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Schweiz braucht neues Netzwerk für Ära Obama

Barack Obama begrüsst am Popkonzert vor dem Lincoln Memorial Marisa Tomei (Mitte) und Shakira. Keystone

Heute legt Barack Obama vor dem Kapitol in Washington als erster schwarzer Präsident in der Geschichte der USA seinen Amtseid ab. Zum Grossanlass werden bis zu zwei Millionen Besuchende erwartet. Mit dabei ist auch der Schweizer Botschafter Urs Ziswiler.

Der Schweizer Botschafter in Washington, Urs Ziswiler, äussert sich zu den Herausforderungen, die sich Amerika und seinem 44. Präsidenten stellen.

Für Dienstag sind in Washington eisige Temperaturen angesagt. Werden Sie mit Obama in der Kälte vor dem Kapitol ausharren?

Urs Ziswiler: Sicher, ich freue mich auf diesen historischen Tag.

In Washington werden über drei Millionen Menschen erwartet: Eine nie dagewesene Riesenveranstaltung.

Hatten Sie schon die Gelegenheit, Obama zur Wahl zu gratulieren?

U.Z.: Ich habe ihn erst einmal getroffen, vor den Wahlen, zu einem kurzen Handschlag. Die letzten Monate haben wir aber genutzt, um Kontakte zu Personen zu pflegen, die in der neuen Regierung eine Rolle spielen werden.

3000 Beamte werden im ganzen Apparat ausgewechselt, da muss ein neues Netzwerk aufgebaut werden.

Sind darunter auch Gesichter, die Sie bereits kennen?

U.Z.: Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Leuten wie etwa dem voraussichtlichen Finanzminister Tim Geithner, der gute Kontakte zur Schweiz pflegt.

Oder mit dem künftigen Berater von Aussenministerin Hillary Clinton, Dennis Ross, mit dem ich aus meiner Zeit im Nahen Osten bekannt bin.

Wo liegen die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit der Schweiz mit Amerika?

U.Z.: In Sachen Wirtschaft und Finanzwesen steht viel Arbeit an. Viele befürchten, dass der Druck auf die Schweiz im Fiskalbereich wachsen wird.

Sowohl Demokraten wie Republikaner setzen sich angesichts des amerikanischen Schuldenberges dafür ein, nun an alle Steuergelder zu kommen, die dem Land zustehen.

Setzen die neuen Leute im Vergleich zur Bush-Regierung bereits andere Akzente?

U.Z.: Ja, vor allem in der Aussenpolitik. Obama hat angekündigt, dass er sich nicht vor direkten Kontakten mit Regierungen scheut, mit denen Bush nicht sprach. Die Schweiz vertritt die Interessen der USA in Iran und Kuba, zwei jener Staaten, die Bush schnitt.

Es ist zudem Obamas erklärtes Ziel, das Gefängnislager auf Guantanamo zu schliessen. Daran hat auch die Schweiz als Depositärstaat der Menschenrechts-Konventionen Interesse.

Die Erwartungen, die in Obama gesetzt werden, sind sehr hoch. Wird er sie erfüllen können?

U.Z.: Es wird ihm kaum gelingen, in allen Bereichen so schnell voran zu kommen, wie erhofft.

Obama hat aber die Fähigkeit, zuzugeben, wenn etwas nicht so klappt wie vorgesehen. Er kann sich dem Publikum erklären. Das war keine der Stärken von George W. Bush.

Steht bereits ein Besuch des Präsidenten oder seiner Aussenministerin in der Schweiz an?

U.Z.: Noch ist kein Termin vereinbart, aber wir hoffen, dass Obama oder Clinton schon bald einmal an einer internationalen Konferenz in Genf teilnehmen werden.

Auch das WEF, das World Economic Forum in Davos, gilt als gute Gelegenheit, ranghohe Politiker zu treffen.

U.Z.: Ja, wenn auch der Zeitpunkt Ende Januar dieses Jahr nicht besonders günstig für Kontakte mit amerikanischen Politikern ist: Die neuen Regierungsvertreter müssen zuerst der Reihe nach in ihren Ämtern bestätigt werden.

Der Wirtschaftsberater Obamas, Larry Summers, und die Senatoren Chris Dodd und Barney Frank werden aber in Davos erwartet.

Interview: swissinfo und Roman Elsener, sda, New York

Barack Obama, 1961 in Honolulu auf Hawaii geboren, ist Jurist. Ab 2004 war er Senator für den Gliedstaat Illinois.

Er ist der erste afroamerikanische Präsident der Vereinigten Staaten.

Am 10. Februar 2007 hatte er vor 18’000 Zuhörern in Springfield (Illinois) seine Präsidentschafts-Kandidatur verkündet.

In den Vorwahlen der Demokraten gewann Obama in 29 der 50 US-Bundesstaaten. Dass sich seine Hauptkonkurrentin Hillary Clinton dennoch bis zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihm lieferte, lag vor allem daran, dass Obama in den meisten bevölkerungsreichen Staaten schwächer abschnitt als sie.

Am 3. Juni 2008 erreichte Obama die notwendige Zahl von Delegiertenstimmen, um sich eine Mehrheit für die Nominierung zum Präsidentschafts-Kandidaten seiner Partei zu sichern.

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