Schweiz sucht besseren Zugang zu Mexikos Märkten
Die Schweizer Wirtschaftsministerin Doris Leuthard reist diese Woche nach Mexiko, um den Handel mit dem zweitgrössten lateinamerikanischen Handelspartner der Schweiz anzukurbeln.
Doch Schweizer Entwicklungs-Organisationen fürchten, dass sich die Öffnung der Märkte Mexikos für die Armen im Land nicht auszahlt. Auch bei den Menschenrechten könnte die Situation besser aussehen.
Die Schweiz figuriert unter den fünf grössten Investoren in Mexiko. 2007 wuchsen die Exporte in das mittelamerikanische Land um fast 30%. Dieses aufstrebende Land ist damit ein wichtiger Handelspartner der Schweiz und folgt den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China dicht auf den Fersen.
Die Wirtschaftsministerin wird dabei von einer grösseren Delegation von Geschäftsleuten begleitet. Sie trifft die Minister für Wirtschaft, Finanzen und Umwelt und spricht mit ihnen über die Öffnung der mexikanischen Märkte sowie die zunehmenden Investitionen in beide Richtungen.
Die Schweizer Delegation wird sich auch nach Monterrey begeben, ein wichtiges Industriezentrum im Nordosten des Landes, nahe an der Grenze zu den USA.
Einige Hindernisse, vor allem der ungenügende Schutz des geistigen Eigentums, Bürokratie und Monopole stünden dem bilateralen Handel und den Investitionen noch im Weg, heisst es in einer Verlautbarung des Volkswirtschaftsministeriums.
Handelsungleichgewichte
In den 90er-Jahren schloss die Schweiz mit Mexiko Abkommen im Bereich der Doppelbesteuerung und des Investitionsschutzes ab. Ein Freihandels-Vertrag steht seit 2001 über die Europäische Freihandelsassoziation (Efta), deren Mitglied die Schweiz ist.
«Mexiko ist nach Brasilien der wichtigste Markt für Schweizer Unternehmen in Lateinamerika», sagt Jean-Daniel Gerber, Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). «Und es ist ein wichtiges Land für Schweizer Investitionen. Mit Mexiko verbindet uns bereits ein Freihandels-Vertrag, doch es könnte noch mehr gemacht werden.»
Laut Gerber sind die Handelsbeziehungen der beiden Länder von einem Ungleichgewicht geprägt, da die Schweiz sehr wenig aus Mexiko importiert.
«Wir möchten Mexiko unterstützen, seine Produkte in der Schweiz besser zu positionieren», so Gerber. Mexiko habe das Potenzial des Schweizer Markts mit seiner hohen Kaufkraft noch nicht erkannt.
Für Bundesrätin Doris Leuthard handelt es sich um ihren ersten Besuch in Mexiko, seit sie 2006 Vorsteherin des Volkswirtschafts-Departements geworden ist. 2007 hatte die Wirtschaftsministerin in ähnlicher Mission Brasilien besucht.
Starke Abhängigkeit von den USA
Fachleute loben die Wirtschaftspolitik der Mitte-Rechts-Regierung von Präsident Felipe Calderon, warnen aber vor der starken Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten.
Sollte die US-Wirtschaft in eine Rezession münden, muss Mexiko etwas unternehmen, um die Folgen daraus für die eigene Beschäftigung nicht allein tragen zu müssen. Dies sagte Ngozi Okonjo-Iweala von der Weltbank am Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF) im Januar.
Es gibt auch Stimmen, die zwar die Fiskalreform Mexikos loben, aber die Infrastruktur und den Energiesektor des Landes kritisieren. Mexiko wird aber auf jeden Fall für Investoren attraktiv bleiben, nicht zuletzt weil es Teil der grossen Freihandelszone ist, die von Mittelamerika bis nach Kanada reicht (Nordamerikanische Freihandelszone Nafta).
Andererseits bestehen Befürchtungen, dass Mexiko wegen der organisierten Kriminalität und dem Drogenhandel an Wettbewerbskraft verlieren könnte.
«Ähnlich wie andere Unternehmen sind auch die schweizerischen in Mexiko oft mit bürokratischen Hürden und organisiertem Verbrechen konfrontiert», sagte Leuthart am WEF in Davos.
Zivilgesellschaft
Alliance Sud, eine Koalition von Schweizer Entwicklungs-Organisationen, möchte eine gesellschaftliche Komponente in die Freihandelsverträge einfügen, um die Armen am Nutzen zu beteiligen.
«Die Schweiz sollte das Wirtschaftliche nicht von den Anstrengungen zur Armutsbekämpfung trennen», sagt Bastienne Joerchel von Alliance Sud gegenüber swissinfo.
Laut Joerchel hat die Handelsliberalisierung nicht zu einer Verbesserung der Situation von Mexikos Armen geführt. Bilaterale Verträge würden mehr noch als multilaterale das Schwergewicht auf Investitionen setzen, denen die Belange der Zivilgesellschaft egal seien, wie zum Beispiel Arbeitsgesetze, Umweltstandards oder demokratische Rechte.
Schweizer Entwicklungs-Organisation hätten prinzipiell nichts gegen bessere Handelsbeziehungen. «Doch wir sähen es auch gerne, wenn sich die Schweiz auch für Menschenrechte einsetzen würde, gerade im Fall der eingeborenen Bevölkerung», sagt Tildy Hanhart von Swiss Interchurch Aid.
Sie und die protestantischen Kirchen würden es bedauern, dass die mexikanische Regierung ihren Finanzbeitrag an die friedenssichernden Aktivitäten in der südmexikanischen Region Chiapas im vergangenen Dezember eingestellt hätten.
swissinfo, Urs Geiser und Andrea Ornelas
In den ersten elf Monaten 2007 hat die Schweiz für 1,28 Mrd. Franken Waren und Dienstleistungen nach Mexiko ausgeführt (+30% gegenüber dem Vorjahr).
Meist handelt es sich um Pharmaprodukte, Maschinen, Uhren und Chemie.
Die Importe aus Mexiko liessen nach, bevor sie in derselben Periode 2007 wieder auf 154 Mio. Franken stiegen.
Die Schweizer Investitionen in Mexiko belaufen sich auf 4,77 Mrd. Franken, womit die Schweiz zu den fünf Topinvestoren in Mexiko zählt.
Schweizer Firmen beschäftigen rund 37’000 Leute in Mexiko.
Ungekehrt sind die mexikanischen Investitionen in der Schweiz sehr limitiert, da die meisten Firmen den EU-Markt anpeilen.
Die Schweizer Regierung hat zur Zeit keine Entwicklungshilfe-Projekte in Mexiko.
Das Land ist Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt das internationale Non-Profit-Center für die Verbesserung von Mais und Weizen (CIMMYT).
Die finanzielle Unterstützung für ein Schweizer Kirchenprojekt im Bereich Friedenssicherung in der Region Chiapas ist Ende 2007 eingestellt worden.
Die Schweizer Boschaft in Mexiko hat Mikro-Kampagen unterstützt, welche die Armut reduzieren und das Rechtssystem reformieren sollten.
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