Enttäuschung bei der SVP – Erleichterung bei der Linken und den Gewerkschaften
Mit Ausnahme der SVP haben alle Bundesratsparteien sowie andere Organisationen positiv auf die Bestätigung des Bundesrates reagiert. Das linke Lager freute sich über Blochers Niederlage. Die SVP kündigte eine verstärkte Oppositionsrolle an.
Mit Ausnahme der SVP haben alle Bundesratsparteien sowie andere Organisationen positiv auf die Bestätigung des Bundesrates reagiert. Das linke Lager freute sich über Blochers Niederlage. Die SVP kündigte eine verstärkte Oppositionsrolle an.
Der SVP-Herausforderer Christoph Blocher (Bild) gestand in einer ersten Reaktion seinen Misserfolg klar ein: «Ich bin ausserordentlich enttäuscht. Das ist eine Niederlage.»
Er habe diesen Wahlausgang aber erwartet und sei froh um das klare Resultat, welches die Bundesversammlung gefällt habe. CVP und FDP hätten sich für eine Mitte-Links-Regierung entschieden. «Wir sind nun halb drin, halb draussen», sagte Blocher. Das heisse, dass man weiterhin über das Parlament, aber vermehrt auch über das Volk politisieren werde. Von der CVP und der FDP erwartete Blocher, dass diese künftig vermehrt zu Kompromissen bereit sein würden: «Denn sie haben Angst vor der Stärke der SVP.»
Zu der von ihm angestrebten Volkswahl des Bundesrates sagte Blocher, diese Wahlen hätten erneut gezeigt, dass Bundesrat und Parlament direkt vom Volk gewählt werden müssten. Die taktischen Spielchen der Parteien ergäben eine unglaubliche Abhängigkeit der Regierung vom Parlament, die nicht gut sei. Das Thema Blocher als Bundesratskandidat sei nie abgeschlossen, sagte weiter er auf eine entsprechende Frage. Er werde wieder antreten, wenn er es politisch für richtig erachte.
Nach der Nichtwahl von Christoph Blocher will die SVP ihren Oppositionskurs ausserhalb des Bundesrats verschärfen. Das gaben Walter Frey und Christoph Blocher bereits vor der Vereinigten Bundesversammlung zu verstehen.
Fraktionschef Frey bezeichnete die Wahlen als «nicht ganz geglückt». Die SVP könne ihre Enttäuschung nicht verhehlen.
Den anderen bürgerlichen Parteien warf Frey vor, mit Disziplin für die SP und damit für deren Politik gestimmt zu haben. Das bedeute, dass die Politik links von der Mitte fortgeführt werde.
Die Nichtwahl von Christoph Blocher ist für SVP-Präsident Ueli Maurer eine Kampfansage an das bürgerliche Lager. Die SVP sei jetzt im Parlament offenbar die einzig verbliebene bürgerliche Partei, präzisierte Maurer. Sie werde ihre Anliegen nun vermehrt mit dem Volk durchsetzen. Maurer sprach von einem seit längerem verschlechterten politischen Klima zwischen SVP und den anderen bürgerlichen Parteien FDP und CVP.
FDP-Präsident Steinegger relativiert
Für FDP-Präsident Franz Steinegger wird das System bei der nächsten Vakanz, vermutlich aber erst bei massiven Verschiebungen bei den nächsten eidgenössischen Wahlen in vier Jahren zur Disposition stehen. Steinegger erwartet von der SVP nichts Neues. Aber es sei bisher nicht deutlich geworden, was die Partei überhaupt wolle. «System- oder Fundamentalopposition müsste ich zurückweisen», sagte er. Politische Stabilität sei die wichtigste Voraussetzung für das «Wirtschaftswunder Schweiz».
CVP-Präsident Adalbert Durrer hätte es als unschweizerisch empfunden, «staatsstreichähnlich» ein amtierendes Mitglied des Bundesrats auszuhebeln. In Zukunft stelle sich eher die Frage einer Regierungsbeteiligung der SVP, wenn sie sich weiterhin und noch stärker in der Oppositionsrolle sehe.
SP-Präsidentin Ursula Koch freute sich über die Wiederwahl von Ruth Dreifuss. «Mir wurde Zweckoptimismus vorgeworfen, aber ich war einfach sicher», sagte sie. Blochers unangemessene Angriffe hätten die Kräfte im Parlament zusammengeschweisst.
Gewerkschaften erfreut
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der Christlichnationale Gewerkschaftsbund der Schweiz (CNG) freuen sich über den Ausgang der Bundesratswahl. Der Vorort ist überrascht über das Resultat von Couchepin. Der SGV lobt die Kontinuität.
Der SGB freue sich über das klare Scheitern der Kandidatur Blocher, heisst es in einem Communiqué. Diese sei nicht nur ein Angriff auf Zauberformel und Konkordanz gewesen, sondern vor allem ein Angriff auf eine sozial inspirierte Politik. Mit Ruth Dreifuss sei das soziale Gewissen gewählt worden.
Gemäss dem CNG hat die Vernunft obsiegt: Das Parlament habe dem Sturm der äussersten Rechten getrotzt. Angesichts der Dominanz der neoliberalen Ökonomie habe die Landesregierung nun die Aufgabe, die Rolle des Ausgleichs wahrzunehmen. Dies gelte vorab für Couchepin, dem das Parlament den entsprechenden Fingerzeig gegeben habe.
Wirtschaft überrascht über Couchepins schlechtes Abschneiden
Der Schweizerische Handels- und Industrie-Verein (Vorort) ist überrascht über das Ergebnis von Couchepin. Dieses sei schwer zu verstehen, sagte Direktor Rudolf Ramsauer auf Anfrage. Couchepins Politik könne man nicht als neoliberal bezeichnen, habe er doch grosses Verständnis für die Sorgen der Arbeitnehmenden gezeigt.
Im übrigen sei das Resultat der Bundesratswahlen jenes, das man erwartet habe. Man sei darüber nicht enttäuscht; der Kräftewechsel habe im Parlament stattgefunden.
Pierre Triponez, Direktor des Gewerbeverbandes (SGV), wertete auf Anfrage das Resultat von Couchepin als Zeichen der Linken gegen den neoliberalen Kurs. Im übrigen sei der Gewerbeverband froh darüber, dass das Parlament auf Kontinuität setze. Dies bürge für Stabilität und sei ein wirtschaftsfreundliches Zeichen.
SRI und Agenturen
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