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Arbeit auf Abruf – vor allem Frauen betroffen

Vor allem Frauen arbeiten auf Abruf, die Gewerkschaften fordern klare Regeln. Keystone Archive

In der Schweiz leisten 160'000 Personen oder 5% aller Arbeitnehmenden Arbeit auf Abruf. Betroffen sind vor allem Frauen. Drei von fünf Personen verfügen über kein garantiertes Minimum an Arbeitsstunden.

Interessant sei, schreibt das Bundesamt für Statistik (BSF), dass Beschäftigte auf Abruf – rund 5% aller Arbeitenden – etwa gleich oft unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen seien wie alle Arbeitnehmenden insgesamt.

Das geht aus der Schweizerischen Arbeitskräfte-Erhebung (SAKE) 2001 hervor, die das Bundesamt für Statistik (BSF) am Donnerstag veröffentlicht hat. Zum ersten Mal ermittelten die Statistiker für die Schweiz das Ausmass der Arbeit auf Abruf.

Arbeit auf Abruf = Frauenarbeit

Von den rund 160’000 Personen, die auf Abruf arbeiten, sind 106’000 Frauen und knapp 55’000 Männer. Zwei Drittel aller von Arbeit auf Abruf betroffenen Personen waren damit Frauen, im Gesamtarbeits-Markt beträgt der Frauenanteil 46%.

Mit wenig Freude schaut der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) auf diese Entwicklung. “Die hohe Zahl der Beschäftigten auf Abruf ist alarmierend”, sagte Pietro Cavadini, SGB-Zentralsekretär am Donnerstag zu den SAKE-Angaben.

Der SGB beobachte diese Entwicklung schon seit einiger Zeit mit Besorgnis. Die vor allem im Gastgewerbe und anderen saisonabhängigen Gewerben verbreitete Arbeit auf Abruf biete wenig Sicherheit für die Betroffenen.

Gewerkschaftsbund sieht Handlungsbedarf

Die Arbeitsverträge für solche Stellen seien in der Regel schlecht ausgestaltet. Die Arbeitnehmenden müssten “gratis” Präsenzzeit leisten. Häufig würden sie dadurch unter Druck gesetzt, dass sie bei mehrmaliger Ablehnung einer Arbeit nicht mehr berücksichtigt würden, sagte Cavadini weiter.

Auch fehlten klare gesetzliche Grundlagen für diese Arbeitsform. Der SGB sei zwar im Gespräch mit den Arbeitgebern. Die Bereitschaft zur Kooperation sei aber gering.

“Arbeit auf Abruf muss klar geregelt und über eine längere Frist vereinbart sein”, bekräftigte der Gewerkschafter. Zudem müsse das Einkommen festgelegt und ein Arbeitszeitplan vorhanden sein.

Regelfall: vorgegebener Stundenplan

Noch immer aber arbeiten mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einem fest vorgegebenen Stundenplan, wie aus den neuen SAKE-Zahlen weiter hervorgeht. 5% aller Erwerbstätigen orientieren sich an Jahres-Arbeitszeit- Modellen.

Der Trend zur Teilzeitarbeit hat sich im letzten Jahr nochmals fortgesetzt: Waren es im Jahr 2000 erst 1,138 Millionen, so belief sich ihre Zahl dieses Jahr auf 1,207 Millionen Personen. Umgekehrt nahm die Zahl der Vollzeit-Erwerbstätigen innert Jahresfrist von 2,740 auf 2,731 Millionen ab.

Im 2. Quartal 2001 arbeiteten zudem 134’000 Personen oder 4,4% aller Arbeitnehmenden regelmässig in der Nacht. Dabei machten Frauen – vermutlich wegen der rechtlichen Bestimmungen – mit 3,9% den kleineren Anteil aus. Sie arbeiten hingegen häufiger am Sonntag als Männer. 357’000 Arbeitnehmende leisten regelmässig Schichtdienst.

Höchststand bei Erwerbstätigen

Wie aus der SAKE-Studie weiter hervor geht, stieg die Zahl der Erwerbstätigen im zweiten Quartal 2001 im Vergleich zu Vorjahresperiode um 1,5% auf fast 4 Millionen Personen – ein Höchststand.

Insgesamt 1,748 Millionen Frauen und 2,190 Millionen Männer gingen gemäss der Erhebung einer Erwerbsarbeit nach. Die Entwicklung sei vor allem auf die Zunahme der Erwerbstätigkeit bei den Frauen zurückzuführen, vor allem bei den ausländischen Frauen.

Konjunkturabschwächung

Die Erwerbslosigkeit sank verglichen mit den Vergleichsmonaten des Vorjahres von 2,7 auf 2,5%. Die Zahl der Menschen, die im zweiten Quartal 2001 ohne Arbeit und auf Stellensuche waren belief sich laut den SAKE-Zahlen auf 101’000.

Bei der Bewertung dieser Zahlen müsse jedoch beachtet werden, dass sich die nun eingetretene konjunkturelle Abkühlung in den nächsten Monaten vermutlich dämpfend auf den Arbeitsmarkt auswirken werde, schreibt das BFS. Der dieses Jahr erzielte Höchststand der Erwerbstätigkeit müsse insofern relativiert werden.

swissinfo und Agenturen

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