Schweizer Weltenbummler in San Diego

Nach seiner Lehre als Koch in Luzern wollte Beat Wick bald einmal in die Ferne schweifen. Er fand eine Stelle auf den Bermudas, für drei Monate. Das war 1977, seither hat er nie mehr in der Schweiz gelebt.
Heute betreibt Wick in San Diego in Kalifornien ein Kaffeehaus. Dazwischen liegt ein Leben, das ihn von den Bermudas über New Jersey nach Chicago und schliesslich an die Westküste der USA führte.
Was hat Beat Wick, der seine Lehre als Koch Anfang der 1970er-Jahre im damaligen Luzerner Hotel Union absolviert hatte, nach San Diego gebracht? «Das Leben», sagt er lakonisch, «ich wollte die weite Welt ausserhalb der Schweiz entdecken.»
Nach der Lehre hatte er zwei Wintersaisons in Wengen im Berner Oberland im Hotel Metropole gearbeitet und einen Sommer lang im Hilton beim Flughafen Zürich. Dank Kontakten aus dem Hilton fand er für drei Monate eine Anstellung auf den Bermudas. «Aus den drei Monaten wurden dann fast zwei Jahre.»
Viel verdiente er dabei nicht, neben Kost und Logis rund 90$ pro Woche. «Es ging mir nicht ums Geld. Ich genoss es einfach, Neues zu lernen und zu entdecken.»
Auf den Bermudas lernte er eine junge Frau aus den USA kennen und wurde eingeladen zu einem Besuch bei der Familie in New Jersey. «Die Gastfreundschaft, die ich dort erlebte, war unglaublich.»
Aus der Freundschaft mit der jungen Frau aus New Jersey wurde keine feste Beziehung, Wick landete in Chicago, wo er 1979 seinen Landsmann Rolf Steiner kennen lernte, damals Chefpatissier im Hyatt Regency.
Geschäftspartnerschaft in Chicago
Aus dieser Bekanntschaft entwickelte sich eine Geschäfts-Partnerschaft: Wick, Steiner und der Elsässer Dominique Muller eröffneten zusammen ein Kaffeehaus. Später kamen zwei weitere Lokale dazu.
«Es gab damals in den USA kaum guten Kaffee, bevor Starbucks auf der Bildfläche auftauchte.» Die Geschäfte liefen gut, doch nach ein paar Jahren lockte erneut die Ferne.
1985 besuchte er seinen Geschäftspartner Steiner, der nach San Diego gezogen war. Die beiden beschlossen, erneut ein Restaurant zu lancieren.
«Chez Beat & Rolf» setzte auf kalifornische Küche mit einem Hauch Schweiz. Auf dem Menu standen unter anderem «Leberli und Rösti» sowie «Zürcher Geschnetzeltes».
Schweizer Abende
Am 1. August 1987 fand ein erster «Schweizer Event» mit rund 200 Gästen, Schweizer Köstlichkeiten und Alphorn-Musik statt. Der Anlass wurde zum Auftakt für regelmässige Schweizer Abende bei «Beat & Rolf».
«Wir hatten gute Preise und Erfolg damit. Wir verdienten zwar nicht sehr viel, schrieben aber schwarze Zahlen «, sagt Wick. «Zu unserer Kundschaft gehörten Persönlichkeiten wie Niki de Saint Phalle, Jean Tinguelys Lebensgefährtin, oder die Malerin Françoise Gilot, zeitweilige Gefährtin von Pablo Picasso und Mutter von Claude und Paloma Picasso.»
Beat goes to Hollywood
Nach etwa drei Jahren wandte sich Wicks Geschäftspartner Steiner immer mehr seinem neuen Interesse zu, der ganzheitlichen Medizin. 1989 wurde das Lokal verkauft, Steiner kehrte in die Schweiz zurück, Wick zog es nach Hollywood, zur Schauspielerei.
«Den Durchbruch schaffte ich nicht», scherzt er unter Hinweis auf seine einzige Filmrolle. «Ein etwa 30 Sekunden langer Auftritt im B-Movie ‹The Return of the Killer Tomatoes› – besser erging es da einem der andern Schauspieler, die mitmachten, George Clooney.»
Mit Rollen in Werbefilmen verdiente er seinen Lebensunterhalt nicht schlecht, doch zog es ihn wieder ins Gastro-Business. Bald betrieb er erneut ein kleines Lokal.
Und traf Rolf Saladin wieder, einen alten Bekannten aus Chicago, mit dem er – zurück in San Diego – 1991 das erste «Living Room Coffeehouse» aufmachte. Das Lokal liegt in der Nähe der San Diego State University mit ihren rund 30’000 Studierenden.
Auswirkungen von 9/11
Das Geschäft lief bald einmal gut. Weitere Lokale und ein Produktionsbetrieb für Backwaren kamen hinzu. Doch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 spürten auch Wick und seine Partner die wirtschaftlichen Auswirkungen. Drei der Lokale wurden verkauft.
Saladin schied aus der Partnerschaft aus und schliesslich wurde auch der Produktionsbetrieb verkauft. Heute betreibt Wick nur noch sein erstes Coffeehouse am El Cajon Boulevard. «Neue Pläne habe ich zurzeit nicht.»
Europäisches Gebäck gehört bis heute zum Angebot des Kaffeehauses.
swissinfo, Rita Emch, San Diego
Wick ist verheiratet, das Paar hat zwei Kinder, Nicolas und Lola. Seine Frau Karin, eine Anwältin, hat er 1995 kennengelernt, an einer 1. August-Feier. Ihre Eltern sind Mitglieder im Schweizer Club von San Diego.
An eine Rückkehr in die Schweiz denkt Wick, der seit 1995 amerikanischer Bürger ist, nicht. Auf die Ausübung seiner politischen Rechte als Auslandschweizer verzichtet er.
Er ist der Ansicht, in erster Linie sollten die Leute, die in der Schweiz leben, über die politischen Geschicke des Landes entscheiden.
Trotzdem bleibt er interessiert an den Entwicklungen in der Schweiz und hat auch sein Schweizerdeutsch nicht verloren. Über die Geschehnisse in der alten Heimat informiert er sich vor allem via Internet.
Seine Kontakte mit der Schweizer Kolonie in San Diego bezeichnet Wick als eher sporadisch. Er hat ein paar Jassfreunde, nimmt ab und zu an Treffen des Clubs «Swiss Connection – Swiss Mixer» teil. Und an der 1. August-Feier des «San Diego County Swiss Club».

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