
Bundeshilfe für Swissair wird wieder aktuell

Die Krise der internationalen Zivilluftfahrt nach den Terroranschlägen in den USA rückt die Frage der Bundeshilfe für die Swissair wieder aufs Tapet. Unklare Signale aus Bern stürzten die Aktie am Dienstag in ein Wechselbad. Auch die Swissair schliesst einen Bittgang nach Bern nicht mehr kategorisch aus.Der Ständerat will über Bundeshilfe für die Swissair diskutieren.
Für Irritation bei den in Sachen Swissair zuständigen Departementen für Finanzen (EFD) und Verkehr (UVEK) sorgten in den letzten Tagen Aussagen von Wirtschaftsminister Pascal Couchepin. Er erklärte gegenüber swissinfo, bisher hätten sowohl Swissair-Chef Mario Corti wie auch der Bundesrat eine staatliche Unterstützung der Schweizer Regierung an das Unternehmen ausgeschlossen. Falls aber die USA ihre Fluggesellschaften offiziell unterstützten, würde es für die restliche Welt schwierig, nicht auch das gleiche zu tun.
Im EFD und im UVEK hiess es demgegenüber, die Stellungnahme des Bundesrats vom vergangenen 5. September, in der eine Bundeshilfe abgelehnt worden war, gelte nach wie vor. Finanzminister Kaspar Villiger bekräftigte in einem Interview mit dem Zürcher Tages-Anzeiger das Nein des Bundesrats zu Finanzspritzen für die marode Swissair. Ob die Swissair bereits einen Antrag auf Bundeshilfe gestellt hat, wollte Villiger nicht sagen.
Swissair-Chef Corti beim Finanzminister
EFD-Sprecher Dieter Leutwyler gab zudem bekannt, dass Swissair-Chef Mario Corti am Montag bei Bundesrat Kaspar Villiger vorgesprochen hatte. Es sei selbstverständlich, dass der Bund als qualifizierter Minderheits-Aktionär der Swissair die wirtschaftliche Situation der Fluggesellschaft laufend analysiere und sich über die Entwicklung informieren lasse.
«Alle möglichen Optionen prüfen»
Swissair-Kommunikationschef Rainer Meier sagte, es sei um eine Information über die möglichen Szenarien gegangen, falls es wirklich zu einem massiven Einbruch bei den Passagieren und im Frachtverkehr kommen sollte. Klar ist laut Meier unterdessen, dass das Sanierungsprogramm der Swissair angepasst werden muss. Die nötigen Massnahmen würden so schnell wie möglich beschlossen und bekannt gegeben. Auf die Frage, ob dazu auch eine Bundeshilfe gehören könnte, sagte Meier: «Es werden alle möglichen Optionen geprüft.»
Bisher hatte Swissair-Chef Corti versichert, er wolle die Luftverkehrsholding ohne staatliche Hilfe sanieren. Dass es beim Treffen in Bern vor allem um Finanzen gegangen sein dürfte, macht der Umstand deutlich, dass auch Swissair-Finanzchefin Jacqualyn Fouse und der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Peter Siegenthaler, mit von der Partie waren.
Swissair-Debatte im Parlament
Der Ständerat, die Grosse Parlamentskammer, hat eine dringliche Debatte über die akuten Finanzprobleme der Swissair angesetzt. Das Ständeratsbüro erklärte am Mittwoch eine am Vortag vom Tessiner CVP-Ständerat Filippo Lombardi eingereichte Interpellation für dringlich. Die Debatte über eine allfällige Bundeshilfe für die Schweizer Luftverkehrsgesellschaft wurde auf Donnerstag der dritten Sessionswoche angesetzt.
Lombardi hatte in seiner Interpellation darauf hingewiesen, dass die USA eine finanzielle Unterstützung der amerikanischen Airline-Industrie von 15 Milliarden US-Dollar angekündigt hat. Eine erfolgreiche Restrukturierung der Swissair liege im Interesse von Politik und Wirtschaft. Es sei fraglich, wie weit die Sanierung auf Grund der zusätzlichen Erschwernisse erfolgreich sein könne.
Die gesamte CVP-Fraktion machte sich bereits am Dienstagabend für Staatshilfe zu Gunsten der Swissair stark. Sie forderte den Bund auf, die Banken zu einem runden Tisch einzuladen. Denn möglicherweise seien wegen der wirtschaftlichen Folgen der Terroranschläge in den USA auch bei der Swissair Tausende von Stellen in Gefahr. Auch führende FDP-Vertreter haben inzwischen eine Neubeurteilung der Lage im Lichte der Terroranschläge in den USA angeregt.
Streit um Balair beigelegt
Nach monatelangen Verhandlungen konnte die Swissair an einer Front Klarheit schaffen: Die Charter-Gesellschaft Balair wird weitergeführt. Hotelplan übernehme die Verantwortung für das gesamte kommerzielle Risiko und die Flugplanung der Swissair-Tochter, teilten die beiden Unternehmen am Dienstag mit. Die Crossair sei in dieser Lösung nicht mehr involviert.
Swissair-Aktie im Wechselbad der Stellungnahmen aus Bern
Die wenig kohärenten Stellungnahmen aus dem Bundeshaus lösten an der Börse extreme Kursausschläge aus. Unter dem Eindruck der Äusserungen Couchepins schnellte die Swissair-Aktie zunächst um 10,7% in die Höhe. Beim Bekanntwerden der weiteren Stellungnahmen setzte eine neue Verkaufswelle ein. Am Nachmittag stürzte die Aktie auf ein neues Allzeittief von 41,1 Franken ab. Das waren 15,7% weniger als am Vorabend. Bis zum Handelsschluss kletterte der Titel wieder auf 47,0 Franken, was einem Minus von 3,6% entsprach.
swissinfo und Agenturen

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