Jean-Philippe Maitre ist tot

Der ehemalige Präsident des Schweizerischen Nationalrates, Jean Philippe Maitre, ist am Mittwoch im Alter von 56 Jahren an Krebs gestorben.
Der an einem Hirntumor erkrankte ehemalige höchste Schweizer hatte Anfang März 2005, drei Monate nach seiner Wahl, zurücktreten müssen.
Der verstorbene frühere Präsident der Grossen Kammer galt in seiner politischen Karriere als Mann der Mitte, des Dialogs und Ausgleichs. Er gehörte der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) an.
Der 1949 geborene Genfer Politiker mit jurassischen Wurzeln war ein politischer Senkrechtstarter. Seine Liebe zur Politik wurde ihm in die Wiege gelegt: Bereits sein Vater Yves war CVP-Politiker.
Im Alter von 24 Jahren wurde Maitre, gelernter Jurist, in den Genfer Grossen Rat (Kantonsparlament) gewählt, dem er zwölf Jahre lang angehörte. Vor seiner Wahl in die Genfer Kantonsregierung (Exekutive) 1985 präsidierte Maitre die CVP des Kantons Genf.
Im Genfer Staatsrat stand er zwölf Jahre lang der Volkswirtschaftsdirektion vor, wo er sich für den Flughafen Cointrin stark machte. 1996 trat er aus Protest als Swissair-Verwaltungsrat zurück, weil die Fluggesellschaft Langstreckenflüge aus Genf abzog.
Gegen die zunehmende Polarisierung
1983 wählten die Genfer den 34-Jährigen in den Nationalrat, wo er die Aussenpolitische Kommission (APK) und die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) präsidierte. Von 1998 bis 2002 leitete er die CVP-Bundeshausfraktion. Krönung seiner politischen Karriere war die Wahl zum Nationalrats-Präsidenten Ende November 2004.
Maitre legte in seiner Antrittsrede sein politisches Credo ab. Er beklagte die immer stärkere Polarisierung, die nicht der schweizerischen Politkultur entspreche und den Zusammenhalt in einem Land mit lauter Minderheiten gefährde.
Bei seiner ersten und einzigen Session im Präsidium des Nationalrates musste er die bilateralen Abkommen II mit der EU mit dem umstrittenen Dossier Schengen/Dublin, die Ausdehnung der Freizügigkeit auf die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten und das Budget 2005 durchpeitschen.
Aufruf zur internationalen Zusammenarbeit
Anfang 2005 wurde bei ihm ein Hirntumor festgestellt, was ihn zum vorzeitigen Rücktritt von seinem Amt auf Anfang März 2005 bewog. In seinen Abschiedsworten vor dem Parlament rief er zur Zusammenarbeit mit Europa und der Welt sowie zu Reformen auf.
In seiner politischen Karriere ist Jean-Philippe Maitre nur die Wahl in den Bundesrat verwehrt geblieben. Zwar galt er 1999 als möglicher Kandidat beim Doppelrücktritt der beiden CVP-Bundesräte Flavio Cotti und Arnold Koller. Der Genfer verzichtete aber schlussendlich auf eine Kandidatur.
swissinfo und Agenturen
Jean Philippe Maitre: 18. Juni 1949 – 1. Februar 2006
Mit 24 Jahren: Mitglied des Genfer Kantonsparlaments
Mit 36 Jahren: Eintritt die Genfer Regierung
1981 – 1984: Präsident der Genfer CVP
1985 – 1995: Genfer Wirtschaftsminister
1993: Wahl in den Nationalrat
1998 – 2002: Fraktionspräsident der CVP im Bundesparlament
29. November 2004 – 28. Februar 2005: Präsident des Nationalrates
Gemäss der Schweizerischen Verfassung ist der Präsident des Nationalrates (der Grossen Kammer) der höchstgestellte Schweizer.
Zu Beginn der Wintersession des Bundesparlaments wird er von den 200 Abgeordneten des Nationalrates gewählt. Eine Wiederwahl für das folgende Jahr ist ausgeschlossen.
Der Nationalrats-Präsidenten leitet die Verhandlungen der Grossen Kammer, vertritt sie im Ausland, wacht über die Befolgung des Geschäfts-Reglements sowie über die Ordnung in den Sitzungen.
Er präsidiert zudem die Vereinigte Bundesversammlung, die aus dem Nationalrat und dem Ständerat (der Kammer der Kantone) gebildet wird.
Jean Philippe Maitre: 18. Juni 1949 – 1. Februar 2006
Mit 24 Jahren: Mitglied des Genfer Kantonsparlaments
Mit 36 Jahren: Eintritt die Genfer Regierung
1981 – 1984: Präsident der Genfer CVP von 1981 bis 1984
1985 – 1995: Genfer Wirtschaftsminister
1993: Wahl in den Nationalrat
1998 – 2002: Fraktionspräsident der CVP im Bundesparlament
29. November 2004 – 28. Februar 2005: Präsident des Nationalrates

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