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Öffentliche Beschaffungen anfällig für Korruption

In der Schweiz ist das öffentliche Beschaffungswesen anfällig für Korruption. Zudem besteht eine Grauzone mit Freundschaftsdiensten, Einflussnahme und Vetternwirtschaft, dies laut einer neuen Studie.

Die Autoren der Studie schlagen 50 Massnahmen vor und fordern eine konkrete Strategie zur Bekämpfung. Die am Donnerstag (14.12.) in Freiburg veröffentlichte Studie wurde im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms «Alltägliche Gewalt und organisierte Kriminalität» vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert und von 1997 bis 2000 durchgeführt.

Es handelt sich um die erste vertiefte Forschungsarbeit über die Korruption in der Schweiz. Analysiert wurden strafrechtliche und disziplinarrechtliche Akten in den drei Kantonen Genf, Tessin und Wallis. 34 Personen wurden effektiv strafrechtlich verurteilt, davon 18 Private und 16 öffentliche Beamte.

Die am meisten von der Korruption betroffenen Bereiche sind das öffentliche Beschaffungswesen des Bauwesens, die Belieferung insbesondere im Informatikbereich, das Zoll- und Polizeiwesen sowie die Erteilung von verschiedenen Bewilligungen und Genehmigungen namentlich bei Fahrzeugkontrollen.

Freundschaftsdienste und Vetternwirtschaft

Eine weitergehende Analyse des öffentlichen Vergabewesens zeigte eine Grenze zwischen bekannten, aber limitierten Bestechungs- und Betrugsfällen auf, sowie der weit verbreiteten Praktiken von Freundschaftsdiensten, Einflussnahme und Vetternwirtschaft. Die grosse Nähe von Unternehmern, politischen Verantwortlichen sowie den Mitgliedern der öffentlichen Verwaltung bringe starke Verzerrungen im Ablauf des öffentlichen Beschaffungswesens mit sich, heisst es.

Aufgrund der Studie machen die Autoren folgende Lücken aus: Es fehlt eine strikte Trennung der einzelnen Rechts- und Verwaltungsbereiche sowie eine konkrete Anti-Korruptionsstrategie und eine Koordination der Aufsichtsbehörden. Um die Widerstandsfähigkeit der Schweiz gegen die Korruption zu verstärken, werden insgesamt 50 Empfehlungen abgegeben. So sollen beispielsweise durch Korruption beeinträchtigte Verträge durch das Obligationenrecht für nichtig erklärt werden.

Beschränkung der Wahlkampfausgaben

Auf den heutigen Unterschied zwischen aktiver und passiver Korruption soll verzichtet werden. Vorgeschlagen werden auch eine Beschränkung der zugelassenen Wahlkampfausgaben und eine gewisse Eingrenzung der Ressourcen der Politiker. Damit soll die Transparenz von Finanzierungsquellen sowie die Unabhängigkeit von politischen Verantwortlichen verbessert werden.

Personen, die wegen Verstosses gegen der Korruption vorbeugende Normen verurteilt worden sind, sollen durch Unwählbarkeit in politische Funktionen bestraft werden. Die Verwaltung sollte entpolitisiert werden vor allem durch die Definition von Wahlkriterien für Beamte, welche die politische Zugehörigkeit der Kandidaten ausschliessen.

Empfohlen wird auch eine Vermögens- und Lebensstandardkontrolle sowie eine Kontrolle der persönlichen und Familienbeziehungen von Beamten, die bei korruptionsanfälligen Entscheidungsprozessen mitwirken. Schliesslich sollen Angestellte einer Rotation unterworfen werden, wenn ihre Funktionen auf Korruption besonders anfällig sind.

swissinfo und Agenturen

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