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Nationalbank senkt Zins

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Die Schweizerische Nationalbank reagiert auf die verschlechterten wirtschaftlichen Perspektiven und senkt den Zinssatz um 0,5 Prozent.

Mit dieser erneuten Lockerung der Geldpolitik – es ist die dritte Zinssenkung seit September und die vierte in diesem Jahr – beträgt das Zielband für den Dreimonate-Libor neu 1,25 bis 2,25 Prozent. Insgesamt beträgt damit die Senkung in diesem Jahr 1,75 Prozentpunkte, der Leitzins fällt damit auf den Stand von Anfang 2000 zurück.

«In der Schweiz gibt es keine Anzeichen einer Gefährdung der Preisstabilität», begründete Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth den Schritt am Freitag vor den Medien.

Die Zinssenkung kommt nicht unerwartet, wegen der abgeschwächten Konjunktur haben Wirtschafts-Verbände schon seit Wochen eine weitere Lockerung der Geldpolitik gefordert.

Exportwirtschaft zufrieden

Der Wirtschaftsdachverband «economiesuisse» hat die Kurskorrektur denn auch begrüsst. «Wir haben den Zinsschritt erwartet und sind froh, dass die Notenbank gehandelt hat», sagte «economiesuisse»-Sekretär Rudolf Walser.

Schlechte Prognose für Konjunktur

Eher überraschend ist die vergleichsweise schlechte Wirtschafts-Prognose, welche die Nationalbank ihrem Handeln zugrunde legt: Für das Jahr 2002 wird von einem Wachstum in der Grössenordnung von einem Prozent ausgegangen.

«Wir gehen davon aus, dass sich die Wirtschaft bis Mitte nächsten Jahres verhalten entwickeln und unter ihrem Potenzial wachsen wird», sagte Roth. Die Arbeitslosigkeit dürfte in den kommenden Monaten weiter ansteigen: «Erst in der zweiten Hälfte von 2002 dürfte die Konjunktur wieder im Gleichschritt mit der Entwicklung im Ausland anziehen.»

Allerdings: Die Investitionen und der Konsum hängen stark vom Vertrauen ab. Die Unsicherheiten bei der Prognose seien gerade jetzt besonders gross. Die Nationalbank betont denn auch, man werde weiterhin auf Veränderungen reagieren, um dem Ziel der Preisstabilität nachzukommen.

Zudem ist die Schweiz keine Insel: Seit mehreren Quartalen sei «eine augenfällige Gleichläufigkeit» der Konjunktur-Entwicklungen zu beobachten, führte Bruno Gehrig, Vizepräsident der Nationalbank, aus.

Zuversichtlich für Franken-Entwicklung

Vor dem 11. September kostete ein Euro ungefähr 1,52 Schweizer Franken. In der Unsicherheit stürzten sich dann viele Anleger auf den sicheren Franken: Dieser stieg markant an und erholte sich in letzten Wochen nur wenig vom Höhenflug. Der Franken notierte noch Ende November 3,5 Prozent höher als im Durchschnitt der ersten acht Monate des Jahres.

Weiterhin ist eine Flucht in den «sicheren Hafen» des Schweizer Frankens bemerkbar. Die Folge – der starke Franken – macht der Export-Industrie zu schaffen. Nationalbank-Präsident Roth allerdings ist optimistisch, dass sich diese Situation bald schon normalisieren wird, denn es gebe keinen Grund, andere wichtige Währungen in Frage zu stellen. Dies würden die Märkte mit der Zeit verstehen, und «dies sollte das Risiko von starken Aufwertungen vermindern».

Als erste Hinweise für eine wieder gewonnene Zuversicht erwähnte Vizepräsident Gehrig zudem die Erholung der Aktien und auch die Obligationen-Renditen, die sich in den letzten Wochen wieder erhöht haben.

Langzeit-Analyse: Franken verliert an Bedeutung

Vor neun Jahren war der Schweizer Franken noch bei gut acht Prozent aller globalen Devisen-Transaktionen beteiligt. Vor drei Jahren lag dieser Wert noch bei sieben Prozent, heute seien es sechs Prozent, sagte Bruno Gehrig. Die Nationalbank interpretiert diesen Bedeutungs-Rückgang damit, dass sich die institutionellen Voraussetzungen für den Handel in zusätzlichen Währungen verbessert haben.

Die historische Sonderrolle des Frankens wird voraussichtlich auch in Zukunft weiter abnehmen. Eine Tatsache, über welche die Nationalbank nicht unglücklich ist.

Eva Herrmann und Agenturen

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