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Soforthilfe bei Arztfehlern

Auch Ärzte machen Fehler. swissinfo C Helmle

Schnelle Hilfe bei Schäden durch medizinische Fehler will ein privater und freiwilliger Fonds leisten. Noch fehlt aber das Geld.

Kommen in der Schweiz Patienten oder Patientinnen durch fehlerhafte medizinische Behandlung zu Schaden, dann ist es für sie sehr schwierig, Entschädigungs-Zahlungen zu erhalten.

Das geltende Recht stellt den möglicherweise Geschädigten sehr hohe Hürden in den Weg. Nach geltendem Haftpflicht-Gesetz muss der Patient beweisen, dass eine Medizinalperson (fahrlässig) schuldhaft gehandelt hat und dass das fahrlässige Handeln den Schaden mitverursacht hat.

Diesen Nachweis zu erbringen, ist schwierig. Gerichtsverfahren sind teuer und langwierig, der Ausgang ist ungewiss. Dazu kommt, dass in der Schweiz, auch wenn der Nachweis gelingt, kein Anspruch auf Schadenersatz besteht.

Zwischen Sozialversicherung und Haftpflicht

Nun will ein privater und freiwilliger Patientenfonds eine unbürokratische Soforthilfe für die Opfer schaffen. Damit verbunden soll eine offenere Fehlerkultur bei den Leistungserbringern, meist Ärzten, Einzug halten.

Der Thurgauer Nationalrat Jost Gross ist Hauptinitiant des Fonds. Gegenüber swissinfo sagt er, der Patientenfonds solle in der Grauzone zwischen Sozialversicherung und Haftpflicht ungedeckte Schäden ausgleichen.

«Der Fonds will nicht etwa die Haftpflicht oder die Sozialversicherung ersetzen, aber er will in einer ersten Phase Soforthilfe und Beratung leisten.»

«Die Zugehörigkeit zum Fonds wäre allerdings Voraussetzung für den Anspruch auf Leistung», sagt Gross.

Geld via «Sponsoren»

Der Fonds soll eine Stiftung oder ein Verein sein und sich auf eine breite Trägerschaft abstützen können. Er müsste rund 40 Mio. Franken pro Jahr zur freien Verfügung haben. Die Zahl wurde aus vergleichbaren Fonds im Ausland, namentlich in Skandinavien, errechnet. Das Geld soll sowohl von den medizinischen Leistungserbringern wie von Patienten und Patientinnen stammen.

«Natürlich wäre es einfacher, das Geld über einen Zusatz der Krankenversicherung zu erheben», sagt Jost Gross. Doch das sei in der heutigen Zeit der ständig steigenden Krankenkassen-Prämien politisch schwer durchsetzbar.

Bis das Krankenversicherungs-Gesetz angepasst wäre, würde sehr viel Zeit verstreichen, so Gross weiter. Er hofft insgeheim aber doch, dass die private Initiative dereinst – wie in Dänemark auch – eine gesetzliche Grundlage nach sich zieht. Gross: «Oft braucht es eine private Initiative, um den Gesetzgeber zum Handeln zu verleiten.»

Potente Fürsprecher

Gestützt auf die bereits erwähnte Erfahrungen im Ausland ist damit zu rechnen, dass ein landesweit für alle Leistungserbringer und alle Patienten tätiger Fonds pro Jahr etwa mit 2000 bis 3000 Fällen konfrontiert wäre. Diese würden Entschädigungen von rund 40 Mio. Franken nach sich ziehen.

Doch ist es noch nicht so weit. Die Initianten werden noch diesen Monat die Verbände und Interessengruppen in der Schweiz zu Stellungnahmen einladen. Diese sollten bis Oktober ausgewertet sein. Bis Dezember 2002 möchte man die Projekt-Organisation gebildet haben. Von Januar bis September 2003 soll der Fonds dann aufgebaut werden.

Der Patientenfonds auf freiwilliger Basis ist ein gemeinsames Projekt der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik, der Verbindung der Schweizer Ärzte und Ärztinnen (FMH), der Zeitschrift «Beobachter» und dem Schweizerischen Roten Kreuz.

Urs Maurer

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