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“Öl für Nahrung”: Schweizer Banken ausgebootet

Madeleine Albright setzte sich nicht für die Schweiz ein. Keystone

Auf Anraten der USA hat die UNO bei dem Hilfsprogramm für den Irak Angebote von Schweizer Banken ausgebremst.

Das geht aus dem Zwischenbericht der Untersuchungs-Kommission hervor, der am Donnerstagabend vorgestellt wurde.

Laut dem Bericht wehrte sich 1996 die damalige US-Aussenministerin Madeleine Albright gegen eine Berücksichtigung der Schweizer Banken UBS und Credit Suisse (CS) bei der Auftragsvergabe im UNO-Hilfsprogramm “Öl für Lebensmittel”.

Die CS wäre dem Bericht zufolge die bestqualifizierte Bank für das Geschäft gewesen. Sie schnitt nach den UNO-Kriterien am besten ab, wurde aber zu Gunsten der Banque Nationale de Paris (BNP) übergangen.

Mangelhafte Transparenz

Der Bericht zitiert Aussagen von Albright, wonach die Vergabe an die Schweizer “ein Fehler” wäre. Sie machte drei Gründe geltend: Die Schweizer Bankgesetze seien nicht genug transparent; die Schweiz sei nicht Mitglied der UNO, was die rechtliche Umsetzung einer UNO-Resolution erschwere; zudem hätten Saddam Hussein und seine Familie private Konten in der Schweiz.

Die Entscheidung, welche Bank den Auftrag bekommen sollte, lag schliesslich bei dem damaligen UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali. In einem Brief an das Untersuchungs-Komitee schreibt Boutros-Ghali: “Die Wahl von BNP wurde mit dem Einverständnis der amerikanischen und der irakischen Delegation gefällt. Es war eine politische Entscheidung.”

Auch die Genfer Warenprüffirma Société Générale des Surveillances (SGS) wurde laut dem Bericht ausgebootet. Ihr wurde die niederländische Firma Sayboot vorgezogen.

Politische Entscheide

Mitglied der Untersuchungs-Kommission unter der Leitung von Ex-US-Notenbankchef Paul Volcker ist auch der Basler Strafrechtsexperte Mark Pieth.

Pieth sagte, es sei überraschend, wie stark politische Absichten auf das Öl-für-Nahrung-Programm Einfluss genommen hätten. “Die Institution versagte, weil man in vorauseilendem Gehorsam gewissen Ländern nach dem Mund geredet hat.” UNO-Verantwortliche hätten Regeln einfach übergangen und unter sich ausgemacht, wer die Aufträge erhalten soll.

swissinfo und Agenturen

Das Öl-für-Lebensmittel-Programm dauerte von 1996 bis 2003.
Bei dem Programm soll Saddam Hussein über 5 Mrd. Dollar unterschlagen haben.
Die Untersuchungs-Kommission der UNO ermittelt in über 50 Ländern gegen Menschen und Unternehmen, die in den Bestechungs-Skandal verwickelt sein könnten.

Die UNO hatte im April 2004 drei unabhängige Beobachter beauftragt, die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Programm “Öl für Lebensmittel” zu untersuchen.

Die Untersuchungs-Kommission wird vom ehemaligen US-Notenbankchef Paul Volcker geleitet. Ihr gehört auch der Basler Strafrechts-Professor Mark Pieth an.

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