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Breite Unterstützung für den G7-Aktionsplan

Der amerikanische Notenbankchef Ben Bernanke (links) und IWF-Generaldirektor Dominique Strauss-Kahn. Keystone

Der Aktionsplan der sieben führenden Industriestaaten (G7) erhält breite Unterstützung - auch von den 185 Mitgliedsländern des IWF und der Gruppe der 20 Schwellen-und Entwicklungsländer. Die Schweiz sieht weiterhin keinen Grund für eine staatliche Intervention.

In Washington stellte sich der Währungs- und Finanzausschuss des IWF (IMFC) hinter den G7-Plan. Der Vorsitzende des IMFC, Youssef Boutros-Ghali, sprach von einem entscheidenden Beitrag zur Wiederherstellung von Vertrauen.

«Die erste Koordinierung zwischen Industrieländern und dem Rest der Welt ist auf die Schiene gebracht», sagte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn zum Schulterschluss. Er sei zuversichtlich, dass bereits «in den nächsten Tagen» die Märkte positiv reagieren werden und der derzeit zum Stillstand gekommene Kreditmarkt wieder in Schwung komme.

Die G20 erklärten in einer gemeinsamen Erklärung, die Probleme, vor denen man weltweit stehe, könnten nicht von einem einzelnen Land oder einem einzigen Kontinent gelöst werden.

Die G7-Finanzminister und Notenbankchefs hatten zuvor einen aus fünf Punkten bestehenden Aktionsplan gegen die Krise beschlossen. Darin wird eine enge Abstimmung der Länder über ihre jeweiligen Rettungsbemühungen zugesagt.

Die G7 verpflichten sich, das Überleben aller für das Finanzsystem wichtiger Finanz-Institute sicherzustellen. Zugleich unterstreichen sie die Notwendigkeit von Kapitalhilfen für notleidende Banken, wobei sie ausdrücklich die Möglichkeit von staatlichen Beteiligungen aufzeigen.

Zudem sollen Banken-Einlagen umfassend garantiert werden. Die G7 erhoffen sich von dem Aktionsplan und Konzepten auf dieser Basis eine Beruhigung der Welt-Börsen. Dort waren die Kurse zuletzt fast ungebremst abgestürzt.

«Das ist eine Systemkrise, und sie bedarf systemischer Antworten», sagte Boutros-Ghali. IWF-Chef Strauss-Kahn mahnte, das weltweite Finanzsystem stehe am Rande des Zusammenbruchs.

Spielraum in der Schweiz vorhanden

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verfügt nach Ansicht ihres Chefs Jean-Pierre Roth weiterhin über genügend Spielraum, um in Abstimmung mit den anderen Notenbanken die Leitzinsen zu senken – ähnlich der konzertierten Aktion in der vergangenen Woche. Er erinnerte an die Tatsache, dass der Satz 2003 auf 0,25% lag gegenüber momentan 2,5%

«Diese Krise ist schrecklich, aber wenn wir so etwas nicht noch einmal erleben wollen, dann müssen die Banken besser kapitalisiert werde und sich weniger verschulden», sagte gegenüber swissinfo.

«Vor allem in den USA sind sehr viele Einschätzungsfehler passiert. Man muss sich also auch die Frage stellen, ob die Kontrollorgane, namentlich auch jene des IWF, den Herausforderungen gewachsen sind», so Roth.

Situation mit jedem Krisentag schwieriger

Wirtschaftsministerin Doris Leuthard sieht weiterhin keinen Grund für staatlichen Aktivismus. In einem Interview wies sie in Washington allerdings darauf, dass mit jedem weiteren Krisentag auch in der Schweiz die Situation schwieriger werde.

Im Vordergrund stehe die Liquidität auf dem Finanzmarkt – und in dieser Hinsicht verfüge man nach wie vor über Informationen, wonach die einheimischen Unternehmen in ausreichendem Mass Zugang zu Krediten erhielten. Dies sei zentral, damit die Wirtschaft nicht in besorgniserregendem Ausmass nach unten gezogen werde.

Langfristige Stabilität könne aber nur erreicht werden, wenn die Banken generell besser kapitalisiert würden, die Verschuldung zurückgehe und die Liquidität gesichert bleibe. Darin seien sich die Vertreter aller Staaten in Washington einig gewesen, unabhängig von ihrem jeweiligen Bankensystem.

Angespannte Stimmung

Die Stimmung an der Jahrestagung von Weltbank und IWF bezeichnete Leuthard als angespannt. Es sei viel Hektik «bis hin zu Panik» spürbar gewesen; aber es hätten auch viele transparente Diskussionen mit dem Ziel der internationalen Koordination geführt werden können, namentlich auch mit Blick auf die Situation in den Entwicklungsländern.

Eine grundlegende Einigkeit habe darin bestanden, dass es in der heutigen Situation ohne starke Staaten und insbesondere ohne starke Zentralbanken nicht gelingen könne, das Vertrauen in das weltweit angeschlagene Finanzsystem zurückzugewinnen.

swissinfo und Agenturen

Der IWF und die Weltbank gehören zu den sog. Bretton-Woods-Institutionen, die 1944 am Ende des Zweiten Weltkriegs auf Initiative der USA geschaffen wurden.

Der IWF soll mit Krediten vorübergehende Zahlungsbilanz-Krisen von Mitgliedländern auffangen. Später hat sich die Rolle des IWF geändert.

Weil Industrieländer nicht mehr in Zahlungsbilanzkrisen gerieten, engagiert sich der IWF seit den Achtzigerjahren immer mehr in Schwellenländern, vor allem in Lateinamerika.

Das Betriebsbudget des IWF für 2700 Angestellte beträgt eine Milliarde Dollar. In letzter Zeit haben die Einnahmen abgenommen, einerseits wegen der Schuldentilgung bei den ärmsten Ländern und andrerseits wegen der Tendenz der Schwellenländer, Finanzhilfen auf dem privaten Markt zu suchen.

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