Harter Brocken für die Schweiz im Eröffnungsspiel

Die Schweiz eröffnet die Fussball-Europameisterschaft Euro 2008 am Samstag in Basel gegen die Tschechische Republik. Eine hochspannende Begegnung, deren Ausgang sich bereits als entscheidend erweisen könnte.
Der Gegner der Schweizer Nati in diesem Eröffnungsmatch ist seit Dezember letzten Jahres bekannt: Die Auslosung der EM-Gruppenspiele ging im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) über die Bühne.
Seither überhäufen sich die Analysen der Experten über die Testspiele des Schweizer Nationalteams, die Auswahl Köbi Kuhns des 23-köpfigen EM-Kaders, den Druck des Eröffnungsspiels, die Notwendigkeit eines Schweizer Sieges oder die Verhinderung einer Niederlage um jeden Preis, die Verletzungen der Spieler, die Stärke der Gegner der Schweiz oder sogar den Einfluss der Hospitalisierung von Köbi Kuhns Ehefrau Alice…
Ameisen in den Füssen
«Sich auf die Euro vorzubereiten, das geht eine Zeit lang – aber jetzt muss sie wirklich beginnen», sagt Gelson Fernandes ungeduldig vor den Medienvertretern im Hotel der Schweizer Nati in Feusisberg.
Und der Druck dieses Eröffnungsspiels? Der Mittelfeldspieler von Manchester City und der Schweizer Nati: «Unsere Mannschaft ist bereit. Wir alle sind es uns gewohnt, Spiele auf höchster Ebene vor grossen Zuschauermengen zu bestreiten. Druck – den überlassen wir den Fans und den Journalisten.» Am Samstag gehe es schlicht darum, gut Fussball zu spielen, so Gelson Fernandes.
«Natürlich gibt es da auch viel Neues für Spieler wie zum Beispiel mich», gesteht Newcomer Stephan Lichtsteiner, der Verteidiger von Lille und der Schweizer Nati, der seit kurzem von Real Madrid umworben wird. «Aber man freut sich wirklich zu spielen», sagt er. «Klar ist jedenfalls, dass du im Match versagst, wenn du zu angespannt bist.»
Ein «aussergewöhnliches» Spiel
Hinter diesen zuversichtlichen Worten, der Lust zu spielen, bleibt aber der Druck vor diesem Match hoch. «Es ist eine Ehre, dieses Eröffnungsspiel zu bestreiten, denn die Schweiz organisiert sehr selten ein derartiges Ereignis. Das Spiel darf aber nicht verloren werden, und dies erzeugt einen sehr grossen Druck auf die Spieler», sagt der frühere Schweizer Nationalspieler und Trainer Umberto Barberis.
Für Barberis, während der ganzen Euro Experte für swissinfo, ist das Eröffnungsspiel ein «Schaufenster». Ausser dem Final sei es jenes Spiel, das am Fernsehen am meisten verfolgt werde, sagt er. «Alle wollen sich ein Bild des Gastgeberlandes machen, das sich nicht qualifizieren musste, und schauen, ob die Organisation des Events den hohen Erwartungen gerecht wird.»
Ferner müsse das Gastgeberteam möglichst lange im Wettbewerb verbleiben, so Barberis. «Dazu braucht es ein gutes Resultat im Auftaktspiel, auch wenn ein Sieg für ein Weiterkommen nicht unabdingbar ist.» An der EM 1996 in England gab es im Eröffnungsspiel zwischen dem Gastgeber und der Schweiz zwar ein 1:1, ein gutes Resultat. Das reichte allerdings nicht fürs Weiterkommen.
Cech, Baros, Koller und…Brückner
Am Samstag wird die Schweiz gegen Tschechien also versuchen, das Turnier optimal zu beginnen und drei wichtige Punkte zu holen. Nur ist der Gegner leider nicht irgend jemand.
Klar, dem tschechischen Team fehlen mehrere Stützen wie Nedved, Smicer oder Poborsky. Und Captain Tomas Rosicky (Teamkollege von Johan Djourou und Philippe Senderos bei Arsenal) kann verletzungshalber an der Euro nicht mitmachen.
Aber das Team des schlauen Trainers Karel Brückner ist dennoch sehr solide, vor allem taktisch und als Gruppe. Dazu kommt Super-Torhüter Peter Cech (Chelsea) sowie die beiden brandgefährlichen Stürmer Jan Koller (Nürnberg)), ein Hühne, und Milan Baros (Porthmouth).
1996 stand Tschechien in England im EM-Final, den es unglücklich verlor, und vor vier Jahren kam das Team in Portugal bis in den Halbfinal. Bei der Qualifikation für die Euro 2008 errang Tschechien den 1. Platz vor Top-Konkurrent Deutschland.
«Diese Mannschaft ist sehr kompakt und setzt auf eine starke Verteidigung, die kaum Tore kassiert. Dazu verfügt sie mit Jan Koller über einen Stürmer, der in jedem Moment des Spiels die Entscheidung herbeiführen kann», sagt Barberis. «Im Mittelfeld ist das tschechische Team vielleicht etwas weniger stark, aber das wird man dann sehen.»
Die Antwort erfolgt am Samstag, ab 18 Uhr im Basler St. Jakob-Park.
swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)
Coach Köbi Kuhn verbringt seine Zeit zwischen seinem Team und dem Spital in Zürich, wo seine Frau Alice seit Dienstag als Patientin liegt.
Der vorher lange verletzte Patrick Müller, der im letzten Testspiel gegen Liechtenstein einige Schwächen zeigte, sagt, er sei nicht 100-prozentig fit und werde im Eröffnungsmatch gegen Tschechien möglicherweise nicht spielen. Bis zum Anpfiff wird es noch viele Diskussionen mit Köbi Kuhn geben.
Das zentraleuropäische Land zählt 10 Millionen Einwohner. 1993 wurde Tschechien infolge der Aufspaltung der damaligen Tschechoslowakei ein unabhängiger Staat.
An der EM 1996 in England verlor Tschechien im Final gegen Deutschland 1:2 in der Verlängerung durch das sogenannte «Golden Goal». Für die EM 2000 konnte sich das Team nicht qualifizieren. An der EM 2004 in Portugal wurde Tschechien im Halbfinal von Griechenland eliminiert.
Zu Zeiten der Tschechoslowakei wurde das Nationalteam 1976 Europmeister nach dem Finalsieg gegen Deutschland im Penaltyschiessen, vor allem dank dem berühmten «Heber» von Antonin Panenka.

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