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Kräuter-Käse-Kultur

In über 50 Ländern finden sich Liebhaber des rassigen Glarner Käses. swissinfo.ch

Eigenwillig im Geschmack, einzigartig auf der Welt: Der Glarner Schabziger. Dieser Kräuterkäse dürfte der älteste Markenartikel der Schweiz sein. Seit 1463 mit einem Herkunftsstempel versehen, wird der rassige Glarner heutzutage in der GESKA in Glarus hergestellt.

Glarus: Kantonsname und gleichzeitig Kantonshauptort. Die Stadt Glarus, von der Einwohnerzahl her eher ein Flecken, denn eine Stadt, liegt eingebettet in einer imposanten Bergwelt. Pyramidenförmig erhebt sich der 2’300 Meter hohe Vorderglärnisch über das Linthtal, bietet Aussicht und Begrenzung zugleich.

Ygrubenstrasse in Glarus. Industriequartier. Die Sonne kämpft mit dicken Wolken um Anteilscheine. Bereits auf der Strasse wird klar, dass sich hier die GESKA, seit 1993 Alleinproduzentin des rassigen Kräuterkäses, befinden muss. Der unverwechselbare scharf-frische Schabzigergeruch hängt in der Luft. Umschmeichelt die Nase und weckt Erinnerungen an «Gschwellti» (gedämpfte Kartoffeln und verschiedenen Käsesorten).

Drinnen in der Fabrik, der Geruch ist um etliche Duftstärken angewachsen, beherrschen Chromstahl und modernste Maschinen das Bild. Als erstes muss der angelieferte Rohziger die Qualitätsprüfung bestehen. Organoleptisch, das heisst mit Augen, Nase, Hände, Maul wird der Rohstoff geprüft. Weiter ein Qualitätsmerkblatt ausgefüllt und eine Zigerprobe ins nebenanliegende Labor gereicht.

Rohziger wird, seit über tausend Jahren in der gleichen Art wie heute hergestellt. Die Zigersennen auf den Glarner Alpen erhitzen frische entrahmte Milch im Kessel auf gut 90 Grad. Dann wird langsam eine Milchsäure-Kultur eingerührt, die Milch scheidet in Ziger und Schotte. Der frische Ziger wird in flachen Becken (Gebsen) gesammelt, gärt und reift 4 bis 12 Wochen, bevor er ins Tal gelangt.

Hat der Rohziger die erste Qualitätshürde genommen wird die Masse zuerst zerrieben, später wird zugesalzen und für die nächsten zwei bis sechs Monate im Silo eingelagert. Bewährt hat sich seit Jahrhunderten das Holzsilo, welches Feuchte abgeben kann. Versuche mit Chromstahl oder Plastik endeten unbefriedigt. Auch hier ist alles blitzblank sauber, schreiben die Arbeitenden weitere Qualitätsmerkblätter voll.

Im 8. Jahrhundert wird der Glarner Ziger erstmals schriftlich erwähnt. Bereits um 1400 wird der Ziger zum begehrten Handelsartikel. Glarner Zigermannli verkaufen ihre Ware auf den Märkten, von Tür zu Türe, auf dem Lande. Die Glarner Regierung reagiert schnell und erlässt eine Verordnung betreffend Qualität sowie Aussehen erstellen. Und künftig muss der Hersteller seine Stöckli kennzeichnen. Folge: Der Schweiz erster Markenartikel schifft in speziellen Zigerschiffen hinaus in die Welt.

Zurück in die Fabrik. «Im Holzsilo», so erklärt Geschäftsleiter Ruedi Jakober, «verliert der Ziger Feuchtigkeit. Hat sich sein Aroma entwickelt, kommt der Ziger nochmals in den Cutter. Jetzt wird ihm das Zigerklee-Pulver zugefügt.» Jenes stark reichende Kraut, welches nicht zur Blüte gebracht werden darf und heute am oberen Zürichsee angepflanzt wird. Trigonella Caerulea, Zigerklee, ein Kraut gewachsen für fast alle Fälle.

Das Naturprodukt Schabziger, fettarm, würzig, eiweissreich und vielseitig verwendbar, war schon 1715 Inhalt einer Doktorarbeit. Erwähnt wurde die Heilkraft des Zigers bei Blutarmut und Verdauungsproblemen. Gilt heute noch genauso.

Nach dem Zugeben des Zigerklees wird die Masse abgefüllt. Einst in Holzformen gestampft, geschieht dies heute vollautomatisch. Die charakteristische konische Form exklusiv und weltweit geschützt ist markantes Erkennungszeichen, wie auch die silbrig-grüne Verpackungsfolie.

Jetzt geht der grüne Glarner auf Reisen. Sei es bloss ins Ladengestell der Grossverteiler oder aber, der grössere Teil ins Ausland. Rund 60% des Zigers wird exportiert, wobei Holland vor Deutschland der grösste Abnehmer ist. Ob Stöckli, Schmelzkäse oder Anggäziger, ob als Käse gegessen oder als Gewürz gebraucht in über 50 Ländern der Welt hat der Käse seine Liebhaber und Liebhaberinnen.

Brigitta Javurek

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