
Tom Lüthi fuhr allen davon

Der Motorrad-Fahrer Thomas Lüthi hat am Sonntag den Grand Prix im französischen Le Mans gewonnen. Er ist der erste Schweizer seit 16 Jahren, dem das gelingt.
Nach einer enttäuschenden vergangenen Saison, scheint das Jung-Talent zur alten Leistung zurück gefunden zu haben.
Nach 16 Jahren Pause erklang an einem Motorrad-GP erstmals wieder die Schweizer Nationalhymne: Thomas Lüthi holte in Le Mans seinen ersten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere in der 125-Kubikzentimeter-Klasse. Letztmals gelang ein solcher Sieg der Schweizer Motorrad-Legende Jaques Cornu im Juli 1989 in Belgien.
Benzinmangel bei der Ehrenrunde
Allerdings machte Lüthi auf dem Podium einen etwas zerknirschten Eindruck. Die Erklärung für seine verhaltene Freude lieferte der Sieger aber bald nach: «Mir ist auf der Ehrenrunde das Benzin ausgegangen und ich dachte, es gebe eine Regel, die besagt, dass man auch für eine allfällige Ehrenrunde genug Sprit dabei haben müsste. Ich hatte Angst vor einer Disqualifikation.» Erst, nachdem dieses Gerücht dementiert worden war, konnte Lüthi endlich befreit strahlen.
Dank dieses Erfolges ist der 18-jährige Emmentaler in der WM-Wertung mit 54 Punkten auf Rang 2 vorgestossen. Lüthi liegt 12 Punkte hinter Leader Mika Kallio aus Finnland, der sich in Le Mans mit Platz 3 begnügen musste. Zweiter wurde etwas überraschend der Spanier Sergio Gadea, der den ersten Podestplatz seiner Karriere feiern konnte.
Am Ende nichts mehr riskiert
Lüthi war aus der Pole-Position gestartet und fuhr vor über 75’000 Zuschauenden ein sehr sicheres Rennen. Zwar überholte ihn kurz nach dem Start Kallio, doch Lüthi setzte sich bald an die Spitze und vergrösserte seinen Vorsprung pro Runde um rund eine halbe Sekunde.
Zur Rennhälfte betrug seine Reserve auf die Verfolger 7,4 Sekunden. Erst ab der 18. von insgesamt 24 Runden riskierte Lüthi nicht mehr allzu viel und behielt bis ins Ziel einen komfortablen Vorsprung von 3,08 Sekunden.
Auf jeder Stufe des Podests
Mit dem deutlichen Erfolg in Le Mans ist Thomas «Tom» Lüthi nun je einmal auf jeder Stufe des Podests gestanden: Vor zwei Jahren in Barcelona war er Zweiter geworden, vor vier Wochen in Estoril Dritter.
Lüthi war im Sommer 2003 bekannt geworden, als er mit knapp 16 Jahren beim GP von Spanien in Montmelo die Zielllinie als Zweiter überquerte. Er war der jüngste Fahrer, der jemals auf dem Podest einer Strassen-WM gestanden war.
Sein WM-Debüt hatte der damals nicht einmal 1,6 Meter grosse Jugendliche ein Jahr zuvor auf dem Sachsenring in Deutschland gegeben. Zu diesem Zeitpunkt durfte er auf Schweizer Strassen nicht einmal Roller fahren.
Durststrecke und Aufschwung
Medienschaffende besuchten ihn zu Hause auf dem Bauernhof seiner Eltern im Berner Oberland und er wurde mit dem Ski-Springer Simon Amman verglichen, der bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City für Aufsehen gesorgt hatte.
In der vergangenen Saison mehrten sich allerdings herbe Enttäuschungen und Verletzungen. Bereits schien der Stern aus dem töffverrückten 1200-Seelendorf Linden wieder zu verblassen. Damit hat es mit dem GP-Sieg vom Sonntag vielleicht ein Ende.
swissinfo und Agenturen
Rangliste des GP von Le Mans:
1. Thomas Lüthi (Schweiz)
2. Sergio Gadea (Spanien)
3. Mika Kallio (Finland)
4. Mike di Meglio (Frankreich)
5. Marco Simoncelli (Italien)
6. Gabor Talmacsi (Ungarn)
7. Pablo Nieto (Spanien)
8. Julian Simon (Spanien)
9. Imre Toth (Ungarn)
10. Manuel Poggiali (San Marino)
Thomas Lüthi bestritt seinen ersten Grand Prix in der 125 Kubik-Klasse am 21. Juli 2002 in Deutschland.
Er fährt dieses Jahr seine dritte komplette Saison in der Weltmeisterschaft.
Schon als Kind hatte den Sohn eines Bauern im Emmental alles mit einem Motor fasziniert, er begann seine Rennkarriere noch vor der Erlangung des Führerscheins auf Mini-Motorrädern, so genannten Pocket-Bikes.
Lüthi wurde am 16. September 1986 geboren, ist 170 Zentimeter gross und wiegt 53 Kilogramm.

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