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“Monsieur Prix”: Schweiz ist zu teuer

Konsumenten-Sorgen: Die Qual der Wahl oder die Jagd nach dem tiefsten Preis. Keystone

2004 beschwerten sich 953 Personen über zu hohe Preise in der Schweiz - rund ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Preisüberwacher Rudolf Strahm führt das hohe Preisniveau auf überteuerte Importpreise zurück.

Die Schweizerinnen und Schweizer, ein einig Volk von immer preisbewussteren Konsumenten: Dieses Bild zeichnete Preisüberwacher Rudolf Strahm in seiner ersten Jahresbilanz, die er am Freitag präsentierte.

Darin kommt er zum Schluss, dass es sich auf der stark regulierten Hochpreisinsel Schweiz zu teuer lebt. Beweis dafür: 2004 beschwerten sich bei Strahm 953 Personen über zu hohe Preise, rund ein Drittel mehr als 2003.

Hochpreis-Insel

“Die Preise sind so hoch, weil die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Wir haben zahlreiche Verordnungen, welche den direkten oder parallelen Import von Gütern verhindern”, sagte Strahm gegenüber swissinfo.

Gesundheitswesen zuoberst

Mit 142 Beschwerden betraf der grösste Teil dieser so genannten Publikumsmeldungen den Gesundheitsbereich. Davon richteten sich 63 Beanstandungen gegen Medikamentenpreise.

Je 90 Beschwerden betrafen die Telekommunikation sowie Post und Zollabfertigung und in jeweils über 80 Fällen wurden die Tarife im öffentlichen Verkehr und bei der Strom- und Wasserversorgung kritisiert.

Auch SRG im Visier

50 Beschwerden richteten sich schiesslich gegen die Gebühren bei der Grundversorgung von Radio- und Fernsehprogrammen. In über 100 weiteren Meldungen wurden die Preise verschiedener Einzelprodukte im Detailhandel beanstandet, die eigentlich dem Wettbewerbsbereich zuzuordnen sind und damit nicht in den Geltungsbereich des Preisüberwachers fallen.

Euro vereinfacht Vergleiche

“Das Bewusstsein bezüglich Preisen und Preisunterschieden wächst, und muss weiter wachsen”, stellt Strahm fest. Viele würden auf ihren Reisen die Preise zwischen Europa und der Schweiz vergleichen. Diese Vergleiche wurden durch die Einführung des Euro noch begünstigt.

Er will den Schwung ausnützen und das Übel der hohen Preise an der Wurzel anpacken. Solange nur fallweise und nicht systemisch vorgegangen werde, bleibe die Preisüberwachung ein Kampf gegen Windmühlen, sagte er.

“Alle regulieren in diesem Staat, aber niemand denkt an die Preise.” Die Schweiz exportiere zwar auf dem Preisniveau der EU, zahle aber für ihre Importe im Schnitt 20% zu viel.

Strahm will sich dieses Jahr schwergewichtig des Elektrizitäts- und des Medikamentenmarktes annehmen, in dem er eine “unsägliche” Regulierungsdichte ausgemacht hat.

Zu hohe Importpreise

Die hohen Preise in der Schweiz seien auch ein volkswirtschaftliches Problem, schreibt Strahm in seinem Jahresbericht. Die schweizerische Wirtschaft exportiere zu Weltmarkt- oder Europapreisen und zahle wegen der zu 20% überhöhten Preise 20 Mrd. Franken mehr für ihre Importe. Dieser Preisgap habe eine negative Wirkung auf das Wachstum.

Die überhöhten Importpreise würden überlagert durch Preisüberhöhungen, die sich aus administrierten Preisen und aus ineffizient betriebenen technischen Monopolen (Wasser, Abwasser, Strom-, Schienen- und Telecom-Netze) ergäben. Dies verhindere oder verzögere Verbesserungen im Binnenmarkt.

Gesetze anpassen – Märkte öffnen

“Schweizer Normen müssen mit denjenigen der EU harmonisiert werden”, so eine weitere Forderung Strahms. Der politische Wille dazu sieht er im Steigen begriffen, die Regierung wolle etwas gegen hohe Preise und für eine Harmonisierung tun.

“Da es sich aber um historische Normen handelt, hinter denen handfeste Interessen stehen, braucht ein solcher Wechsel viel Zeit”, ist sich Strahm bewusst.

swissinfo und Agenturen

2004 beschwerten sich 953 Personen über zu hohe Preise, rund 33% mehr als im Vorjahr.
142 Beschwerden betrafen den Gesundheitsbereich.
Je 90 Beschwerden betrafen die Telekommunikation sowie Post und Zollabfertigung.
In mehr als 80 Fällen wurden die Tarife im öffentlichen Verkehr und bei der Strom- und Wasserversorgung kritisiert.
50 Beschwerden richteten sich gegen die SRG-Gebühren.
In über 100 weiteren Meldungen wurden die Preise verschiedener Einzelprodukte im Detailhandel beanstandet.

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