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Nationalbank-Chef Roth trotz US-Kreditkrise optimistisch

Jean-Pierre Roth: Krise noch nicht vorbei Keystone

SNB-Chef Jean-Pierre Roth ist zwar besorgt über die Turbulenzen an den Finanzmärkten. In die Schweizer Wirtschaft und das Finanzsystem habe er aber Vertrauen, sagte er in einem Interview.

Die Gefahr eines Einbruchs in der Schweiz besteht für den SNB-Chef nicht. Die Krise sei aber noch nicht vorüber.

Überraschend hat die US-Notenbank Fed am Freitag den Leitzins gesenkt. Ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) ebenfalls ihre Zinspolitik revidiert, liess Präsident Jean-Pierre Roth offen.

“Die nächste Lagebeurteilung machen wir in einem Monat. Wir werden dabei wie üblich alle Elemente berücksichtigen, die vorliegen”, sagte er in einem Interview der NZZ am Sonntag (neueste Ausgabe).

Dank Konsum und Investitionen

Während in den USA das Gespenst einer Rezession umhergeht, entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft laut Roth erfreulich positiv: “Wir sehen eine sehr lebendige Binnennachfrage, das heisst starke Impulse von Konsum und Investitionen sowie etwas weniger von der Bauwirtschaft. Etwas geringer ist hingegen die Unterstützung vom Export.”

Die Gefahr eines Einbruchs bestehe nicht. Die “Dynamik wird nicht so rasch abflauen, auch wenn wir in der zweiten Jahreshälfte eine etwas langsamere Gangart erwarten.” Es könne natürlich sein, dass der wichtige Finanzsektor einen kleineren Beitrag liefere.

“Unglaubliches” passiert

Grundsätzlich habe er aber trotz der Fehlentwicklungen in den USA “vollständiges Vertrauen” in das Schweizer Finanzsystem, sagte Roth. Die Engagements der Grossbanken stellten im Verhältnis zum Eigenkapital überhaupt kein Problem dar. “Ich habe grosses Vertrauen, dass die Finanzinstitute die Risiken im Griff haben.”

In den USA hingegen sei “Unglaubliches” passiert. “Da erhielten Leute Kredite, die weder Einkommen noch Vermögen hatten.” Diese Papiere seien weitergereicht und in strukturierte Produkte umgewandelt worden, und die Rating-Agenturen hätten ein Gütesiegel aufgedrückt.

Realität schlägt zurück

“Und nun sehen wir, dass es für solche Papiere keinen Markt gibt. Jetzt schlägt die Realität zurück”, bilanzierte Roth. Er bedauere, dass die Korrektur nicht schon vor einem Jahr gekommen sei. Jetzt sei die Geschichte sicher noch nicht zu Ende.

Es herrsche Misstrauen, Banken behielten Liquidität. “Das war besonders im Euro-Raum der Fall. Deshalb hat die Europäische Zentralbank mit einer sehr grossen Operation die Märkte beruhigt.”

Die SNB habe bei den Geldspritzen mitgemacht, weil sich Banken aus dem Euro-Raum Liquidität in Franken besorgt hätten und es so einen Nachfragedruck auf den Franken-Geldmarkt gegeben habe.

“Als sich die Lage beruhigte, haben wir die Liquidität wieder zurückgenommen”, erklärte Roth. Damit sei die Geldspritze wieder neutralisiert und es entstehe daraus keine Inflationsgefahr.

swissinfo und Agenturen

Die USA zählen rund 300 Mio. Einwohner.
Davon haben bis 70% Einfamilienhäuser, die sie mit Hypotheken (Mortgages) finanzieren.
Diese Mortgage-Kredite wurden wegen dem Immobilienboom mit immer weniger Restriktionen vergeben.
Das gestiegene Risiko wurde über leicht höhere Zinssätze auszugleichen versucht.
Diese Mehrbelastung stand jedoch in keiner Relation mit der Zunahme des Risikos.
Über Hedgefonds und “Stückelungen” (Verbriefung, Securitisation) als Risikoverteilung beteiligten sich auch internationale Institute und Anleger am US-Markt, indem sie den US-Banken Kreditrisiken abkauften.

Die vergangenen zwei Wochen waren geprägt von Preisturbulenzen an den internationalen Börsen.

Vorausgegangen waren Insolvenzen in der amerikanischen, später auch internationalen Hypothekarbanken-Branche.

Ende vorletzter Woche griffen die Zentralbanken ein und verabreichten den Finanzmärkten teils sehr grosszügige Liquiditätsspritzen.

Diese haben offenbar gewirkt.

Zumindest in der Schweiz haben sich die Kursverläufe der Aktienmärkte wieder etwas stabilisiert.

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