Schulungszentrum für die Hotelbranche gedacht war, seine Türen für externe Gäste.
Offiziell eröffnet wurde das Hotel 2018 von Queen-Manager Jim Beach. Das Interieur ist eine Hommage an Mercurys Leben mit Anspielungen auf seine Kindheit in Sansibar und seine Liebe zu Katzen und japanischer Kunst.
Die stellvertretende Managerin Madie Giussani gibt eine kurze Tour durch das Hotel:
Auch das Museum von MontreuxExterner Link möchte seine berühmtesten Besucherinnen und Besucher feiern. Montreux ist Mitglied des Unesco-Netzwerks «Creative Cities»Externer Link in der Kategorie Musik, und es ist geplant, einen Teil des Museums der Musik und den Persönlichkeiten aus der Musikbranche zu widmen, darunter natürlich Freddie Mercury.
Aber das ist noch nicht alles. «Es ist auch wahrscheinlich, dass an einem anderen symbolträchtigen Ort der Stadt eine Ausstellung über die Welt von Freddie Mercury eingerichtet wird», sagt Sophie Brinca, Kommunikationsbeauftragte der Gemeinde Montreux.
Wird Montreux für Queen-Fans zu dem, was Graceland in der US-Stadt Memphis für Elvis-Fans geworden ist? Grégoire Chappuis, Marketing- und Kommunikationsdirektor von Montreux, versichert mir, es sei nicht die Absicht, das Festival stärker auf Queen auszurichten.
«Eine Art Disneyland ist überhaupt nicht unser Ziel. Montreux ist aufgrund seiner Geschichte und seiner Aktivitäten als Musikstadt positioniert. Das Feld ist viel breiter als Freddie, auch wenn er sicher eine Ikone ist.»
«Die Show muss weitergehen»
Montreux steht auf der Bucketlist vieler Freddie-Mercury-Fans: ein Ort, den man einmal im Leben gesehen haben muss. Doch wie lange wird das so bleiben, wenn die Rocklegende zur historischen Figur wird?
Lucien Muller ist sich sicher, dass die Stadt ihre Anziehungskraft behalten wird. «Es gibt immer etwas Neues mit Queen, hier in Montreux und international», sagt er.

«Deshalb glaube ich nicht, dass es sich totlaufen wird. Erst letztes Jahr gab es bei Sotheby’s eine grosse Versteigerung von Freddies Sachen. Die Fans haben sich darum gerissen und die Preise in die Höhe getrieben. Es gab einen grossen Medienrummel.»
Fast drei Jahrzehnte nach ihrer Errichtung im Jahr 1996 stehen die Besucherinnen und Besucher auch heute noch Schlange, um sich mit der Freddie-Mercury-Statue am See fotografieren zu lassen.
Ein Mann macht seiner Freundin sogar auf Knien einen Heiratsantrag. Am Sockel der Statue haben Fans, die von weither angereist sind, Hommagen an den Star angebracht.
Der bronzene Freddie bleibt für immer im Performancemodus eingefroren, blickt über das Wasser, eine Hand zum Himmel gestreckt, die andere ein Mikrofon umklammernd, bereit zum Einsatz. Aber wer will schon ewig leben?
Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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