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Kein Hanf mehr für Kühe

Um diese Speise muss die Schweizer Kuh künftig einen Bogen machen. Keystone

Ab dem 1. März gilt in der Schweiz ein Hanf-Fütterungsverbot für Nutztiere. Der Beschluss der Schweizer Regierung wird nicht überall verstanden.

Bisher waren Anbau und Verfütterung von Hanf erlaubt, wenn er einen sehr geringen Gehalt des psychoaktiven THC aufwies.

Den Stein ins Rollen brachte eine Anzeige am 3. Februar in der Westschweizer Lokalzeitung “La Broye”. Sie zeigt einen Knaben mit einer Milchflasche in der Hand. Darüber steht geschrieben: “Seit Papa den Kühen Hanf verfüttert, schmeckt meine Milch noch besser.”

Für Agroscope, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft, sind die in dieser Anzeige gemachten Angaben wissenschaftlich nicht abgestützt und irreführend. Bewiesen sei demgegenüber, dass THC aus dem Hanf in die Milch übertragen werde.

Laut Agroscope-Forscher Daniel Guidon haben Studien in Pakistan ergeben, dass Kinder, die Milch von Wildhanf fressenden Kühen tranken, THC im Blut aufwiesen. Guidon ist deshalb überzeugt, dass mit THC versetzte Milch die Gesundheit von Kindern gefährden kann.

Der Schweizerische Bauernverband (SVB) unterstützt das Hanf-Fütterungsverbot ohne Wenn und Aber. Die Milchwirtschaft dürfe nicht durch Dummheiten gefährdet werden, heisst es beim SVB.

Fundierter Fütterungsversuch fehlt

Die wissenschaftlichen Grundlagen für ein Hanf-Fütterungsverbot seien etwas mager, erklärt Barbara Früh, die Futtermittelbeauftragte von Biosuisse, gegenüber swissinfo.

Beim immer wieder zitierten Fütterungs-Experiment der Forschungsanstalt Posieux habe man den Kühen aus Hanf isoliertes THC in Pillenform zum Fressen gegeben. Der Versuch müsse jedoch mit Futterhanf durchgeführt werden, der einen sehr geringen THC-Gehalt aufweise.

Auch bei der Studie in Pakistan hätten die Tiere, Büffel übrigens, Cannabisprodukte gefressen und nicht Futterhanf.

“Sollte aber ein korrekt durchgeführtes Experiment THC in der Milch feststellen, dann bin ich auch für ein Fütterungsverbot”, sagt Früh.

Unverhältnismässig

Die vom Verbot betroffenen Landwirte reagieren eher verärgert. Hanf als Futtermittel, sagen sie, habe eine positive Wirkung auf die Kühe.

Stefan Selinger, Bauer im zürcherischen Turbenthal hat Futterhanf angebaut. In einem Artikel der NZZ am Sonntag bezeichnet Selinger das Fütterungs-Verbot als “Verhältnisblödsinn”.

Er habe nur gute Erfahrungen gemacht: Die Kühe hätten gesündere Euter, in der Milch seien die Fett- und Eiweisswerte gestiegen und die Fruchtbarkeit sei besser als früher.

SBV will hart durchgreifen

Da das Fütterungsverbot für alle Tiere gilt, ist auch Marianne Strasser aus dem thurgauischen Raperswilen davon betroffen. Wie sie gegenüber swissinfo sagte, gibt sie ihren Schweinen bei Bedarf eine Ration Futterhanf zum Fressen, den sie mit Torf vermengt.

“Wenn die Schweine unruhig werden, etwa beim Gehege wechseln, dann gebe ich ihnen etwas Hanf. Sie sind anschliessend viel friedlicher”, so Strasser. Es sei ja nicht das THC, das wirke, sondern die ätherischen Öle im Hanf.

Der Hanf sei ein natürliches Beruhigungsmittel, viel besser als Chemie, und es sei schade, dass sie das nun nicht mehr verfüttern dürfe. Niemand, so Marianne Strasser, habe je THC im Fleisch nachgewiesen.

Ob sie trotz Verbot die “Ration” weiter verfüttern wird, weiss sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Der Bauernverband will hart durchgreifen: “Wer das Verbot ignoriert, muss mit einer Anzeige und einem Strafverfahren rechnen”, betont Thomas Jäggi vom SBV.

swissinfo, Urs Maurer

Ab dem 1. März gilt in der Schweiz ein Fütterungsverbot für Nutztiere.

Verboten werden “Hanf oder Produkte davon in jeder Form”.

Bislang waren Anbau und Verfütterung von Hanf mit geringem THC-Gehalt gestattet.

Eine wachsende Zahl Bauern baute deshalb Cannabis sativa zu Futterzwecken an.

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