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Frontalkollision zweier Züge

Die Unfallstelle bei Gsteigwiler in der Nähe von Interlaken. Rega

Beim Zusammenstoss zweier Züge der Berner Oberland-Bahnen (BOB) sind bei Interlaken 64 Personen verletzt worden, eine von ihnen schwer.

Der Lokführer des talwärtsfahrenden Zugs hatte ein Rotlicht übersehen.

Der Lokführer habe realisiert, dass er ein Rotlicht überfahren hatte, als sein Zug die nicht für ihn gestellte Weiche aufschlitzte, sagte Walter Steuri, Direktor der Jungfraubahnen AG, zu der auch die BOB gehören.

Via Funk wurden beide Lokführer alarmiert. Der Richtung Interlaken talwärts fahrende Zug konnte auf der eingleisigen Strecke anhalten, der bergwärtsfahrende Extrazug nicht mehr.

Zur Kollision kam es kurz vor zehn Uhr am Morgen rund 500 Meter nach dem Rotlicht. Mehrere Wagen entgleisten, kippten aber nicht um.

In beiden Zügen befanden sich insgesamt 280 Passagiere. 64 wurden verletzt. Einer von ihnen erlitt schwere Verletzungen. Er wurde ins Berner Inselspital geflogen. 26 Personen wurden mittelschwer, 37 leicht verletzt.

Man habe vorsorglich die Spitäler der Region auf einen möglichen Grosseinsatz vorbereitet, sagte ein Sanitäts-Verantwortlicher. Dieser sei zum Glück aber nicht Tatsache geworden.

Vorwiegend Touristen im Zug

Die beiden Lokführer blieben unverletzt. Der Lokführer des stehenden Zuges konnte sich mit einem Sprung ins Freie retten. Der andere befand sich zur Zeit des Aufpralls im Führerstand.

Laut Steuri waren beide Lokführer berufserfahren. Zeit, die Passagiere zu warnen hatten sie nicht.

Die Züge verkehren auf der Strecke mit einer Geschwindigkeit von rund 50 Kilometern pro Stunde. Wie gross die Aufprallgeschwindigkeit war, wird erst die Untersuchung zeigen.

Die Betroffenen stammten aus zahlreichen Nationen, wie dies auf dieser touristisch wichtigen Strecke üblich sei, sagte Walter Dietrich, Regierungsstatthalter von Interlaken.

Zu den hauptsächlichen Verletzungen gehörten Nacken- oder Wirbelsäulentraumata sagte ein Sprecher der Sanität.

Zugsicherung in einem halben Jahr

Extrazüge würden in der touristischen Hauptsaison regelmässig eingesetzt, erklärte Steuri. Die Strecke sei mit Lichtsignalanlagen gesichert.

Ironie des Schicksals: die Jungfraubahnen sind seit anderthalb Jahren daran, ihre Strecken mit einem Zugsicherungssystem auszurüsten.

In einem halben Jahr hätte das System auch auf der nun betroffenen Strecke in Betrieb genommen werden sollen. Mit einem Zugsicherungssystem wäre es kaum zu einem solchen Unfall gekommen, sagte Steuri.

Ob die Hitze eine Rolle spielte, könne noch nicht gesagt werden, führte Steuri aus. Die Führerstände der BOB-Loks seien jedoch nicht klimatisiert.

Die Strecke sei aus finanziellen Gründen bisher nicht durchgehend doppelspurig ausgebaut, sagte Steuri. Eine durchgehend zweigleisige Strecke sei ein Wunschtraum, den man bisher nicht habe realisieren können.

Hotline

Die Verletzten wurden mit insgesamt vier Helikoptern sowie mit neun Ambulanzen in Spitalpflege gebracht.

Insgesamt standen gegen 90 Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizisten im Einsatz. Die Betroffenen werden psychologisch betreut. Für Angehörige haben die BOB unter der Nummer 033 828 72 71 eine Hotline eingerichtet.

Die Bahnstrecke Wilderswil-Zweilütschinen bleibt laut Angaben der BOB noch bis mindestens Freitag unterbrochen. Es wurde ein Busersatzdienst eingerichtet.

Schaden in Millionenhöhe

Der Sachschaden dürfte nach Angaben der Bahnverantwortlichen in Millionenhöhe liegen. Die beiden Triebwagen wurden stark beschädigt. Zwei weitere Wagen wurden ebenfalls stark und zwei leicht beschädigt.

Laut Steuri ist dies seit 30 Jahren der grösste Unfall bei den BOB. In der Hochsaison befördert das Transportunternehmen täglich 4000 bis 6000 Passagiere.
Die Strecke soll ab Freitag Morgen wieder offen sein.

swissinfo und Agenturen

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