Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Flughafenstreit bedrängt Piccards Solarprojekt

Dass auf dem Flugplatz von Payerne neben der zivilen auch die militärische Nutzung ausgebaut werden soll, passt nicht allen. Keystone

Die Polemik um den Flughafen Payerne bedroht das Projekt "Solar Impulse". André Borschberg, CEO der Firma, die das Solarflugzeug entwickelt, schliesst einen Wegzug ins Ausland nicht aus.

Anrainer widersetzen sich der starken Ausweitung des militärischen und zivilen Luftverkehrs, wie ihn ein neu aufgelegter Nutzungsplan vorsieht.

Dass der Flugplatz im waadtländischen Payerne künftig vermehrt zivil genutzt werden soll, ist an sich nicht umstritten. Da aber die Armee ebenfalls mehr Flüge durchführen will, gerät der neue Nutzungsplan ins Kreuzfeuer der Kritik.

Die Anwohner wollen sich nicht mit rund einem Viertel mehr Kampfjetflügen abfinden. Es drohen Einsprachen gegen die am Dienstag aufgelegten Pläne.

Keine besonders erfreulichen Aussichten für Bertrand Piccards Solarprojekt “Solar Impulse”: Er will das revolutionäre Fluggerät in Payerne stationieren und testen.

Dafür aber muss das neue Nutzungskonzept möglichst bald über die Bühne, wie André Borschberg, CEO, Promotor und Pilot von “Solar Impulse”, gegenüber swissinfo ausführt.

swissinfo: Was halten Sie von den aktuellen Diskussionen um den Flughafen Payerne?

André Borschberg: Dieses Dossier sorgt tatsächlich für Aufsehen. Aber bis jetzt sind wird hinsichtlich der Entwicklung unsere Projektes ziemlich gelassen. Der Flughafen von Payerne ist der beste und fast einzig denkbare Ort in der Schweiz, um Versuchsflüge des Projekts “Solar Impulse” durchzuführen.

Würde jedoch unser Projekt wegen der nun laufenden Diskussionen verzögert, wären wir gezwungen, ziemlich schnell nach anderen Lösungen zu suchen.

Wir haben vor einigen Wochen mit der Konstruktion des Flugzeugs begonnen. Und auch wenn wir noch einige Entwicklungen abschliessen müssen, möchten wir im September 2008 mit den Testflügen beginnen.

Die Dauer der Tests ist schwer vorhersehbar, denn es handelt sich um ein Versuchsflugzeug und um einen Flugleistungsbereich, der bislang noch unerforscht ist. Die Tests könnten deshalb auch länger dauern als vorhergesehen.

swissinfo: Weshalb ist Payerne für Sie die optimale Lösung?

A.B.: Payerne ist in seiner Art interessant und einmalig. Abgesehen vom Hangar ist alles vorhanden: Eine gute Piste mit wenig Hindernissen, eine perfekte geografische Umgebung mit einer schwachen Besiedelungsdichte.

Zudem ist der Luftverkehr dort ziemlich bescheiden.

swissinfo: Wie lange können Sie ruhig bleiben und auf eine Lösung des Problems warten?

A.B.: Unser Dossier geht in die Konsultationsphase. Während dieser Zeit sind Einsprachen möglich, aber wir sind sehr schnell fixiert. Wenn sich das Projekt nicht wie vorgesehen durchführen lässt, wird es sehr schwierig.

Wir werden also in den kommenden Monaten nach Alternativen suchen müssen. Die schnellste wird die beste sein, denn andere Orte zu finden, ist nicht unmöglich. Da die ganze Organisation mitverlegt werden müsste, was Planung braucht, wird man folglich sehr schnell handeln müssen.

swissinfo: Gibt es Ihrer Meinung nach in der Schweiz andere Lösungen?

A.B.: Das ist schwierig! Wenige andere Flugplätze offerieren die selben Konditionen. Wir werden das Flugzeug zwar auf dem Flugplatz Dübendorf zusammenbauen. Aber dieser befindet sich zu nahe bei Kloten und in der Nähe von sehr dicht besiedeltem Wohngebiet.

Es ist auch nicht möglich, Pisten für unser Projekt in Genf oder Basel zu blockieren. Wenn wir andere Möglichkeiten in Betracht ziehen müssen, ist ein Ausweichen ins Ausland wohl unumgänglich. Denn der von uns gesuchte Flugplatz muss unbedingt mit jenem von Payerne vergleichbar sein.

swissinfo: Würde ein Umzug dem Projekt schaden?

A.B.: Ganz sicher. Einerseits, weil es sehr schade wäre, die Schweiz zu verlassen, wo wir das ganze Projekt entwickelt haben und auch die ersten Flüge durchführen möchten.

Andererseits ist es auch nicht einfach und sinnvoll, die Teams und die Infrastruktur zu verschieben.

swissinfo-Interview, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

2011 will Bertrand Piccard mit einem komplett neu entwickelten Solarflugzeug die Welt umrunden und auf allen 5 Kontinenten einmal zwischenlanden. Da die winzige Kanzel des Flugzeugs nur eine Person aufnehmen kann, werden sich Piccard und sein Partner André Borschberg als Piloten ablösen.

Die Flügel des Rekordflugzeuges sollen mit 80 Metern die Spannweite eines Airbus’ 380 aufweisen. Das von Sponsoren finanzierte Projekt soll rund 100 Mio. Franken kosten.

Der Waadtländer Psychiater Bertrand Piccard wurde international bekannt, als er 1999 als erster Mensch mit einem Heissluftballon nonstop die Welt umflog.

Auf dem Militärflughafen Payerne sollen künftig jährlich 8400 zivile Flugbewegungen erlaubt sein. Bisher waren es knapp 1000. Dazu kommen 21’150 Starts und Landungen von Militärflugzeugen. Davon entfallen 13’900 auf Kampfjets, rund ein Viertel mehr als bisher.

Während wochentags zwischen 07 Uhr und 20 Uhr geflogen werden darf, sieht das neue Reglement am Samstag eingeschränkte Öffnungszeiten und am Sonntag ein Flugverbot vor.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft