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Credit Suisse umgeht Bonus-Revolte der Aktionäre

Credit Suisse GV: Präsident Hans-Ulrich Doerig (rechts) und CEO Brady Dougan. Keystone

Die Aktionäre der Credit Suisse haben an der Generalversammlung den kontroversen Vergütungsbericht 2009 mit 6,9 Mrd. Franken Boni durchgewunken. Doch der Nein-Anteil war mit fast 30% hoch.

Insgesamt schüttet die CS für 2009 mehr Boni aus, als sie Gewinn machte: Bei 6,7 Milliarden Franken Gewinn vergibt sie knapp sieben Milliarden Franken für variable Vergütungen (Boni).

Nach einer heftigen Redeschlacht haben immerhin 29,16% der CS-Aktionäre den umstrittenen Vergütungsbericht ihrer Grossbank nicht akzeptiert.

“Ich sehe, ein beträchtlicher Teil von Ihnen ist nicht einverstanden”, quittierte Verwaltungsrats-Präsident Hans-Ulrich Doerig das Resultat. Die CS werde die künftigen Vergütungsprogramme verbessern, um mehr Zustimmung der Aktionäre zu erhalten.

Die Grossbank konnte somit eine Aktionärsrebellion im Stile, wie sie der UBS passierte, umgehen. Doch der Nein-Anteil ist dieses Jahr drei Mal höher als noch vor Jahresfrist.

Erst vor zwei Tagen hat der Schweizer Bundesrat dargelegt, dass er Massnahmen gegen Lohnexzesse ergreifen will. Bonuszahlungen von über zwei Mio. Franken sollen dabei neu speziell einkommensbesteuert werden.

Wie andere international tätige Finanzinstitute war auch die CS in den vergangenen Monaten von negativer Publizität begleitet gewesen, was die Bonuspolitik betrifft.

2009 erhielten die 13 Spitzenleute 149 Mio. Franken in Salär und Boni; 2008 waren es noch 107 Millionen für 15 Personen gewesen. Verwaltungsräte erhalten für 2009 mit 22,3 Millionen doppelt so viel wie im Vorjahr.

Die CS-Spitze mag vor der Generalversammlung etwas nervös gewesen sein, weil sie Grund zu Befürchtungen hatte, keine Entlastung (Décharge) von der Aktionären zu erhalten, so wie das die UBS-Aktionäre vor zwei Wochen taten.

Die CS werde die Lohnsysteme verbessern, um wieder mehr Zustimmung der Aktionäre zu bekommen. “Das ist uns sehr wichtig”, sagte der oberste Konzernverantwortliche Doerig zu den 2400 GV-Teilnehmern im Zürcher Hallenstadion.

Décharge ohne Probleme

Doch die CS-Aktionäre hörten auf CEO Brady Dougan, der ihnen ein Ja zum Vergütungsbericht nahelegte, falls sie wollten, dass “die Bank wie bisher weiter funktioniere”.

Dougan selbst erhält auch 19,2 Mio. Fr. für 2009 und ist damit bestbezahlter Bankchef Europas.

An der GV von Konkurrentin UBS hatten vor gut zwei Wochen über 39% den Vergütungsbericht abgeleht und der Bankführung für das Geschäftsjahr 2007 die Entlastung verweigert.

Die Décharge ist bei den CS-Aktionären für das vergangene Geschäftsjahr mit über 90% durchgekommen, so wie auch die übrigen Traktanden keine Diskussionen verursachten.

Unterschiedlich populärer Verwaltungsrat

Verwaltungsrat Aziz Syriani, den auch grössere Aktionärsgruppen wegen seiner Verantwortung für die jüngsten Bonusexzesse zur Abwahl empfohlen hatten, erhielt ebenfalls einen Denkzettel: Er brachte für eine Wiederwahl nur 68,2% der Stimmen hinter sich.

Seine Kritiker, darunter die Anlagestiftung Ethos, konnten 27,3% Neinstimmen zusammentrommeln.

Keine Aufspaltung

An der GV sprach sich VR-Präsident Doerig auch gegen die Aufspaltung der Grossbanken aus: “Mit einer Aufteilung oder Abspaltung unseres Universalbankensystems gäben wir ohne Not einen Trumpf aus der Hand. Zum Schaden des Finanzplatzes und unserer Exportwirtschaft – ein klassisches Eigengoal.”

Doerig wandte sich damit gegen jene Kritiker, die bemängeln, dass die Banken viel zu gross für die Volkswirtschaft seien und die deshalb eine Grössenbeschränkung fordern.

Für die Schweizer Wirtschaft hat die CS zusammen mit der UBS eine riesige Bedeutung: Die Bilanzsumme der beiden Institute ist rund fünf Mal so grosse wie das Bruttoinlandprodukt der Schweiz.

Ein Rettungsversuch bei einer möglichen Schieflage könnte die Finanzkraft des Staates überfordern.

Doerig hielt den “Too big to fail”-Kritikern das “Big enough to cope”-Prinzip entgegen. “Grösse kann auch zur Stabilität beitragen. Die Bank muss gross genug sein, um Probleme selber zu lösen.”

Zudem seien die Risiken in der Bilanz der Credit Suisse bedeutend besser verteilt als bei Schweizer Kleinkunden-Banken.

swissinfo.ch, Matt Allen und Agenturen

CS und UBS sind nicht nur in der Vermögensverwaltung tätig, sondern auch im Asset Management und im Investmentbanking, das riskant ist.

Während sich die CS in der
Kreditkrise besser geschlagen hat als die meisten vergleichbaren
Institute, erlitt die UBS Milliardenverluste und stieg aus gewissen Bereichen aus.

Angesichts der Boni für die CS-Spitzenmanager hat die Schutzgemeinschaft der Anlageopfer der untergegangenen US-
Investmentbank Lehman Bothers einen Teil des warmen Geldregens gefordert.

Die Schutzgemeinschaft forderte 400 Bankmanager der CS dazu auf, “von ihren 3 Mrd. Zusatzextrabonus lediglich zehn Prozent an die
Lehman-Opfer abzugeben”, sagte der Sprecher des Vereins, René Zeyer.

Die Credit Suisse habe “zähneknirschend 150 Mio. Fr. an die Lehman-Opfer” ausbezahlt. “Der Gesamtschaden von CS-Kunden beträgt aber über
600 Mio. Franken.”

Laut Brady Dougan will die CS 150 zusätzliche Lehrstellen schaffen.

Über die nächsten fünf Jahre würden 30 Mio. Fr. in Ausbildungsprogramme investiert.

Diese helfen jungen Menschen bei der Stellensuche und beim Eintritt ins Berufsleben weiter.

Zudem stellt die CS zusammen mit dem Swiss Venture Club und den Schweizer KMU und Jungunternehmen Risikokapital von bis zu 100 Millionen zur Verfügung, um Arbeitsplätze zu schaffen.

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