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“Die Schweiz ist zu kompliziert”

Stéphane Garelli, Professor am International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne. RDB

Laut Stéphane Garelli, Professor des Lausanner Instituts für Management-Entwicklung (IMD), ist die Schweiz für ausländische Investoren zu kompliziert.

Die Abläufe in den Verwaltungen müssten vereinfacht und die Gesetzesflut eingedämmt werden, wenn die Schweiz ihre Wettbewerbsfähigkeit festigen wolle.

Garelli äusserte sich an einem Forum der Exportförderungsorganisation Osec in Zürich. Die Osec ist Trägerin des Mandates des Bundes zur Unterstützung von Schweizer und Liechtensteiner Firmen bei der Entwicklung von Auslands-Aktivitäten. Osec koordiniert zu diesem Zweck das Business Network Switzerland, ein umfassendes Netzwerk von Kompetenzpartnern im In- und Ausland.

Laut Garelli sind zum Beispiel die Niederlande oder Schweden aus Steuergründen weniger attraktiv als die Schweiz für Investitionen. Doch diese Länder machten diesen Nachteil mit ihren einfacheren Verwaltungen mehr als wett.

Sachgebiete wie Bildung oder Sicherheit müssten in der Schweiz zentralisiert werden, sagte Garelli weiter. Zudem sollten verschiedene Abläufe in der Verwaltung vereinfacht werden. Bevor ein neues Gesetz erlassen werde, müsse man ein altes abschaffen.

“In der Schweiz prüfen wir guten Ideen so lange, bis sie schlecht werden.” Zudem sei der Graben zwischen Politik und Wirtschaft in der Schweiz kein Vorteil. Die kompetenten Leute seien oft nicht verfügbar, und die verfügbaren seien nicht zwingend kompetent.

Schweizer zu sparsam

Das schwache Binnenwachstum der Schweiz erklärte Garelli mit der Sparneigung der Schweizerinnen und Schweizer. “Wir konsumieren zu wenig und lieben die Versicherungen.”

So könne die Wirtschaft aber nicht angekurbelt werden. Es brauche etwa liberalere Ladenöffnungszeiten. Und es sollte einfacher sein, an Konsumkredite zu gelangen.

Wie der Chefökonom der Schweizerischen Nationalbank, Ulrich Kohli, unterstrich Garelli die Bedeutung der Schweizer Exportindustrie. Das Wachstum sei ausserhalb des Landes zu finden. Zu den wichtigsten Produkten und Dienstleistungen zählte er das Bankwesen und den Tourismus.

Schweizer übertreiben

Schon immer sagte Garelli: “Statt zu konsumieren, sparen die Schweizerinnen und Schweizer wie verrückt. Pro Jahr legen sie 45 Mrd. Franken auf die Seite. Macht sagenhafte 11’000 Franken pro Haushalt oder 15% des Lohnes.”

Zwar hat Garelli nichts gegen das Sparen einzuwenden. Er findet bloss: “Die Schweizer übertreiben.”

Sein Fazit: Die Wirtschaft komme nicht richtig in Schwung. Denn der private Konsum macht 60% aller Ausgaben in der Schweiz (des so genannten Brutto-Inlandproduktes) aus. Gäben Private für werthaltige Güter wie Möbel, Autos, Ausbildung oder Schmuck mehr Geld aus, ginge es allen im Lande besser.

Der Professor des Lausanner Manager-Eliteinstituts IMD gibt jedes Jahr den “World Competitiveness Report” heraus, eine Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder.

swissinfo und Agenturen

Das Lausanner Instituts für Management-Entwicklung (IMD) ist eine der führenden Wirtschafts-Fachschulen der Welt.
Die Mehrheit der Absolventen der Kaderschule stammen aus internationalen Grosskonzernen.
Die Osec wurde 1927 gegründet und sie ist die offizielle Institution des Bundes zur Förderung des Aussenhandels

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