Auf der Suche nach dem «authentischen» Instrument der Schweizer Musik
Für die meisten Menschen ist das Alphorn untrennbar mit der Schweiz verbunden. Doch dieses Instrument ist nicht schweizerischen Ursprungs, wie übrigens auch die meisten anderen typischen Instrumente der Schweizer Folklore nicht. Der Musikwissenschaft zufolge kann nur ein einziges Instrument als echt schweizerisch bezeichnet werden.
Das Alphorn ist ebenso ein Symbol für das Bild der Schweiz im Ausland wie die Kuckucksuhr. Auf die Gefahr hin, zu enttäuschen, sei jedoch gleich gesagt: Weder das Alphorn noch die Kuckucksuhr ist wirklich schweizerisch.
Die berühmte «Schweizer Kuckucksuhr», die man in den meisten Souvenirläden in Genf oder Luzern findet, stammt nämlich aus dem deutschen Schwarzwald.
Das Instrument eines «Hirtenvolks»
Das Alphorn, das als Symbol für die Schweiz und ihre Volkskultur gilt, enttäuscht historisch gesehen ebenso: Die Musikwissenschaft ist der Meinung, es gibt keinen Beweis dafür, dass dieses Instrument aus der Schweiz stammt.
«Die Geschichte des Alphorns ist lang und sein Ursprung schwer zu bestimmen», betont die Musikschule LausanneExterner Link (EML). «Das Instrument wurde sicherlich von den Hörnern oder Trompeten inspiriert, die mit den nomadischen Hirtenherden aus Zentralasien nach Europa gelangten.»
Von den Steppen Zentralasiens bis in die Schweizer Berge ist es ein weiter Weg. Wie kommt es also, dass das Alphorn bei den Schweizerinnen und Schweizern so beliebt ist?
Das Instrument diente früher in den Tälern der Alpenländer als Kommunikationsmittel, um etwa Alarm zu schlagen oder die Bevölkerung in die Kirche zu rufen.
Dieses Image begründete den Erfolg des Alphorns. So passte das Instrument perfekt in das Bild vom «Hirtenvolk»Externer Link, das sich die Schweiz in der Romantik zulegen wollte.
«Im Verlauf der Geschichte verstummte das Alphorn als Instrument der Hirten in der Schweiz fast gänzlich», schreibt Schweiz TourismusExterner Link.
«Erst mit der Romantik im 19. Jahrhundert und dem Aufleben von Folklore und Tourismus erlebte das Alphorn eine Renaissance – und wurde gar zum Nationalsymbol.»
Immer wieder ausländischer Ursprung
Alle typischen Instrumente der Schweizer Folklore sind in Wirklichkeit lokale Adaptionen von Instrumenten, die ihren Ursprung ausserhalb der Schweiz haben.
Das berühmte kleine Schwyzerörgeli, der Star der Schweizer Folkloregruppen, stammt aus Österreich. Es wurde zwar 1886 in Schwyz erfunden, ist aber nur eine der vielen Variationen des diatonischen Akkordeons, das 1829 in Wien erfunden wurde und sich von dort aus in ganz Europa verbreitete.
In der traditionellen Schweizer Musik sehr beliebt sind auch Zithern. Im Kanton Bern gibt es gar ein Museum, das nur diesem Instrument gewidmet istExterner Link.
Die bekannteste Vertreterin dieser Instrumentenfamilie ist das Hackbrett, das in der Folklore des Appenzellerlands noch häufig verwendet wird.
In der Stadt Zürich ist das Hackbrett bereits im Jahr 1447 belegt, als jemand, der nachts zu spielen pflegte, wegen Ruhestörung gebüsst wurde.
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Trotz seiner jahrhundertelangen Präsenz in der Schweiz ist auch das Hackbrett nicht schweizerischen Ursprungs. Es gibt verschiedene Theorien, wie es in die Schweiz gekommen ist, aber die Musikwissenschaft ist sich einig: Seinen Ursprung hat es in Osteuropa.
In der grossen Familie der Streichzithern hat das Hackbrett auch Verwandte in Ungarn, England und sogar in China.
Eine simple Schüssel
Aber gibt es überhaupt ein echtes Schweizer Instrument? Die gute Nachricht: Unsere Suche bleibt nicht erfolglos. Jenes Instrument, das es nirgendwo sonst auf der Welt gibt, ist das Appenzeller «Talerschwingen», das die Jodelgesänge begleitet.
Das Prinzip besteht darin, eine Münze in einer Tonschale zu drehen. Diese Bewegung erzeugt einen Ton, der je nach Grösse der Schüssel variiert. Heute wird natürlich kein Taler mehr geschwungen, sondern ein Fünfliber.
Am besten eignen sich solche aus der Zeit vor 1968, als er noch aus Silber war. Dies ist für den Klang wichtig.
Talerschwingen in der Appenzeller Folklore (Youtube):
Das sei eine sehr rudimentäre Art, einen Ton zu erzeugen, werden Kleingeister bemängeln. Aber dieser sehr einfache und bescheidene Charakter des Instruments entspricht vielleicht am ehesten dem Geist eines «Hirtenvolks».
Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub
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