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Bundesratswahlen 1999: Die Spannung steigt

Am Mittwoch (15.12.) wählt die Vereinigte Bundesversammlung für vier Jahre den Bundesrat (die Regierung). Fast alles deutet darauf hin, dass die SVP mit Christoph Blocher scheitert und alle Bisherigen bestätigt werden.

Nach wochenlangen Spekulationen gilt es endlich ernst: Am Mittwoch (15.12.) wählt die Vereinigte Bundesversammlung für vier Jahre den Bundesrat (die Regierung). Fast alles deutet darauf hin, dass die Schweizerische Volkspartei (SVP) mit Christoph Blocher scheitert und alle sieben Bisherigen bestätigt werden.

Gewöhnlich sind die Bestätigungswahlen eine Routineangelegenheit. Seit der Einführung des Proporzes 1919 haben es sämtliche Bundesräte im ersten Wahlgang geschafft. Gar 127 Jahre ist es her, dass ein Magistrat – und er war erst der Zweite – über die Klinge springen musste.

Der Machtanspruch der SVP

Für grössere Spannung sorgt diesmal die SVP. Schon vor den Nationalratswahlen (24.10.) hatte sie ihre Aspirationen auf einen zweiten Bundesratssitz angemeldet. Als sie die Christlich Demokratische Volkspartei (CVP) dann bei den Wahlen tatsächlich klar überholte und gar zur wählerstärksten Partei avancierte, lag die Forderung definitiv auf dem Tisch.

Zu Beginn nahm die SVP logischerweise ein Mandat der CVP ins Visier. Weil sie aber mit Sondierungen bei den Partnern abblitzte, erklärte sie die Konkordanz kurzerhand für tot – und wechselte die Zielscheibe: Christoph Blocher höchstselbst wurde nominiert, um dem Traditionsfeind SP (Sozialdemokraten; in erster Linie aber Ruth Dreifuss) einen Sitz in der Regierung abzujagen.

Abenteuerliche Szenarien

Die SVP gab ihrer Kandidatur von Anfang an wenig Kredit und Blocher selber verhehlte nicht, dass er gar nicht Bundesrat werden möchte. Gleichwohl schien die Lunte zur Abwahl von Dreifuss, zum Auszug der SP aus der Landesregierung und damit zum Ende der Konkordanz gelegt. Während Wochen jagten sich die abenteuerlichsten Szenarien.

Linksaussen in der SP spielten mit dem Gedanken, den Gang in die Opposition gleich selber zu erzwingen. Eine andere Variante ging dahin, statt Adolf Ogi den Freisinnigen Franz Steinegger zu wählen und so die SVP auszubooten. Auch von einer Wahl Blochers anstelle Ogis war die Rede – ein Spiel, das Blocher nach eigenem Bekunden aber nicht mitmachen will.

Die Frage der Parteidisziplin

Die offiziellen Parolen sprechen indes eine andere Sprache. Die SP will alle Bisherigen wählen und ihren Spitzen zufolge “sehr geschlossen” stimmen. Dasselbe hat die CVP im Sinn, die wohl zuletzt ein Interesse an unkontrollierbaren Manövern hat. Die Freisinnig-Demokratische Partei tendiert deutlich in die selbe Richtung.

Halten sich die grossen Fraktionen diszipliniert ans Drehbuch, werden alle amtierenden Regierungsmitglieder im ersten Wahlgang bestätigt. Eine gewisse Spannung freilich bleibt, denn die Wahlen sind geheim. Läuft bereits bei der Wahl des zuerst antretenden Ogi etwas schief, bleibt möglicherweise kein Stein auf dem andern.

Ogi zum zweiten Mal Bundespräsident?

Kommt es bei der Bestätigungswahl nicht zum Eklat, wird die Kür des Bundespräsidenten und des Vizepräsidenten der Landesregierung für 2000 zur Formsache. Turnusgemäss fällt die Präsidialehre im Millenniumsjahr zum zweiten Mal nach 1993 dem Berner Adolf Ogi zu.

Als Vizepräsident ist der 53-jährige Zürcher Sozialdemokrat Moritz Leuenberger an der Reihe. Er wird 2001 erstmals das Präsidium übernehmen.

Das Wahlverfahren

Bei der Wahl der Landesregierung für die nächste vierjährige Amtsperiode treten die sieben Bisherigen einzeln in der Reihenfolge des Amtsalters an.

Als Erster steht Adolf Ogi (SVP) zur Wahl, dann Kaspar Villiger (FDP), Ruth Dreifuss (SP), Moritz Leuenberger (SP), Pascal Couchepin (FDP), Ruth Metzler (CVP) und als Letzter Joseph Deiss (CVP). SVP-Sprengkandidat Christoph Blocher greift erst bei der Wahl von Dreifuss ein. Wird er dann nicht gewählt, versucht er es gegen Leuenberger.

Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen (das heisst das absolute Mehr) erreicht. Die beiden ersten Wahlgänge sind frei. Nachher kommen keine neuen Kandidaten oder Kandidatinnen mehr in die Wahl, und bei jedem Wahlgang scheidet die Bewerbung mit der geringsten Stimmenzahl aus. Wer vom zweiten Wahlgang an weniger als 10 Stimmen erreicht, fällt für die folgenden Umgänge ausser Betracht.

Das gleiche Wahlprozedere gilt für den Bundespräsidenten und den Vizepräsidenten des Bundesrates.

Im Schatten der Bundesratswahlen besetzt die Vereinigte Bundesversammlung am Mittwoch auch das Bundeskanzleramt neu.

SRI und Agenturen

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