
Parlament soll Bürgern der Welt eine Stimme geben

Eine im April dieses Jahres lancierte weltweite Kampagne mit dem Ziel, ein UNO-Parlament zu schaffen, ist am Donnerstag in Bern vorgestellt worden.
Die Promotoren der Kampagne wollen die Zivilgesellschaft vermehrt in den Entscheidungsprozess integrieren. In der UNO sollen nicht nur die Regierungen, sondern auch die Völker vertreten sein.
Die UNO soll demokratischer werden. Deshalb fordern 400 Abgeordnete aus 70 Ländern, darunter 48 aus der Schweiz, die Einrichtung eines UNO-Parlaments.
«Die UNO hat ein Demokratiedefizit», stellte Nationalrat Remo Gysin von der Sozialdemokratischen Partei (SP) an der Medienkonferenz in Bern fest. Jede Gemeinde habe ihr Parlament, doch die UNO habe keines. Diese «klaffende Lücke» solle mit einer Parlamentarischen Versammlung bei der UNO geschlossen werden.
Die Idee eines UNO-Parlaments sei revolutionär, sagte Andreas Bummel vom Komitee für eine demokratische UNO (KDUN), das in der Schweiz durch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vertreten wird.
Bisher sei auf der Weltebene nur die Exekutive vertreten – also Bürokraten, die nicht an die Bevölkerung gebunden seien.
Mehr Demokratie – mehr Macht
Eine demokratischere UNO sei eine mächtigere UNO, sagte Nationalrat Jo Lang von den Grünen. Und eine mächtigere UNO sei nötig, um die Welt wieder ins Lot zu bringen. Denn wir erlebten derzeit eine «völkerrechtliche Verluderung». Die Welt sei «ver-rückt».
Eine stärkere demokratische Verankerung soll auf dem Weg der weltweiten Kampagne erreicht werden, die in diesen Tagen in elf Städten von Ottawa über Bern bis Dar Es Salaam vorgestellt worden ist.
Brief aus der Schweiz
Über 100 National- und Ständeräte richteten am 9. Februar 2005 einen Brief an den damaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Darin forderten sie Annan auf, im Rahmen der aktuellen Reformdebatte die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung zu prüfen.
Dem KDUN schwebt ein 700- bis 900-köpfiges Gremium vor. Vertreten wären alle Länder mit in der Verfassung verankerten Parlamenten. Die Schweiz könnte höchstens vier bis fünf Sitze besetzen.
Konferenz in Genf
Der nächste konkrete Schritt ist eine internationale Konferenz im Oktober in Genf. Dabei soll laut Bummel aus dem losen Netzwerk eine Koalition entstehen, die in den einzelnen Ländern politische Unterstützung für ein UNO-Parlament aufbaut. Mit dem Kampagnenstart können zudem Einzelpersonen den Appell unterzeichnen.
Die Realisierung des Ziels sehen die Leute nicht in nächster Zukunft. «Der Weg ist das Ziel», betonte Lang. Das Engagement für Demokratie in der UNO stärke sowohl die Demokratie in den einzelnen Ländern als auch das Völkerrecht.
swissinfo und Agenturen
Die Kampagne für die Einrichtung eines UN-Parlaments ist ein globales Netzwerk von Abgeordneten und Nicht-Regierungs-Organisationen, die sich für eine Bürgervertretung bei den Vereinten Nationen einsetzen.
Das Sekretariat der Kampagne wird vom Komitee für eine demokratische UNO geleitet. Die Anfänge zur Lancierung der Kampagne liegen im September 2004.
Seit Ende April wird die Kampagne mit zahlreichen Veranstaltungen auf den fünf Kontinenten öffentlich präsentiert.
Schweizer Parlamentarier haben sich Anfang 2005 dem Aufruf angeschlossen.

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